Entscheid Kantonsgericht St. Gallen 17. Juli 2007, ZZ.2006.36

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Nicht amtliche Leitsätze: Anforderungen an urheberrechtliche Schutzwürdigkeit eines Computerprogramms (Excel-Makro)(E. IV.3.cc)aaa). Voraussetzungen für das Eintreten der Rechtsfolgen von Art. 17 URG (E. IV.3.cc)bbb). Beweislast bei Berufung auf Erschöpfungsprinzip (E. IV.3.cc)ccc). Computerprogramm als marktreifes Arbeitserzeugnis gemäss Art. 5 lit. c UWG (E. IV.3.dd).

Erwägungen

I.
1. Die Gesuchstellerin ist im Bereich der Messtechnik tätig. Sie führt Mess- und Servicearbeiten an Anlagen durch und handelt mit Komponenten, für welche sie auch Beratung anbietet. Am 1. Juni 1990 nahm B, heute Inhaber der Gesuchsgegnerin, seine Arbeit bei der Gesuchstellerin auf. Am 26. Mai 2003 kündigte B seinen Arbeitsvertrag auf den 31. August 2003. Am 31. Mai 2003 wurde er von der Gesuchstellerin, die ihm vorwirft, Geschäfte auf eigene Rechnung ausgeübt, Kunden auf eigenen Namen akquiriert sowie Mitarbeiter abgeworben zu haben, fristlos entlassen. Am 5. Juni 2003 gründete B zusammen mit C die Gesuchsgegnerin, die im gleichen Bereich wie die Gesuchstellerin tätig ist.
2. Am 14. März 2006 reichte die Gesuchstellerin beim Kantonsgericht Klage gegen die Gesuchsgegnerin ein, in deren Rahmen sie auch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen ersuchte. […] Mit Gesuchsantwort vom 3. Mai 2006 beantragte die Gesuchsgegnerin Nichteintreten auf das Gesuch bzw. dessen Abweisung.
[…]

III.
1. Die Gesuchstellerin macht geltend, die Gesuchsgegnerin handle unlauter und verletze Urheberrechte, indem sie von ihr entwickelte Programme, Offerten, Daten und Pläne verwende sowie Formulare übernommen habe.
Im Wesentlichen wirft Sie der Gesuchsgegnerin folgendes vor:
– Die Gesuchsgegnerin verwende das Messprogramm X, welches die Gesuchstellerin mit erheblichem (personellem und finanziellem) Aufwand für die eigene Abteilung Messtechnik entwickelt habe.
– Die Gesuchsgegnerin verwende Offerten, Daten und Pläne der Gesuchstellerin, welche B der Gesuchstellerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückgegeben habe.
– Die Gesuchsgegnerin verwende verschiedene fertig entwickelte Rohdatenformulare, welche sie von der Gesuchstellerin übernommen habe.
– Teilweise seien „Daten und ganze Kundendossiers in grossem Umfang entwendet“ worden.
Das Gesuch zielt auf Unterlassung der beanstandeten Handlungen durch die Gesuchsgegnerin.
[…]

IV.
1. Gemäss Art. 14 UWG und 65 URG in Verbindung mit Art. 28c bis 28f ZGB können vorsorgliche Massnahmen angeordnet werden, wenn der Gesuchsteller glaubhaft macht, dass er in seinen Rechten verletzt wird oder eine solche Verletzung befürchten muss und dass ihm aus der Verletzung ein nicht leicht wieder gut zu machender Nachteil droht.
[…]
3. Zu prüfen bleibt folglich, ob die Gesuchstellerin die von ihr behaupteten Rechtsverletzungen der Gesuchsgegnerin glaubhaft machen kann.
a) Zum Vorwurf der Verwendung des Messprogramms X und des Messgeräts Y durch die Gesuchsgegnerin:
aa) Die Gesuchstellerin macht geltend, dass die Gesuchsgegnerin die von ihr mit erheblichem (personellem und finanziellem) Aufwand entwickelten Excelmakros sowie das Messgerät Y verwende (dazu schon oben, Erw. III.1), was der Vergleich der Requalifizierungsprotokolle, welche in dieser Form lediglich mit dem Programm X bzw. den diesbezüglichen Excel Makros erstellt werden könnten, ergebe. Damit sei erstellt, dass die Gesuchsgegnerin bzw. B und die bei der Gesuchsgegnerin heute angestellten Messtechniker das Messprogramm X, welches sonst nirgends erhältlich sei, kopiert, verwendet und dieses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückgegeben hätten.
