Sachverhalt und Verfahren
A. Sachverhaltsübersicht
a. Parteien und ihre Stellung
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Zürich ZH. Sie bezweckt betriebswirtschaftliche Beratungen jeglicher Art, insbesondere Beratungen bei Projekten der Informationstechnologie. Zur Einführung der Softwarelösung SAP FC verwendet sie bei ihren Kunden unter anderem die selbst entwickelte Parametrisierungslösung „G._____ (G‘._____™)“. […]
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in … ZH. Sie bezweckt den Betrieb eines Bauunternehmens, […].
b. Prozessgegenstand
Mit Rechtsbegehren vom 19. Dezember 2014 verlangt die Klägerin von der Beklagten eine Konventionalstrafe in der Höhe von CHF 370’000.00 und Zinsen wegen Verletzung der mit Vertrag vom 6./8. Dezember 2011 vereinbarten Geheimhaltungsverpflichtung. Mit geändertem Rechtsbegehren vom 14. Juli 2015 verlangt sie zusätzlich im Zusammenhang mit einer geltend gemachten erneuten Verletzung der Geheimhaltungsverpflichtung eine weitere Konventionalstrafe in der Höhe von CHF 370’000.00. Die Beklagte verlangt widerklageweise die Rückerstattung eines Teils der an die Klägerin bezahlten Honorare im Umfang von CHF 63’531.17 und Zinsen wegen Schlechterfüllung bzw. ungerechtfertigter Inrechnungstellung.
Die Klägerin […] und die damalige B._____ Management AG, […] schlossen am 6. bzw. 8. Dezember 2011 einen „VERTRAG betreffend die IMPLEMENTIERUNG DER G._____“. Die Arbeiten gemäss diesem Implementierungsvertrag wurden abgeschlossen. […]
Auf den 1. März 2013 übernahm die Beklagte (B._____ Schweiz AG) die B._____ Generalunternehmung AG, die B._____ Management AG und die K._____ AG mittels einer Absorptionsfusion. Die Umstrukturierung hatte bei der Beklagten eine Reduktion der Profit Centers zur Folge, welche einerseits zu einem Anpassungsbedarf bei der Parametrisierung von SAP FC, andererseits zu personellen Abgängen, u.a. der für die Konzernkonsolidierung zuständigen L._____ und M._____, führte, weshalb die Beklagte kurzfristig nicht mehr imstande war, die Finanzberichterstattung mit eigenem Personal zu bewältigen. Die Beklagte bat die Klägerin deshalb um vorübergehende Unterstützung bei der Erstellung der internen Finanzberichte und externen Konzernabschlüsse. Zwischen April 2013 und September 2013 erbrachte die Klägerin der Beklagten entsprechende Dienstleistungen, wofür sie dieser CHF 201’917.93 in Rechnung stellte.
Am 26. Juni 2013 unterzeichnete die Beklagte drei sog. Engagement Letters der Klägerin. Neben der erwähnten Unterstützung bei der internen und externen Berichterstattung der Beklagten betrafen diese auch die Vornahme von Anpassungen an Änderungen der International Financial Reporting Standards (IFRS). Die Umstrukturierung der Unternehmensgruppe der Beklagten führte zu einem Anpassungsbedarf verschiedener Strukturen von SAP FC. Für die mit der Gruppenumstrukturierung verbundenen Anpassungen berechnete die Klägerin von Oktober bis Dezember 2013 insgesamt CHF 129’464.66 (inkl. MwSt und Spesen).
Mit Schreiben vom 29. November 2013 kündigte die Klägerin den Hotline-Vertrag vom 21. Dezember 2011. Im Rahmen der mit der Gruppenumstrukturierung verbundenen Anpassung bat die Klägerin mit E-Mail vom 29. Dezember 2013 um Bescheid, inwieweit Arbeiten zu den offenen Punkten erforderlich seien. Am 30. Dezember 2013 kam es zu einem Telefongespräch zwischen der Klägerin und der Beklagten. In der Folge verzichtete die Beklagte auf weitere Leistungen der Klägerin und zog die Firma C._____ AG bei.
