Stellungnahme der Wettbewerbskommission vom 10. März 2016 / Vorläufige Prüfung Weko: Denali Holding Inc./EMC Corporation

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Nicht amtliche Leitsätze: Vorläufige Prüfung Fusionsvorhaben. Sachlich und räumliche relevante Märkte für Backup-Software, Identitäts- und Zugriffsmanagement-Software (IAM-Software) und Virtualisierungssoftware.

A Sachverhalt
1. Am 9. Februar 2016 hat die Wettbewerbskommission (nachfolgend: WEKO) die Meldung über ein Zusammenschlussvorhaben erhalten. Danach beabsichtigt die Denali Holding Inc. (nachfolgend: Denali), Muttergesellschaft der Dell Inc. (nachfolgend: Dell), die alleinige Kontrolle über die EMC Corporation (nachfolgend: EMC) zu erwerben.
[…]

B Erwägungen
[…]

B.3 Beurteilung des Zusammenschlussvorhabens im Rahmen der vorläufigen Prüfung
B.3.1 Relevante Märkte
B.3.1.1 Sachlich relevante Märkte
[…]

Backup-Software
16. Gemäss den Parteien ist Backup-Software eine Art Speicher-Software (Storage-Software), die dazu dient, zusätzliche Datenkopien auf getrennten Speichergeräten herzustellen, um die Datensicherheit und Datenintegrität zu sichern.
17. In ihrem Entscheid Symantec/Veritas grenzte die EU-Kommission einen sachlich relevanten Markt für Backup- und Archiv-Software ab.[FN 13: Vgl. Case No COMP/M.3697 (2005), Rz 16, Symantec/Veritas.] Ein solcher Markt wurde damals auch von der IDC ausgewiesen. Zudem stellte die EU-Kommission fest, dass es nicht notwendig ist, diesen Markt weiter nach dem Betriebssystem, auf welchem die Software laufen kann, zu unterteilen. In der Vorabklärung Wartung von FalconStor Software befasste sich das Sekretariat der WEKO mit Wartungs- und Supportleistungen im Bereich der Speicher-Virtualisierung und Datensicherung.[FN 14: Vgl. RPW 2015/1, 76 ff., Wartung von FalconStor Software.] Die WEKO hat bis anhin keine Marktabgrenzung bezüglich Backup-Software vorgenommen.
18. Gemäss den Parteien ist der sachlich relevante Markt nicht enger als der Markt für Backup-Software. Sie weisen darauf hin, dass die IDC aktuell Backup-Software als Data Protection and Recovery-Software klassifiziert, Archiv-Software dagegen der Archiving-Software zuordnet.
19. Für vorliegendes Zusammenschlussvorhaben wird von einem sachlich relevanten Markt für Backup-Software ausgegangen. Schliesslich kann die genaue Marktabgrenzung aber offen gelassen werden, da das Ergebnis der Analyse bei jeder denkbaren sachlichen Marktabgrenzung bezüglich Backup-Software und Archiv-Software dasselbe bleibt.

Identitäts- und Zugriffsmanagement-Software (IAM-Software)
20. Die Identitäts- und Zugriffsmanagement-Software (IAM-Software) beinhaltet gemäss dem Entscheid Dell/Quest der irischen Wettbewerbsbehörde ein umfassendes Angebot an Lösungen, um Benutzer eines Systems zu identifizieren und deren Zugang zu Ressourcen innerhalb dieses Systems zu kontrollieren, indem Benutzerrechte und -beschränkungen mit der erstellten Identität verknüpft werden.[FN 15: Vgl. Entscheid der irischen Wettbewerbsbehörde M|12|013 vom 17.8.2012, Annex I, Dell/Quest]
21. In ihrem Entscheid Intel/McAfee zog die EU-Kommission einen eigenen sachlich relevanten Markt für Endpoint-Security in Betracht, welcher weiter nach Art der Endkonsumenten unterteilt werden könnte, und zwar in einen Markt für Endpoint-Security für Konsumenten und einen Markt für Endpoint-Security für Unternehmen.[FN 16: Vgl. Case No COMP/M.5984 (2011), Rz 50 f., Intel/McAfee. Gemäss jenem Entscheid (vgl. dortige Fn 9) bezieht sich Endpoint auf ein breites Spektrum an Geräten, insbesondere Desktops, Notebooks und Handheld-Geräte. Endpoint-Security umfasst Produkte, welche dazu bestimmt sind, Endpoints vor Angriffen zu schützen oder welche direkt Informationen auf Endpoints schützen (vgl. dortige Rz 40). Gemäss der Einteilung bei der IDC ist Endpoint-Security zu unterscheiden von Network-Security, Messaging-Security und Web-Security (vgl. dortige Rz 39).] Die exakte Marktabgrenzung bezüglich Endpoint-Security liess die EU-Kommission schliesslich aber offen. In ihrem Entscheid Dell/Quest betrachtete die irische Wettbewerbsbehörde u.a. die Marktanteile der Zusammenschlussparteien in der Software-Kategorie IAM, legte schliesslich aber keine endgültigen Marktabgrenzungen fest.[FN 17: Vgl. Case No COMP/M.5984 (2011), Rz 50 f., Intel/McAfee. Gemäss jenem Entscheid (vgl. dortige Fn 9) bezieht sich Endpoint auf ein breites Spektrum an Geräten, insbesondere Desktops, Notebooks und Handheld-Geräte. Endpoint-Security umfasst Produkte, welche dazu bestimmt sind, Endpoints vor Angriffen zu schützen oder welche direkt Informationen auf Endpoints schützen (vgl. dortige Rz 40). Gemäss der Einteilung bei der IDC ist Endpoint-Security zu unterscheiden von Network-Security, Messaging-Security und Web-Security (vgl. dortige Rz 39).]
22. Nachfolgend wird von einem sachlich relevanten Markt für IAM-Software ausgegangen. Die genaue sachliche Marktabgrenzung bezüglich IAM-Software kann aber offen gelassen werden, weil das Ergebnis der nachfolgenden Analyse bei jeder denkbaren diesbezüglichen sachlichen Marktabgrenzung dasselbe bleibt.