bb) Der Urheber hat das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk verwendet wird (vgl. Art. 10 Abs. 1 URG). Als Werk gelten auch Computerprogramme (vgl. Art. 2 Abs. 3 URG). Wird in einem Arbeitsverhältnis bei Ausübung dienstlicher Tätigkeiten sowie in Erfüllung vertraglicher Pflichten ein Computerprogramm geschaffen, so ist der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin allein zur Ausübung der ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse berechtigt (vgl. Art. 17 URG). Dabei ist – im Unterschied zum übrigen Urheberrecht (vgl. Art. 6 URG) – unerheblich, ob der Arbeitgeber eine natürliche oder juristische Person ist (vgl. NEFF/ARN, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. II/2: Urheberrecht im EDV-Bereich, Basel/Genf/München 1998, 195). Wird ein Computerprogramm veräussert oder wird der Veräusserung zugestimmt, so darf dieses gebraucht oder weiterveräussert werden (vgl. Art. 12 Abs. 2 URG). Der nach Art. 12 Abs. 2 URG zulässige Gebrauch wird in Art. 17 URV näher spezifiziert. Die bestimmungsgemässe Verwendung des Programms wird dabei nur dem rechtmässigen Erwerber zugestanden (vgl. Art. 17 Abs. 1 lit. a URV).
Unlauter handelt insbesondere, wer das marktreife Arbeitszeugnis eines anderen ohne angemessenen eigenen Aufwand durch technische Reproduktionsverfahren als solches übernimmt oder verwertet (vgl. Art. 5 lit. b UWG).
cc) Vorliegend hat als unbestritten zu gelten, dass die Gesuchsgegnerin sowohl das Messgerät Y als auch das Programm X verwendet. Unklar ist indessen, wie die Gesuchsgegnerin in deren Besitz gelangt ist. Die Gesuchsgegnerin bestreitet den von der Gesuchstellerin erhobenen Vorwurf, sie habe das Programm, welches sonst nirgends erhältlich sei, unrechtmässig kopiert. Aus den von der Gesuchstellerin offerierten Beweismitteln gehe selbst hervor, dass diese als offizielle Y-Vertreterin zusammen mit dem Messgerät auch das Notebook und das Excel-Makro vertreibe. Die Gesuchsgegnerin habe „diese Programme teilweise mit EDV-Zubehör“ gekauft, womit die Urheberrechte erschöpft seien. In ihrem Parteivortrag an Schranken bestritt sie sodann – trotz anders lautender Beteuerungen – erstmalig, dass dem fraglichen Programm Urheberrechtsschutz zukomme und beantragte, dies sei mittels Expertise zu klären. Weiter zog sie in Zweifel, ob als Urheber wirklich die Gesuchstellerin zu betrachten sei.
aaa) In der Lehre wird allgemein betont, dass an die Schutzwürdigkeit von Computerprogrammen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürften (vgl. BARRELET/EGLOFF, Das neue Urheberrecht, 2. Aufl., Bern 2000, N 24 zu Art. 2 URG; NEFF/ARN, a.a.O., 131; THOMANN, Softwareschutz durch das Urheberrecht, in: ders./Rauber [Hrsg.], Softwareschutz, Bern 1998, 13 [zit.: THOMANN, Softwareschutz]; REHBINDER, Schweizerisches Urheberrecht, 3. Aufl., Bern 2000, 102; SOMMER/GORDON, Individualität im Urheberrecht – einheitlicher Begriff oder Rechtsunsicherheit sic! 2001, 287 ff., 299; vgl. auch Botschaft vom 19. Juni 1989, BBl 1989 III S. 477-718 [nachfolgend: Botschaft], 523). Die Schutzwürdigkeit wird bejaht, wenn die konkrete Formulierung der Befehlsfolge sowie der Programmaufbau insgesamt weder aus vorbestehenden Programmen übernommen, noch so nahe liegend sind, dass jeder Programmierer bei gegebener Problemstellung dasselbe Programm entwickeln würde (THOMANN, Grundriss des Softwareschutzes, Zürich 1992, 30). Als nicht schutzwürdig wird ein ‚triviales‘ oder ‚banales‘ Computerprogramm erachtet, welches vorliegt, wenn es vollständig auf rein alltäglicher standardisierter Programmierarbeit beruht und ein individueller Gestaltungsspielraum nicht ausgenützt wird oder aber überhaupt kein Spielraum für eine individuelle Tätigkeit vorhanden ist (NEFF/ARN, a.a.O., 132; vgl. auch BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N 25; WIDMER, Der urheberrechtliche Schutz von Computerprogrammen, ZSR 1993, Bd. 1,247 ff., 253; Botschaft, 523). Der geforderte Spielraum lässt sich dabei etwa anhand folgender Fragen ermitteln: Ergeben sich Programmablauf und Befehlsstruktur zwingend aus der Aufgabenstellung? Konnte der Urheber bei der Gestaltung des Programms frei zwischen verschiedenen Formeln und Abläufen wählen und die Programmvariabeln selbst festlegen? Beschränkt sich das Programm nicht auf eine blosse Fortführung und Entwicklung von Bekanntem (vgl. THOMANN, Softwareschutz, 13)?
