Handelsgericht des Kantons Zürich Urteil vom 19. Dezember 2016 / HG150050-O U/ei

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Nicht amtliche Leitsätze: Qualifikation Lieferung eines aus Hard- und Software bestehenden EDV-Systems (E. 1.2). Qualifikation eines Vertrags zur „Globalübertragung“ von Nutzungsrechten (E. 1.2). Software-Pflegevertrag als Dauerschuldverhältnis (E. 2.2.3). Voraussetzungen und Wirkungen einer ausserordentlichen Kündigung (E. 2.2.3 und 2.2.5).

Sachverhalt und Verfahrensgang:
A. Sachverhaltsübersicht
a. Parteien und Hintergrund
Der Kläger, ehemaliger Mitarbeiter der C._____ Bank mit Sitz in Liechtenstein, war involviert in die Entwicklung und Urheberschaft der Risikomanagement-Software D._____ („E._____“).
Bei der Beklagten handelt es sich um eine zur B._____-Gruppe gehörende Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich, welche im Wesentlichen die

betriebswirtschaftliche Unternehmensberatung sowie die Erbringung sonstiger Dienstleistungen […] bezweckt. Hervorgegangen ist die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der F._____ B._____ AG, welche ihrerseits aus F1._____ GmbH bzw. F._____ AG sowie der G._____ AG hervorgegangen ist.
[…]
b. Prozessgegenstand und wesentliche Prozessstandpunkte
Der Kläger schloss mit der F1._____ GmbH am 6. August 2009 bzw. am 16. Februar 2010 folgende Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Lizenzierung, Übertragung und Wartung von E._____:
• „Softwarekaufvertrag“ (Änderung zum Vertrag Nr. 20060413.1 vom 6. August 2009); 16. Februar 2010;
• „Softwarekaufvertrag“ Nr. 20060413.1; 6. August 2009;
„Programmschein“ Anlage 1 zum Softwarekaufvertrag Nr. 20060413.1; 6. August 2009;
„Rechnung“ Anlage 2a zum Softwarekaufvertrag Nr. 20060413.1; 6. August 2009;
• „Softwarewartungsvertrag“ Nr. 20060413.2 (Anlage 3 zum Softwarekaufvertrag Nr. 20060413.1); 6. August 2009
Der Kläger stellt sich auf den Standpunkt, dass die Beklagte – trotz jahrelanger Nutzung von E._____ – ungerechtfertigt die Bezahlung der vertragsgemäss geschuldeten Entschädigung verweigere . Es seien bislang keinerlei anrechenbare Zahlungen der Beklagten erfolgt. Mit vorliegender Klage macht der Kläger nun die entsprechende Forderung in Höhe von CHF 4’200’000.– nebst Zins von 5 % seit 16. Februar 2010 geltend.
Die Beklagte stellt sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, dass die klägerische Forderung nicht mehr im eingeklagten Umfang existiere; es seien im Zusammenhang mit den Vereinbarungen bereits 18 Ratenzahlungen à CHF 70’000.– (=CHF 1’260’000.–) an den Kläger geleistet worden. Im Weiteren sei der klägerische Anspruch infolge Kündigung des Softwarewartungsvertrags Nr. 20060413.2 vom 6. August 2009 um CHF 588’000.– auf höchstens noch CHF 2’352’000.– zu reduzieren. Ein Zinsanspruch des Klägers bestehe generell nicht. Nachdem die Beklagte in ihrer Duplik geltend macht, ihr stehe ein verrechenbarer Anspruch aus Darlehensvertrag in Höhe von CHF 2’406’205.– gegen den Kläger zu, hält sie schliesslich dafür, dass die gesamte klägerische Forderung bezüglich „Restkaufpreis“ von CHF 2’352’000.– infolge Verrechnung untergegangen sei.