Virtualisierungssoftware
23. In der Informatik bezieht sich Virtualisierung auf die Aufteilung von Computerressourcen, wie Hardware, Betriebssystemen, Speichergeräten oder Netzwerkressourcen in virtuelle Einheiten. Diese Einheiten sind, obwohl an die referenzierte Hardware gekoppelt, eigenständige und in sich geschlossene Ressourceeinheiten. Virtualisierung ist somit eine Abstraktionsschicht zwischen der Hardware und den Software-Komponenten wie Betriebssystem und Anwendungen.
24. In seiner Vorabklärung Wartung von FalconStor Software befasste sich das Sekretariat der WEKO mit dem Markt der Virtual-Tape-Library-Lösungen (vgl. Rz 17). Virtual-Type-Libraries gehören zur Speicher-Virtualisierungssoftware.[FN 18: Vgl. <https://en.wikipedia.org/wiki/Virtual_tape_library> (3.3.2016).] Die WEKO hat bis anhin keine Marktabgrenzung im Bereich Virtualisierungssoftware vorgenommen.
25. In mehreren Entscheiden befasste sich die EU-Kommission mit Middleware.[FN 19: Case No COMP/M.5529 (2010), Rz 760 ff., Oracle/Sun Microsystems; Case No COMP/M.5080 (2008), Rz 7 ff. Oracle/BEA.] Middleware bezeichnet eine breite Kategorie von Software-Produkten, welche Infrastruktur für Anwendungen liefert, damit diese auf einem Server laufen können, damit auf diese von einer Vielzahl an Kunden über ein Netzwerk zugegriffen werden kann und damit diese eine Vielzahl von Informationsquellen verbinden können.[FN 20: Case No COMP/M.5529 (2010), Rz 760, Oracle/Sun Microsystems, mit Verweis auf Case No M.5080 (2008), Oracle/BEA.] Eine Unterkategorie von Middleware ist gemäss der EU-Kommission die Virtualisierungssoftware.[FN 21: Case No COMP/M.5529 (2010), Rz 761, Oracle/Sun Microsystems.] Die genaue Marktabgrenzung bezüglich Middleware liess die EU-Kommission schliesslich aber offen.[FN 22: Case No COMP/M.5529 (2010), Rz 765, Oracle/Sun Microsystems; Case No COMP/M.5080 (2008), Rz 12, Oracle/BEA.]
26. Nachfolgend wird von einem sachlich relevanten Markt für Virtualisierungssoftware ausgegangen. Es ist aber denkbar, den sachlichen Markt bezüglich Virtualisierungssoftware sowohl weiter als auch enger abzugrenzen, z.B. auch zwischen Server- und Speicher-Virtualisierungssoftware zu unterscheiden. Schliesslich kann die diesbezügliche sachliche Marktabgrenzung aber offen bleiben, da das Ergebnis der Analyse des vorliegenden Zusammenschlussvorhabens bei jeder denkbaren Marktabgrenzung dasselbe bleibt.
[…].