Grundsätzlich gilt jedoch, dass der Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen die Regel, Schutzunfähigkeit demgegenüber die Ausnahme ist (NEFF/ARN, a.a.O., 132). Der Urheberrechtsschutz wird sodann auch für sog. „Tools“, die auch Makroaufrufe einschliessen, befürwortet (NEFF/ARN, a.a.O., 157 f.).
[…]
Dem Kurzgutachten kann entnommen werden, dass es sich beim Programm X um ein „umfangreiches Programm“ handelt, welches aus mehreren Modulen besteht und eine ansehnliche Grösse (in Bezug auf die Anzahl Codezeilen) erreicht. Nach dem Experten ergibt sich daraus, dass das Programm über längere Zeit entwickelt und weiterentwickelt worden ist. Das Programm sei nicht mit einer „Quick and Dirty“-Methode, d.h. im Hinblick auf einen einmaligen Einsatz, sondern unter Berücksichtigung von Weiterentwicklungsmöglichkeiten erstellt worden.
Der Gutachter führt weiter aus, dass es dem Programmierer ausgehend von den „Bibliotheksfunktionen“, welche das Excel zur Verfügung stelle, frei stehe, Abläufe, Berechnungen, Benennungen und Modularisierung in verschiedene Unterprogramme/Makros vorzunehmen. Dies sei beim Messprogramm X auch genutzt worden. Zwar ergebe sich der prinzipielle Makroablauf aus den zu erfüllenden Aufgaben (Pflichtenheft). Die Programmstruktur werde aber aufgrund des Erfahrungsschatzes des Programmierers und der Qualitätsbedürfnisse bezüglich Wartung und Weiterentwicklung der entwickelnden Firma variieren.
Gestützt auf diese Ausführungen des Experten und auf die Meinungen in der Literatur, wonach die Anforderungen an die Schutzwürdigkeit von Computerprogrammen nicht überspannt werden dürften (vgl. oben in diesem Absatz), kann davon ausgegangen werden, dass bei der Programmierung der Excelmakros des Messprogramms X individuelle Gestaltungsspielräume gegeben waren, welche vorliegend auch genutzt worden sind (vgl. auch Stellungnahme der Gesuchstellerin zum Beweisergebnis). Dies gilt, auch wenn es sich beim vorliegenden Applikationstyp – entsprechend den Feststellungen des Gutachters – prinzipiell um eine „Standardanwendung“ handelt, da es auf den Wert und Zweck des Werks gerade nicht ankommt (vgl. Art. 2 Abs. 1 URG; vgl. auch NEFF/ARN, a.a.O., 132; WIDMER, a.a.O., 253).
Dass die Programmierumgebung auf Excel beruht, vermag – entgegen den Ausführungen der Gesuchsgegnerin in ihrer Stellungnahme zum Beweisergebnis – daran nichts zu ändern. Der Experte stellte fest, dass der Einfluss von Excel im Hinblick auf die Programmstruktur „gering“ sei: wie ein Klavier eine Klaviatur anbiete, so müsse doch der Komponist dem Klavier eine Melodie entlocken. Weiter hielt er fest, dass bei der Anwendung Dinge hätten programmiert werden müssen, die weit über die Makroaufzeichnungsmöglichkeit von Excel hinausgehen würden. Als Beispiel erwähnte er die Kommunikation mit den Messgeräten.