Zwischen den Parteien streitig sind hauptsächlich die folgenden Punkte:
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die Firma C._____ AG für die Unterstützung bei der Konzernberichterstattung beigezogen. Durch den Beizug der C._____ AG, welche eine Konkurrentin sei, habe die Beklagte dieser Einblick in die Parametrisierungslösung gewährt. Die Beklagte bestreitet dies und behauptet, die Firma C._____ AG habe die Beklagte ab Januar 2014 nicht bei der Konzernberichterstattung, sondern lediglich beim Umstellungsprojekt unterstützt. Die C._____ AG habe keinen Einblick in die Parametrisierungslösung, sondern lediglich in das bei der Beklagten installierte Programmpaket SAP FC und die darin abgebildete Hierarchiestruktur der Berichtseinheiten erhalten, soweit dies für ihre Tätigkeit erforderlich gewesen sei. Die Klägerin wiederum hält daran fest, dass eine Weiterführung der Anpassungsarbeiten an der bei der Beklagten installierten Konsolidierungssoftware nicht möglich gewesen sei, ohne Einblick in die Parametrisierungslösung zu nehmen.
Die Klägerin behauptet, ihre Parametrisierungslösung erlaube eine Einführung von SAP FC innerhalb weniger Monate, während sich eine Implementierung mit dem SAP Starter Kit über mehrere Jahre erstrecken könne. Zudem sei die Parametrisierungslösung weit umfassender als das SAP Starter Kit. Die Beklagte bestreitet dies und behauptet, die Vielzahl der Elemente in der Parametrisierungslösung sei ein Zeichen, dass die Lösung nicht auf der Höhe der Zeit sei. Zudem weise sie zahlreiche Unzulänglichkeiten auf. Dagegen sei die Vorkonfiguration des SAP Starter Kit nicht rudimentär. […].
Die Beklagte behauptet, sie sei bereits beim Implementierungsprojekt unzufrieden gewesen mit der Kostenentwicklung und der Art und Weise, wie die Klägerin über sogenannte Zusatzleistungen Honorarvolumen generiere. […] Ab Juni 2013 seien die Rechnungen der Klägerin vollkommen intransparent geworden. Insbesondere habe die Klägerin zahlreiche Leistungen vollumfänglich in Rechnung gestellt, welche eigentlich vom Hotline-Vertrag abgedeckt gewesen wären. Als die bisherige Beraterin die Klägerin verlassen und diese eine neue Beraterin eingesetzt habe, sei die Beklagte mit dem Preis-Leistungsverhältnis unzufrieden gewesen. […] Die Klägerin bestreitet dies und behauptet, […] [d]ie formelle Gestaltung der Rechnungsstellung habe sie nach den ausdrücklichen Weisungen der Beklagten vorgenommen. Sie habe keine Leistungen in Rechnung gestellt, welche durch den Hotline-Vertrag abgedeckt gewesen seien. Dieser habe nur Leistungen im Rahmen der regulären Bedienung, nicht aber für darüber hinausgehende Projekte umfasst. Letztere seien von den Parteien separat in Engagement Letters vereinbart worden. […]
Erwägungen
[…]
2.1. Informatikverträge
Die rechtliche Qualifikation von Verträgen bei Informatikprojekten hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab (BGE 124 III 456 E. 4b/bb S. 459). In der Regel handelt es sich um gemischte Verträge, auf welche Kauf-, Werkvertrags-, Auftrags- oder Lizenzvertragsrecht anwendbar ist. Die, allerdings nur teilweise amtlich publizierte, Rechtsprechung des Bundesgerichts hat bei der Lieferung und Überlassung eines EDV-Komplettsystems aus standardisierter Hard- und Software gegen einmalige Bezahlung eines Kaufpreises die Anwendung des kaufvertraglichen Gewährleistungsrechts (BGE 124 III 456 E. 4b/bb S. 459 f.; Urteil des Bundesgerichts 4A_251/2007 vom 6. Dezember 2007 E. 3) oder bei Leistungsstörungen im Rahmen von Individualisierungsarbeiten an einem Programmpakets die Anwendung der werkvertraglichen Vorschrift von Art. 377 OR (Urteil des Bundesgerichts 4C.393/2006 vom 27. April 2007 E. 3.1) geschützt. Das Schrifttum misst dabei dem Werkvertragsrecht ein gewisses Übergewicht zu (BGE 124 III 456 E. 4b/bb S. 159 m.H.; DORIS SLONGO WAGEN, Der Softwareherstellungsvertrag, Diss. Zürich 1991, S. 66 und 67; URSULA SURY, Informatikrecht, Bern 2013, S. 13; URSULA WIDMER, Risikofolgeverteilung bei Informatikprojekten: Haftung für Softwaremängel bei Planung und Realisierung von Informationssystemen, Diss. Bern, Zürich 1990, S. 73). Die Unterscheidung zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht wird jedoch dadurch relativiert, dass die Parteien auch im Rahmen des Kaufvertragsrechts ein Nachbesserungsrecht vereinbaren können und im Rahmen von Informatikprojekten, allenfalls nachträglich, regelmässig auch werden (Urteil des Bundesgerichts 4A_251/2007 vom 6. Dezember 2007 E. 4.2; Urteil des Bundesgerichts 4A_446/2015 vom 3. März 2016 E. 3.3).