B.3.1.2 Räumlich relevante Märkte
[…]

Backup-Software
36. In ihrem Entscheid Symantec/Veritas liess die EU-Kommission die räumliche Abgrenzung des Marktes für Backup- und Archiv-Software offen (vgl. Rz 21).[FN 28: Vgl. Case No COMP/M.3697 (2005), Rz 21, Symantec/Veritas.] Im selben Entscheid verwies sie darauf, dass sie die räumliche Abgrenzung von Software-Märkten auch in früheren Entscheiden offen gelassen hatte.[FN 29: Vgl. Case No COMP/M.3697 (2005), Rz 18 und Fn 4, Syman-tec/Veritas, mit Verweisen auf Case No IV/M.336 (1993), IBM France/CGI; Case No IV/M.1580 (1999), CAI/Platinum.] Weiter beschrieb die EU-Kommission, dass man im Kontext dieser Untersuchungen herausgefunden hatte, dass Verkäufer ihre Software-Produkte typischerweise global in einer Standardfunktionsversion anbieten, ausgenommen bezüglich der Sprache. Sie schrieb auch, dass gewisse Software-Anwendungen den Kunden immer noch auf einer nationalen Basis angeboten werden.[FN 30: Vgl. Case No COMP/M.3697 (2005), Rz 18 und Fn 5, Symantec/Veritas mit Verweisen auf Case No IV/M.1580 (1999), CAI/Platinum, Rz 14; IV/M.668 (1995), Philips/Origin, und Case No IV/M.798 (1996), General Electric/CompuNet.]
37. Gemäss den Parteien ist der Markt für Backup-Software räumlich weltweit abzugrenzen. Dabei verweisen sie auf den Entscheid Intel/McAfee aus dem Jahr 2011, in welchem die EU-Kommission erwog, die End-point-Security-Märkte räumlich weltweit oder zumindest EWR-weit abzugrenzen.[FN 31: Vgl. Case No COMP/M.5984 (2011), Rz 55, Intel/McAfee.] Gemäss Ansicht der Parteien weist Backup-Software keinerlei Besonderheiten auf, die für eine andere räumliche Abgrenzung des Produktemarktes sprechen würden.
38. Nachfolgend wird die räumliche Marktabgrenzung bezüglich Backup-Software offen gelassen, da das Ergebnis der nachfolgenden Analyse bei jeder denkbaren räumlichen Marktabgrenzung dasselbe bleibt.

Identitäts- und Zugriffsmanagement-Software (IAM-Software)
39. In ihrem Entscheid Intel/McAfee erwog die EU-Kommission, dass Endpoint-Security-Märkte (vgl. Rz 21) weltweit oder zumindest EWR-weit abzugrenzen sind (vgl. Rz 37).
40. Gemäss den Parteien ist für IAM-Lösungen von einem weltweiten Markt auszugehen. Als Gründe nennen sie das gleiche Produktangebot der Anbieter gegenüber all ihren Kunden, dass fast alle Hauptanbieter von IAM in sämtlichen Teilen der Welt vertreten sind, geringe oder inexistente Transportkosten, dass technische Anforderungen und Sprachunterschiede keinerlei Auswirkung auf den grenzüberschreitenden Handel haben und die über die geographischen Regionen hinweg weitgehend ähnlichen Preise. Dennoch sind sie auch der Meinung, dass die Frage der geographischen Marktabgrenzung offen gelassen werden kann, da die geplante Transaktion weder auf globaler, EWR- noch schweizweiter Ebene zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken Anlass gibt.
41. Für vorliegendes Zusammenschlussvorhaben kann die genaue räumliche Marktabgrenzung bezüglich IAM-Software offen gelassen werden, da das Ergebnis der Analyse des vorliegenden Zusammenschlussvorhabens bei jeder denkbaren räumlichen Marktabgrenzung dasselbe bleibt.

Virtualisierungssoftware
42. Sowohl für die Beurteilung des Zusammenschlusses Oracle/Sun Microsystems als auch weiterer Zusammenschlüsse ging die EU-Kommission für Middleware und Sub-Segmente von Middleware – und somit auch für die Virtualisierungssoftware (vgl. Rz 25) – von einer weltweiten Marktabgrenzung aus.[FN 32: Vgl. Case No COMP/M.5529 (2010), Rz 769 Oracle/Sun Microsystems. Auch bei SAP/Sybase und Oracle/BEA beurteilte die EU-Kommission die Zusammenschlüsse unter der Annahme weltweiter Märkte bezüglich Middleware (vgl. Case No COMP/M.5904 (2010), Rz 43, SAP/Sybase; Case No COMP/M.5080 (2008), Rz 15, Oracle/BEA).] Gemäss den Parteien ist in Bezug auf VMwares Virtualisierungssoftware von einem weltweiten Markt auszugehen.
43. Vorliegend kann die genaue räumliche Abgrenzung bezüglich Virtualisierungssoftware offen gelassen werden, da das Ergebnis der nachfolgenden Analyse bei jeder denkbaren räumlichen Marktabgrenzung dasselbe bleibt.
[…].

Quelle: RPW 2016/3, S. 763 ff.
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