Als nicht zutreffend erweisen sich sodann die Ausführungen der Gesuchsgegnerin, dass der Programmierer offenbar Beispielcode verwendet habe, womit es an der geistigen Schöpfung fehle: Der Experte hielt zwar fest, dass davon ausgegangen werden könne, dass mit Excel mitgelieferter Beispielcode adaptiert wurde, was auch heute noch gängige Praxis sei. Als entscheidend erweist sich jedoch, dass gemäss Feststellung des Experten kein allgemein zugänglicher Code „1:1“ in das Messprogramm übernommen worden ist (vgl. […]; vgl. auch NEFF/ARN, a.a.O., 158, wonach der blosse Gebrauch von „Tools“ als Werkzeuge im Sinne reiner Programmierhilfen nichts an der Individualität des damit erstellten Programms ändere).
Nicht mit dem Gutachten vereinbaren lässt sich schliesslich auch die Einschätzung der Gesuchsgegnerin, wonach in hohem Masse die Wahrscheinlichkeit einer Parallelschöpfung vorliege, weil bei der Einfachheit der Aufgabe und dem vorliegenden Grad an Standardisierung aus der hypothetischen natürlichen Optik eines Normalbetrachters im fraglichen Zeitraum ein anderer mit denselben Vorkenntnissen dasselbe Ergebnis erzeugt hätte: Der Gutachter beurteilte die Wahrscheinlichkeit, dass jeder Programmierer bei gegebener Problemstellung dasselbe Makro entwickeln würde, vielmehr gerade als „verschwindend klein“.
Insgesamt kann auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens folglich davon ausgegangen werden, dass die Gesuchstellerin für die Excelmakros des Messprogramms X Urheberrechtsschutz beanspruchen kann.
bbb) Die Gesuchsgegnerin berief sich in ihrem Parteivortrag auf die Aussage der Gesuchstellerin, wonach das Programm X von einem inzwischen verstorbenen Mitarbeiter erstellt worden sei. Weil nicht bekannt sei, dass die Gesuchstellerin den Mitarbeiter als Erfinder angestellt habe, sei von einer Gelegenheitserfindung auszugehen, bei welcher die Rechte grundsätzlich dem verstorbenen Mitarbeiter bzw. dessen Erben verblieben. Die Gesuchstellerin verzichtete auf einen zweiten Vortrag, womit es bei ihren Ausführungen im Gesuch blieb.
Entgegen der Darstellung der Gesuchsgegnerin ist nicht erforderlich, dass der betreffende Mitarbeiter als eigentlicher Erfinder von der Gesuchstellerin angestellt wurde. Die Lehre lässt die Rechtsfolgen von Art. 17 URG (dazu oben: Erw. IV.3a.bb) bereits eintreten, wenn die Schaffung eines Computerprogramms im weitesten Sinne zur Arbeitspflicht eines Arbeitnehmers gehörte; dies gestützt auf die Tatsache, dass einem Arbeitnehmer jederzeit weitere Funktionen zugeordnet werden können, ohne dass es diesbezüglich jeweils einer Neufassung des Arbeitsvertrages bedürfte (vgl. NEFF/ARN, a.a.O., 280 f.). Insoweit ist jedenfalls als glaubhaft zu betrachten, dass die Gesuchstellerin Urheberin im Sinne von Art. 17 URG am fraglichen Computerprogramm (geworden) ist.
ccc) Die Gesuchsgegnerin beruft sich weiter auf den Erschöpfungsgrundsatz. Etwaige von der Gesuchsgegnerin behauptete Urheberrechte am Programm X seien erschöpft, weil die Gesuchsgegnerin „diese Programme teilweise mit EDV-Zubehör“ gekauft.