2.2. Parametrisierungslösung der Klägerin
SAP Business Objects Financial Consolidation (SAP BOFC) bzw. in neuerer Zeit schlicht SAP Financial Consolidation (SAP FC) ist eine regelbasierte Lösung zur Konsolidierung und Finanzberichterstattung des Softwarehauses … mit Sitz in …/Deutschland (SAP Solution Brief „Streamline Compliance with Enterprise-Class Financial Consolidation Software“, SAP 2014).
Die Regelbasierung führt dazu, dass die Lösung ohne Anpassung bzw. Parametrisierung nicht operativ einsetzbar ist. Die Klägerin vergleicht sie mit einem leeren Excel-Blatt. In diesen Punkten sind sich die Parteien im Wesentlichen einig bzw. hat die Beklagte die Darstellung der Klägerin nicht bestritten. Unterschiedliche Ansichten vertreten die Parteien nur hinsichtlich der Qualität der Parametrisierungslösung der Klägerin.
Der Anpassungsbedarf von SAP Financial Consolidation erhöht den Einführungsaufwand beträchtlich. Zur schnelleren Einführung bietet SAP deshalb verschiedene sog. Starter Kits an, insbesondere auch für den IFRS-Konzernrechnungslegungsstandard ([…]).
Die Klägerin bietet mit ihrer „G._____ (G‘._____™)“ eine fertige Parametrisierungslösung für SAP Financial Consolidation an (A._____ AG, G._____ (G‘._____™) für die Finanzberichterstattung im Konzern, 2009. Die Lösung der Klägerin beruht nicht auf dem SAP Starter Kit. Vielmehr stellt sie ein eigenes Template der Klägerin dar, welches diese für die Implementierungen bei ihren Kunden verwendet.
2.3. Rechtliche Würdigung
Die Klägerin führte für die Beklagte unterschiedliche Arbeiten aus. Diesen Arbeiten liegt kein einheitliches Rechtsverhältnis zugrunde. Im Einzelnen richtete sich das Verhältnis der Parteien nach den folgenden Grundlagen:
2.3.1. Beim Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 einigten sich die Parteien auf die Installierung der klägerischen Parametrisierungslösung und deren Anpassung an die Detailspezifikationen der Beklagten. Dabei sind verschiedene Nebenleistungen der Klägerin wie die Projektbetreuung, Unterstützung bei der Ausarbeitung der Detailspezifikationen und die Einführungsschulung der Mitarbeitenden der Beklagten auftragsrechtlicher Natur. Die Lieferung der Standardlösung der Klägerin ist kaufrechtlicher Natur. Dagegen handelt es sich bei der Anpassung nach den durch die Beklagte aufbereiteten Detailspezifikationen um individualisierte Arbeiten, welche deshalb dem Werkvertragsrecht unterliegen. Die kauf- und werkvertragliche Natur zeigt sich deutlich an der Regelung der Abnahme und der Gewährleistung, welche Parallelen zur Abnahme eines Bauwerks trägt. Der Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 ist jedoch unmittelbar nur noch im Zusammenhang mit der Pflicht zur Geheimhaltung der klägerischen Parametrisierungslösung von Bedeutung. Dafür spielt die rechtliche Qualifikation der Vertragsleistungen, zu denen sich die Klägerin verpflichtet hat, keine Rolle mehr. Eine Indizwirkung kommt ihr jedoch insofern zu, als sie die letzte ausführliche vertragliche Vereinbarung der Parteien darstellt.