[…]

Erwägungen:
[…]

II. Materielles
1. Vertragliche Grundlagen
1.1. Unbestrittener Sachverhalt
Gemäss unbestrittener Darstellung hat der Kläger mit der F1._____ GmbH am 6. August 2009 Verträge betreffend die Lizenzierung und Wartung der Risikomanagement-Software E._____ geschlossen. Der als „Softwarekaufvertrag Nr. 20060413.1“ bezeichnete Vertrag besteht (I.) aus einem Hauptteil (Seiten 1 bis 6), (II.) einem „Programmschein, Anlage 1 zum Softwarekaufvertrag Nr. 20060413.1“ (Seiten 7 bis 12) sowie (III.) einer „Rechnung, Anlage 2a zum Softwarekaufvertrag Nr. 20060413.1“ (Seite 13). Des Weiteren wurde ein als „Softwarewartungsvertrag Nr. 20060413.2 (Anlage 3 zum Softwarekaufvertrag Nr. 20060413.1)“ bezeichneter Vertrag geschlossen.
Zwischen den Parteien ist weiter nicht strittig, dass man sich in der Folge einig wurde, nicht nur die Nutzung an E._____, sondern die Eigentumsrechte daran zu übertragen. Unbestrittenermassen wurde deshalb am 16. Februar 2010 eine als „Softwarekaufvertrag (Änderung zum Vertrag Nr. 20060413.1 vom 6. August 2009)“ bezeichnete Vereinbarung zwischen dem Kläger und der F1._____ GmbH geschlossen, welche auf Seite 3 wiederum auf die bereits geschlossenen Verträge Nr. 20060413.1 sowie Nr. 20060413.2 verweist.
Ausserdem wird von der Beklagten grundsätzlich weder die Gültigkeit der erwähnten Verträge noch die Aktivlegitimation des Klägers oder ihre Passivlegitimation bestritten; insbesondere hat sie anerkannt, dass dem Kläger gestützt auf Vertrag Nr. 20060413.1 (ursprünglich) ein Lizenzentgelt in Höhe von insgesamt CHF 4’200’000.–, inklusive monatlicher Entschädigung für die Wartung der Software gemäss Vertrag Nr. 20060413.2, geschuldet war.
1.2. Rechtliches und Vertragsqualifikation
Nachdem die klägerische Forderung gestützt auf die Vertragsgrundlagen im Wesentlichen unbestritten blieb, erübrigt sich die genaue Vertragsqualifikation an dieser Stelle. Immerhin ist dazu Folgendes festzuhalten: Trotz Bezeichnung als „Softwarekaufvertrag“ geht die Beklagte für den ursprünglichen Vertrag Nr. 20060413.1 von einem Software-Lizenzvertrag aus. Für den zweiten „Softwarekaufvertrag“ vom 16. Februar 2010 gehen die Parteien offenbar übereinstimmend von einem Kaufvertrag im Sinne von Art. 184 ff. OR aus, zur Qualifikation des „Softwarewartungsvertrages“ äusserten sich die Parteien nicht.
Zumindest für die Lieferung eines aus Hard- und Software bestehenden EDV-Systems hat das Bundesgericht angenommen, dass die rechtliche Behandlung, je nach Ausgestaltung, nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen ist. Im Vordergrund stehen hierbei die Anwendung von kauf- und werkvertraglichen Normen sowie das Miet-, Pacht- und Lizenzrecht (vgl. BGE 124 III 456 E. 4b). Bei E._____ handelt es sich um ein Computerprogramm, welches grundsätzlich unter den urheberrechtlichen Werkbegriff im Sinne von Art. 2 Abs. 3 URG fällt und bei individuellem Charakter durch das Urheberrecht geschützt wird. Da im Vertrag Nr. 20060413.1 im Wesentlichen die Einräumung des Nutzungsrechts an E._____ für eine entsprechende Dauer und gegen eine Entschädigung vereinbart wurde, dürfte es sich um einen Lizenzvertrag handeln (vgl. RETO M. HILTY, Lizenzvertragsrecht, 2001, S. 5 ff.; ROLAND VON BÜREN, Der Lizenzvertrag, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. I/1 [Grundlagen], S. 295 ff.). Beim Vertrag vom 16. Februar 2010 hingegen steht die vollständige Übertragung der Rechte an E._____ im Zentrum, weshalb es sich nicht mehr um einen Lizenzvertrag handelt (vgl. NEFF/ARN, Urheberrechtlicher Schutz der Software, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbs-recht, Bd. II/2 [Urheberrecht im EDV-Bereich], S. 271). Bei der Globalübertragung von Nutzungsrechten dürften wohl vor allem – je nachdem, ob es sich bei E._____ um „Standardsoftware“ handelt oder nicht – kauf- und werkvertragliche Regelungen zur Anwendung kommen (vgl. zur Zulässigkeit der Globalübertragung: JACQUES DE WERRA, in: Müller/Oertli [Hrsg.], Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl. 2012, N. 6 und 14 zu Art. 16 URG m.w.H.). Im Softwarewartungsvertrag (Nr. 20060413.2) hat sich der Kläger im Wesentlichen zur Wartung, Fehlerbehebung, Bereitstellung von Updates sowie generell zum Support verpflichtet, womit es sich um einen sog. „Software-Pflegevertrag“ handeln dürfte (vgl. zur Definition: MICHAEL WIDMER, Der Softwarepflegevertrag, 2000, S. 32 f.; GIANNI FRÖHLICH-BLEULER, Softwareverträge, 2. Aufl. 2014, N. 3016 ff.).