Die Gesuchstellerin hat, weil eine andauernde Verletzung durch die Gesuchs-gegnerin behauptet wird, diese – und demnach weder eine Erstbegehungs- noch eine Wiederholungsgefahr (vgl. BAUDENBACHER/GLÖCKNER, a.a.O., N 39 zu Art. 9 UWG) – geltend zu machen. Dabei reicht vorliegend aus, dass sie die Verwendung des Messgeräts bzw. des Programms X durch die Gesuchsgegnerin, welche als zugestanden gelten muss (vgl. Erw. IV.3a.cc), glaubhaft macht. Dass die Gesuchstellerin darüber hinaus darzulegen hätte, dass die Gesuchsgegnerin das Programm unbefugt verwendet, weil sie es nicht käuflich von ihr erworben hat, kann nicht verlangt werden. Vielmehr müsste die Gesuchsgegnerin einen solchen, die Erschöpfung der fraglichen Rechte bewirkenden Kauf selbst geltend machen, was sie zwar versuchte, aber letztlich nicht glaubhaft zu machen vermag: Die Gesuchsgegnerin gab zwar an Schranken auf entsprechende Nachfrage des Präsidenten an, dass sie das Programm von der Firma S, gekauft habe, womit sie ihre in der Gesuchsantwort noch mangelhaft substantiierten Behauptungen teilweise zu präzisieren vermochte. Dennoch ist festzuhalten, dass es der Gesuchsgegnerin zuzumuten wäre, den von ihr behaupteten Kauf des fraglichen Programms durch dem Zweck des Summarverfahrens eher entsprechende (rascher abnehmbarere) Beweismittel (durch Urkunde bzw. Quittung) glaubhaft zu machen, worauf auch die Gesuchstellerin hinweist. Beim Editionsantrag bezüglich sämtlicher Verträge über den Verkauf von Y Messgeräten mit X Software der Gesuchsgegnerin handelt es sich sodann um einen – prozessual unzulässigen – Ausforschungsbeweis (vgl. hierzu auch LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, a.a.O., N 7a zu Art. 161 ZPO, m.w.H.).
Auf Grundlage der „Bedienungsanleitung X“ sowie der an Schranken von der Gesuchstellerin eingelegten Auftragsbestätigung, auf welche sich auch die Gesuchsgegnerin bezog (dazu oben: Erw. II.3), erscheint somit insgesamt zwar als glaubhaft, dass die Gesuchstellerin das Programm X verkauft. Der Gesuchsgegnerin gelang es demgegenüber nicht, auch glaubhaft zu machen, dass sie das Programm z.B. von Firma S käuflich erwarb bzw. sonst rechtmässig nutzte, was indessen nötig wäre, damit sie sich auf den Erschöpfungsgrundsatz nach Art. 12 URG berufen kann: Während das Programmexemplar von jedem beliebigen Dritten verbreitet werden darf, ist der bestimmungsgemässe Gebrauch ausschliesslich dem rechtmässigen Erwerber vorbehalten (vgl. Art. 17 Abs. 1 lit. a URV; vgl. auch NEFF/ARN, a.a.O., 253, sowie SEMADENI, Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht, Bern 2004, 65 ff.). Damit sind die Urheberrechte vorliegend nicht erschöpft und eine Urheberrechtsverletzung ist glaubhaft gemacht.
dd) Nach Art. 5 lit. c UWG muss es sich beim Messprogramm X um ein marktreifes Arbeitserzeugnis handeln, das – ohne angemessenen eigenen Aufwand – durch ein technisches Reproduktionsverfahren übernommen oder verwertet wird, wobei als Verwertung bereits ausreicht, wenn das fremde Arbeitsergebnis als Grundlage einer eigenen Leistung wirtschaftlich genutzt wird (vgl. BAUDENBACHER/GLÖCKNER, a.a.O., N 67 zu Art. 5 UWG; GUYET, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. V/1: Lauterkeitsrecht, 2. Aufl., Basel/Genf/München 1998, 213; RAUBER, Lauterkeitsrechtlicher Softwareschutz, in: Thomann/ders. [Hrsg.], Softwareschutz, Bern 1998, 60 ff., 81). Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend ausreichend glaubhaft gemacht (vgl. Gesuch, 31 Ziff. III.2.2).
ee) Erscheint – entsprechend dem oben Ausgeführten – demnach als glaubhaft, dass die Gesuchsgegnerin das Messprogramm X unbefugt verwendet und dass der Gesuchstellerin daraus ein nicht leicht wieder gut zu machender Nachteil droht, ist ihr dies auf der Grundlage von Art. 14 UWG und 65 URG in Verbindung mit Art. 28a bis 28d ZGB vorsorglich zu untersagen. Dabei besteht, unabhängig davon, ob sich dies als notwendig erweist, der wettbewerbsrechtliche Schutz grundsätzlich neben dem immaterialgüterrechtlichen (vgl. BAUDENBACHER/GLÖCKNER, a.a.O., N 77 f. zu Art. 5 UWG; GUYET, a.a.O., 216; RAUBER, a.a.O., 84; vgl. ER KGer ZG vom 30. August 1988 in SMI 1989 58 ff.).

Quelle: https://www.gerichte.sg.ch

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