2.3.2. Zwischen den Parteien bestand ein Hotline-Vertrag vom 16./21. Dezember 2011, welchen die Beklagte mit Schreiben vom 29. November 2013 auf Ende 2013 kündigte. Rechtlich handelt es sich um einen Innominatvertrag mit auftragsrechtlichen Elementen. Uneinig sind sich die Parteien über den Umfang der Leistungspflichten.
2.3.3. Die Unterstützung der Beklagten bei der Erstellung der internen und externen Berichterstattung stützte sich auf zwei Engagement Letters vom 25./26. Juni 2013. Die Klägerin sollte danach ihre (zwei) Mitarbeiter in die Verarbeitung der von den Einzelgesellschaften gemeldeten Monats- bzw. Semesterzahlen (bei der Beklagten) einarbeiten, die Monatsberichterstattungen und die internen Finanzberichte bzw. Halbjahresabschlüsse erstellen sowie gegebenenfalls neue Mitarbeitende der Beklagten einarbeiten. Die Leistungspflichten der Klägerin sind wiederum schwergewichtig werkvertraglicher Natur, wobei die genaue Qualifikation offen bleiben kann, da damit verbundene Ansprüche nicht Gegenstand des vorliegenden Prozesses bilden.
2.3.4. Die von der Klägerin im Jahre 2013 an der Parametrisierungslösung der Beklagten vorgenommenen Anpassungs- und Erweiterungsarbeiten stützten sich auf den Engagement Letter vom 25./26. Juni 2013. Diese waren einerseits durch Änderung der Rechnungslegungsstandards IFRS indiziert, andererseits sollten bei der Beklagten einzelne noch zu definierende Optimierungen in der Konzernberichterstattung umgesetzt werden. Die Leistungspflichten der Klägerin im Rahmen dieser Anpassungs- und Erweiterungsarbeiten an der bei der Beklagten installierten Parametrisierungslösung sind werkvertraglicher Natur.
2.3.5. Für die Arbeiten im Zusammenhang mit der Anpassung der Parametrisierungslösung an die neue Konzernstruktur der Beklagten (von der Beklagten als Umstellungsprojekt bezeichnet) schlossen die Parteien keinen neuen Projektvertrag. Im Grundsatz sind sich die Parteien einig, dass die Klägerin die implementierte Parametrisierungslösung an die im Jahre 2013 geänderte Konzernstruktur der Beklagten anpassen sollte. Der Engagement Letter vom 25./26. Juni 2013 bildete auch für diese Arbeiten die Grundlage. Die Leistungspflichten der Klägerin sind damit ebenfalls werkvertraglicher Natur.
3. Hauptklage
3.1. Anspruchsgrundlage
Mit der Hauptklage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Leistung der mit dem Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 vereinbarten Vertragsstrafe. Dieser Anspruch stützt sich auf Art. 160 Abs. 1 OR in Verbindung mit dem Vertrag. Zu prüfen sind somit die folgenden Anspruchsvoraussetzungen (anstatt vieler: FELIX R. EHRAT/MARKUS WIDMER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 6. Auflage 2015, N. 14 zu Art. 160 OR): (i) Bestehen einer Verpflichtung, (ii) Sicherung der Verpflichtung durch eine Konventionalstrafe, (iii) Verletzung der Verpflichtung, (iv) Vertretenmüssen der Pflichtverletzung. Nachdem die Beklagte im Eventualstandpunkt die Übermässigkeit der Vertragsstrafe geltend macht, ist weiter zu prüfen, ob diese nach Art. 163 Abs. 3 OR herabzusetzen ist.
3.2. Verpflichtung
3.2.1. Die Geltendmachung einer Konventionalstrafe setzt zunächst das Bestehen einer gesicherten Verpflichtung voraus (Art. 160 Abs. 1 OR). In der Regel handelt es sich dabei um eine vertragliche Pflicht, doch können die Parteien auch gesetzliche Pflichten durch die Verabredung einer Vertragsstrafe sichern (PETER GAUCH/WALTER R. SCHLUEP/SUSAN EMMENEGGER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band II, 10. Aufl. 2014, N 3786). Die Parteien können in den Schranken der Rechtsordnung beliebige Verpflichtungen sichern (EHRAT/WIDMER, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 7 zu Art. 160 OR).