1.3. Fazit
Die vertraglichen Grundlagen der Klage sind im Wesentlichen nicht strittig. Es ist somit erstellt, dass die Beklagte dem Kläger (zumindest ursprünglich) gestützt auf die Verträge vom 6. August 2009 (Nr. 20060413.1 bzw. Nr. 20060413.2) und 16. Februar 2010 eine Entschädigung in Höhe von CHF 4’200’000.– schuldete.
Strittig ist freilich, in welchem Umfang die ursprünglich geschuldete Entschädigungsforderung im heutigen Zeitpunkt noch besteht bzw. durch Zahlung oder Verrechnung untergegangen ist und ob gegebenenfalls ein Zins darauf geschuldet ist.
2. Einwendungen der Beklagten
[…]
2.2. Kündigung Wartungsvertrag
2.2.1. Unbestrittener Sachverhalt
Nach unbestrittener Darstellung der Beklagten wurde dem Kläger von der Beklagten ein Kündigungsschreiben, datierend vom 30. September 2011, bezüglich Softwarewartungsvertrag Nr. 20060413.2 vom 6. August 2009 zugestellt. Im Grundsatz ist weiter nicht bestritten, dass es zwischen dem Kläger und der C._____ Bank zu Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit einem Softwarekauf- und Softwarewartungsvertrag (Nr. 20091031.1 bzw. Nr. 20091031.2) gekommen ist.
2.2.2. Parteistandpunkte
Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dass sie mit dem Schreiben vom 30. September 2011 eine gültige Kündigung des Softwarewartungsvertrages mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund vorgenommen habe. […] Den wichtigen Grund will die Beklagte darin sehen, dass aufgrund der vom Kläger verschuldeten Zerrüttung zwischen ihr und der C._____ Bank eine Fortführung des Vertrages mit dem Kläger unzumutbar geworden sei. Zum Hintergrund der Zerrüttung brachte die Beklagte vor, dass der Kläger mit der C._____ Bank im Streit bezüglich E._____ gelegen sei, was schliesslich sogar zu einer Strafanzeige geführt haben soll. Im Folgenden habe die C._____ Bank mit Schreiben vom 9. Mai 2011 die mit der Beklagten geschlossenen Verträge als nicht verbindlich erklärt und sie eventualiter aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung gekündigt, sodass als Konsequenz die monatlichen Zahlungen von CHF 100’000.– eingestellt worden seien. Dies alles habe dazu geführt, dass die Beklagte keine Verwendung mehr für die Wartungsarbeiten des Klägers gehabt habe, welche sich durch die Kündigung der C._____ Bank erübrigt hätten. Es habe ihr demzufolge nicht zugemutet werden können, weiterhin Vergütungen für nicht mehr zu erbringende Wartungsarbeiten zu leisten  […]
2.2.3. Rechtliches und Beweislast
Dauerschuldverhältnisse sind dadurch gekennzeichnet, dass die Parteien nicht durch einmaligen Austausch von Leistungen erfüllen (wie z.B. beim Kaufvertrag), sondern über einen längeren Zeitraum hinweg verpflichtet sind. Keine Dauerschuldverhältnisse sind Ratenverträge, wo der Vertrag an sich auf einen einmaligen, klar umschriebenen Leistungsaustausch gerichtet ist, einer Partei jedoch vertraglich die Befugnis eingeräumt wird, ihre Leistung in Form von Teilleistungen (Raten) zu erbringen (INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 3.25 ff.; vgl. auch BGE 128 III 428 E. 3b S. 430). In der Lehre wird die Meinung vertreten, dass es sich beim Software-Pflegevertrag prinzipiell um ein Dauerschuldverhältnis handelt, da in der Regel die regelmässige Leistungserbringung auf unbestimmte Zeit vereinbart wird (vgl. GIANNI FRÖHLICH-BLEULER, a.a.O., N. 3056 ff.; differenzierend MICHAEL WIDMER, a.a.O., S. 55 ff.). Im Übrigen wird bezüglich Softwarepflegevertrag die Anwendung von Art. 404 Abs. 1 OR (sowie Art. 377 OR) abgelehnt, wobei vorliegend auch kein besonderes Vertrauensverhältnis ersichtlich wäre, welches eine entsprechende Anwendung sachgerecht erscheinen liesse (GIANNI FRÖHLICH-BLEULER, a.a.O., N. 3367; MICHAEL WIDMER, a.a.O., S. 192 ff.; Urteil des Bundesgerichts 4A_284/ 2013 vom 13. Februar 2014 E. 3.5.1).
Handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, anerkennt die Rechtsprechung und Lehre allgemein die Möglichkeit der ausserordentlichen Kündigung bei Vorliegen von wichtigen Gründen und bei Unzumutbarkeit der Vertragserfüllung; bei weniger gravierenden Vertragsverletzungen unter Umständen erst nach vorgängiger Verwarnung oder Abmahnung (BGE 128 III 428 E. 3c S. 431; BGE 138 III 304 E. 7 S. 319; Urteil des Bundesgerichts 4A_148/2011 vom 8. September 2011 E. 4.3.1; MEINRAD VETTER/ROMAN S. GUTZWILLER, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ausserordentlichen Beendigung von Dauerschuldverhältnissen, AJP 2010, S. 703 ff.). Ob im Einzelfall ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen im Sinne von Art. 4 ZGB (BGE 128 III 428 E. 3c S. 432). Falls der erforderliche wichtige Grund bzw. die Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung vorliegt, handelt es sich um eine gerechtfertigte ausserordentliche Beendigung des Dauerschuldverhältnisses, welches hierdurch in aller Regel unmittelbar, sofort und ex nunc zu Ende geht. Die Kündigung ist unmittelbar nach dem Vorfall des wichtigen Grundes auszusprechen, ansonsten von einer Verwirkung des Beendigungsrechts ausgegangen werden kann (MEINRAD VETTER/ROMAN S. GUTZWILLER, a.a.O., S. 705 f.). Sollte hingegen kein wichtiger Grund gegeben sein, stellt sich die Frage der Rechtsfolge, d.h. ob es im Sinne einer Konversion zu einer ordentlichen Kündigung kommt oder allenfalls Nichtigkeit der Kündigung anzunehmen ist (MEINRAD VETTER/ROMAN S. GUTZWILLER, a.a.O., S. 709). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung wird eine unwirksame ausserordentliche Kündigung grundsätzlich nicht in eine ordentliche Kündigung konvertiert (BGE 138 III 304 E. 11 sowie BGE 133 III 360 E. 8.1.2.=PRA 97 (2008) Nr. 6). Bei befristeten Verträgen, wo keine ordentliche Kündigungsfrist vereinbart wurde, bleibt das Dauerschuldverhältnis, bei Fehlen wichtiger Gründe, die eine ausserordentliche Kündigung rechtfertigen würden, bis zum Ende der Vertragslaufzeit aufrecht (MEINRAD VETTER/ROMAN S. GUTZWILLER, a.a.O., S. 710).
Gestützt auf Art. 8 ZGB obliegt es der Beklagten darzulegen, dass ein wichtiger Grund vorgelegen hat, welcher zu einer ausserordentlichen Vertragskündigung berechtigte. Ebenso obliegt ihr die Beweislast, dass die Kündigung zu einer Reduktion der klägerischen Forderung um insgesamt CHF 588’000.– (42 Raten à CHF 14’000.–) geführt hat.