Der Umfang einer vertraglichen Pflicht bestimmt sich nach der Vereinbarung der Parteien. Bei der Auslegung von Verträgen ist nach Art. 18 OR in erster Linie der übereinstimmende tatsächliche Wille der Parteien zu ermitteln (BGE 121 III 118 E. 3b/aa S. 123; BGE 128 III 70 E. 1a S. 73; BGE 132 III 626 E. 3.1 S. 632). Ist ein solcher nicht nachgewiesen, so sind die Erklärungen der Parteien „so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten“ (BGE 132 III 626 E. 3.1 S. 632). Nach der Unklarheitenregel ist eine unklare Bestimmung im Zweifel zu Lasten des Verfassers auszulegen (BGE 133 III 607 E. 2.2 S. 610; PETER GAUCH/WALTER R. SCHLUEP/JÖRG SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I, 10. Aufl. 2014, N 1231).
3.2.2. Im Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 vereinbarten die Parteien Ziffer 7.1 Absatz 6 mit folgendem Wortlaut:
Mit Ausnahme des in diesem Vertrag gewährten Nutzungsrechts erwirbt der Kunde keinerlei weitere Rechte. Der Kunde ist insbesondere nicht berechtigt, die Standard-G‘._____™ und deren Anpassungen oder die Anwenderdokumentation ganz oder teilweise zu kopieren, Dritten zur Verfügung zu stellen, Dritten einen Einblick zu gewähren, für Dritte zu gebrauchen oder von Dritten anpassen zu lassen.
Nachdem die Parteien keine Ausführungen darüber machen, dass ihr tatsächlicher Wille dem Wortlaut der Vereinbarung widersprechen würde oder sie diesen in einem bestimmten Sinne verstanden haben wollten, ist von der Massgeblichkeit des schriftlich fixierten Wortlauts auszugehen.
Die Klägerin beruft sich auf die zentrale Bedeutung ihrer Parametrisierungslösung für ihren Unternehmenswert. Intern schütze sie die Lösung durch Vereinbarung von Konkurrenzklauseln mit Arbeitnehmern. Diese und die Geheimhaltungsvereinbarung dienten einzig dem Schutz der Parametrisierungslösung vor dem Zugriff Dritter. Im Einzelfall sei sie durchaus bereit, pragmatische Lösungen für Arbeiten an der Parametrisierungslösung durch Dritte zu suchen. Die Standard-Parametrisierungslösung habe sie bloss in einigen unbedeutenden Punkten an die Bedürfnisse der Beklagten angepasst.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin benutze die Geheimhaltungsvereinbarung vor allem dazu, ihre Kunden bzw. die Beklagte in ein Abhängigkeitsverhältnis zu führen. Diese könne nicht ohne Unterstützung der Klägerin Änderungen an der Berichtstruktur vornehmen, wenn sie mit eigenem Personal die Anpassung nicht bewerkstelligen könne. Zudem würden die in die Konsolidierungssoftware eingepflegten Berichtseinheiten und deren Hierarchiestruktur proprietäre Informationen der Beklagten darstellen. Der Gefahr einer Vorlagenausbeutung habe sie durch Geheimhaltungsvereinbarungen mit der C._____ AG und der D._____ Group AG vorgebeugt.
3.2.3. Entsprechend dem Wortlaut von Ziffer 7.1 Absatz 6 des Implementierungsvertrags vom 6./8. Dezember 2011 bezieht sich die Geheimhaltungsvereinbarung auf die Parametrisierungslösung der Klägerin, deren Anpassungen und die Anwenderdokumentation. Die Grundlösung SAP Financial Consolidation und die allenfalls eingepflegten internen Betriebsdaten der Beklagten sind somit nicht von der Geheimhaltungsvereinbarung erfasst.
Aufgrund des Wortlauts, aber auch der Schilderungen der Klägerin, ist deshalb vom materiellen Geheimnisbegriff auszugehen, welcher auch Art. 340 OR zugrunde liegt. Deshalb ist es nicht ausreichend, wenn eine Tatsache lediglich in der Parametrisierungslösung der Klägerin implementiert ist. Darüber hinaus ist auch erforderlich, dass sie weder offenkundig noch allgemein zugänglich ist, die Klägerin an der Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse (sog. Geheimhaltungsinteresse) hat und sie tatsächlich geheim halten will (BGE 80 IV 22 E. 2a S. 27).
Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es problematisch, wenn die Klägerin nicht nur die für eine Vielzahl von Projekten verwendbare Grundparametrisierung, sondern pauschal auch deren „Anpassungen“ der Geheimhaltungsvereinbarung unterstellt. Die Implementierung einer Geschäftssoftware beinhaltet stets die Einpflege betriebsspezifischer Daten der Kundin, wenn sich die Software nicht auf eine leere Standardlösung (z.B. blosses Betriebssystem, Textverarbeitung, leere Tabellenkalkulation) beschränkt. Solche Anpassungen sind jedoch nicht marktfähig. Vielmehr stellen sie möglicherweise selbst Geschäftsgeheimnisse der Kundin dar, welche die Anbieterin ihrerseits nicht weiterverwenden darf. Damit fehlt es an einem Geheimhaltungsinteresse der Anbieterin.
Betriebsorganisatorische Daten der Beklagten fallen deshalb nicht unter die Geheimhaltungsvereinbarung, auch wenn die Klägerin sie in die Konsolidierungslösung eingepflegt hat. Für diese spezifischen Anpassungen hat die Beklagte die Klägerin bezahlt, weshalb sie ein Recht auf das Arbeitsergebnis hat. Dies gilt jedoch nur insoweit, als sich die Parametrisierung ausschliesslich auf Betriebsdaten der Beklagten beschränkt. Die Geheimhaltungsverpflichtung entfällt nicht dadurch, dass die Lösung zusätzlich auch noch betriebsspezifische Daten enthält. In solchen Fällen bleibt das Interesse der Klägerin an der Geheimhaltung ihrer Parametrisierungslösung bestehen.
Nichts anderes ergibt sich auch aus der Unklarheitenregel. Verfasserin ist vorliegend die Klägerin. Deshalb kann sich „Anpassungen“ nicht auf rein betriebsinterne Informationen der Beklagten beziehen. Eine Geheimhaltungspflicht gilt nur dort, wo die Klägerin über blosse betriebliche Sachverhalte der Beklagten hinausgehende Informationen abgebildet hat.
3.3. Vereinbarung einer Konventionalstrafe
3.3.1. Eine Konventionalstrafe kann die Gläubigerin nur fordern, wenn sie diese mit der Schuldnerin vereinbart hat (Art. 160 Abs. 1 OR). Die Parteien können sich auf eine beliebige Höhe der Konventionalstrafe einigen (Art. 163 Abs. 1 OR).
Für das Verhältnis zwischen Konventionalstrafe und Leistungs- oder Schadenersatzansprüchen bestehen gesetzliche Vermutungen. Nach Art. 160 Abs. 1 OR kann die Gläubigerin mangels anderer Abrede nur die Erfüllung oder die Konventionalstrafe fordern. Die gesetzliche Regelung vermutet somit eine alternative Ermächtigung (GAUCH/SCHLUEP/EMMENEGGER, a.a.O., N 3799). Nach Art. 160 Abs. 3 OR bleibt dem Schuldner der Nachweis vorbehalten, dass ihm gegen Leistung der Konventionalstrafe der Rücktritt offensteht (sog. Wandelpön). Im Gegensatz zum arbeitsvertraglichen Konkurrenzverbot (Art. 340b Abs. 2 OR) befreit die Konventionalstrafe deshalb nach allgemeinem Recht grundsätzlich nicht von der vertraglichen Verpflichtung (ANDREAS VON TUHR/ARNOLD ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band II, 1984, S. 283). Weiter müssen die Parteien festlegen, ob bei der Mehrfachverletzung einer Pflicht mehrere Konventionalstrafen verfallen (Obergericht des Kantons Zürich, Entscheidung vom 26. Juni 1920, in: SJZ 21 (1924/25), 40; GIANNI FRÖHLICH-BLEULER, Softwareverträge, 2. Aufl. 2014, N 1289; VON TUHR/ESCHER, a.a.O., S. 278).