[…]
2.2.5. Würdigung zur „ausserordentlichen Kündigung“
Dass eine, wie im ursprünglichen Softwarewartungsvertrag Nr. 20060413.2 § 2 Ziff. (3) vorgesehene und von der Rechtsprechung für weniger gravierende Vertragsverletzungen vorausgesetzte Verwarnung oder Abmahnung stattgefunden hätte, wird von der Beklagten nicht behauptet. Folglich müsste eine besonders schwere Vertragsverletzung vorliegen. Welche vertragliche Pflicht der Kläger verletzt haben soll, bleibt hingegen unklar. Der Kläger bringt zu Recht vor, dass die Beklagte keine – zumindest substantiierte – Vertragsverletzung darlegt. Der pauschale Verweis auf die angeblich vom Kläger verschuldete Zerrüttung der Geschäftsbeziehung zur C._____ Bank kann hierfür jedenfalls nicht genügen. Immerhin ist noch zu prüfen, ob eventuell ein anderer wichtiger Grund vorliegt, welcher einer schweren Vertragsverletzung entspricht.
Den Akten lässt sich zwar entnehmen, dass es zwischen dem Kläger und der C._____ Bank zu einer Auseinandersetzung gekommen ist, wobei nicht belegt ist, dass der Kläger hierfür letztlich die (alleinige) Verantwortung trägt. Zumindest ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger gegenüber der C._____ Bank erhobenen Ansprüche offensichtlich unberechtigt oder sogar unhaltbar wären, zumal die entsprechenden strafrechtlichen Untersuchungen gegen den Kläger nichts dergleichen zu Tage förderten. Ausserdem lässt sich dem Kündigungsschreiben der C._____ Bank vom 9. Mai 2011 nicht entnehmen, dass der Kläger für ihre Entscheidung verantwortlich gemacht würde. Ferner stellte offenbar selbst die Beklagte – zumindest bis März 2011 – den Anspruch des Klägers gegenüber der C._____ Bank nicht in Abrede. Und selbst wenn der Kläger eine „Zerrüttung“ oder „Eskalation“ zwischen ihm und der C._____ Bank verschuldet hätte, fehlt ein eindeutiger Zusammenhang zur Vertragsauflösung sowohl im Verhältnis C._____ Bank/Beklagte als auch im Verhältnis Kläger/Beklagte.
Nachvollziehbar ist zwar generell, dass die Beklagte den Vertrag mit der C._____ Bank und die monatlichen Zahlungen als Voraussetzung für den Vertrag mit dem Kläger erachtete, allein der Bestand dieses Vertrages liegt in ihrer Risikosphäre. Es sind weder Gründe ersichtlich, welche die Überwälzung dieses Risikos auf den Kläger rechtfertigen würden, noch hat sich ergeben, dass der Kläger die Vertragskündigung der C._____ Bank zu verantworten hat. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass kein wichtiger Grund vorliegt, welcher die Beklagte zur ausserordentlichen Kündigung berechtigt hätte.
Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte vom Zeitpunkt des geltend gemachten wichtigen Grundes (Kündigung der C._____ Bank am 9. Mai 2011) bis zum Aussprechen der Kündigung (30. September 2011) über vier Monate zugewartet hat. Von einer angemessenen Bedenkfrist und unverzüglichen Kündigung kann somit keine Rede mehr sein, womit das ausserordentliche Kündigungsrecht als verwirkt gilt.
Eine Konversion in eine ordentliche Kündigung ist in zweifacher Hinsicht ausgeschlossen: Einerseits ist im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der ungerechtfertigten ausserordentlichen Kündigung grundsätzlich keine Rechtswirkung zukommt, andererseits geht die Beklagte selber vom Wegfall von 42 Raten aus, m.a.W. also von einem befristeten Vertrag, wo bei Fehlen wichtiger Gründe, die eine ausserordentliche Kündigung rechtfertigen würden, davon ausgegangen wird, das Dauerschuldverhältnis bliebe bis zum Ende der Vertragslaufzeit aufrecht (vgl. oben Ziff. 2.2.3.).
2.2.6. Fazit
Nachdem bereits fraglich ist, ob überhaupt ein Dauerschuldverhältnis vorliegt, ist jedenfalls kein wichtiger Grund für eine ausserordentliche Kündigung gegeben und ausserdem das Kündigungsrecht selbst – infolge längeren Zuwartens – verwirkt. Folglich ist keine Reduktion des klägerischen Anspruchs um CHF 588’000.–vorzunehmen.

[…]

Quelle: http://www.gerichte-zh.ch/entscheide/entscheide-anzeigen.html