3.3.2. Für „jeden Fall der Zuwiderhandlung“ gegen die Nutzungsregelung verpflichtete sich die Beklagte in Ziffer 7.2 des Implementierungsvertrags zur Bezahlung einer Vertragsstrafe in der Höhe der zweifachen Lizenzabgabe nach Ziffer 8.1 Abs. 1 des Implementierungsvertrags. Nach Ziffer 8.1 Abs. 1 des Implementierungsvertrags betrug die Lizenzabgabe CHF 185’000.00. Die Höhe der Konventionalstrafe beläuft sich somit auf CHF 370’000.00.
Die Klägerin legt die Formulierung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ so aus, dass die Vertragsstrafe beim Beizug eines weiteren Beratungsunternehmens, welches Einblick in die Parametrisierungslösung erhält, erneut geschuldet sei. Die Beklagte will den Anwendungsbereich der Formulierung auf Fälle beschränken, bei denen sich auch das Risiko einer Schädigung der Klägerin verdoppeln würde, was nicht der Fall wäre, wenn die Beklagte zwar das Beratungsunternehmen, nicht jedoch die betreuenden Berater, welche unterdessen zum neuen Beratungsunternehmen gewechselt haben, mitnehmen würde.
3.3.3. Die Festlegung einer Konventionalstrafe im Falle der Verletzung der Geheimhaltungspflicht ist zulässig. Anhand der Parteivereinbarung ist die Höhe der Konventionalstrafe klar bestimmbar. Die Parteien haben zudem abweichend von Art. 160 Abs. 1 OR eine kumulative Konventionalstrafe vereinbart. Streitig ist die Auslegung der Formulierung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“.
Die Formulierung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ bedeutet zunächst, dass für die Verletzung jeder der verschiedenen Pflichten (Verletzungsmehrheit) eine volle Vertragsstrafe geschuldet ist. Bestehen mehrere Verletzungen ein und derselben Pflicht, wie sie die Klägerin mit der vorliegenden Klage hinsichtlich der Geheimhaltungspflicht geltend macht, ist zu prüfen, ob es sich um eine Mehrfachverletzung handelt. Im Falle der Geheimhaltungspflicht erfolgt diese Prüfung im Einzelfall anhand des (materiellen) Geheimnisbegriffs. Nach der Relativität des Geheimnisbegriffs liegt keine Mehrfachverletzung vor, wenn die Offenlegung des Geheimnisses gegenüber einer Person erfolgt, welche bereits in dieses eingeweiht ist. Erfolgt jedoch ein Wechsel des Beratungsunternehmens, so handelt es sich um eine neue juristische Person. Deshalb sind die von der Klägerin geltend gemachten Verletzungen gegenüber der C._____ AG und der D._____ Group AG je einzeln zu prüfen. Die Geheimnisverletzung entfällt nicht bereits deshalb, weil einige Personen im neuen Unternehmen schon Geheimnisträger sind. Nach allgemeiner Erfahrung handelt es sich bei Beratungsunternehmen nicht bloss um Akquisitions- und Abrechnungseinrichtungen, sondern diese bündeln auch sonst ihre Kräfte und verfügen insbesondere über ein internes Wissensmanagement. Dem Einwand der personellen Identität ist bei der Prüfung einer Reduktion der Konventionalstrafe Rechnung zu tragen.
3.4. Pflichtverletzung betreffend C._____ AG
3.4.1. Grundsätze
Der Verfall der Konventionalstrafe setzt weiter die Verletzung der gesicherten Pflicht voraus (Art. 160 Abs. 1 OR).
[…]
3.4.2. Streitpunkte
[…]
3.4.2.2. Die Streitpunkte zwischen den Parteien hinsichtlich der mit der Hauptklage geltend gemachten Verletzung der Geheimhaltungsvereinbarung beziehen sich weiter einerseits auf die Frage, ob die Informationen, deren Offenlegung durch die Beklagte die Klägerin geltend macht, unter die Geheimhaltungsvereinbarung fallen. Andererseits ist zwischen den Parteien streitig, ob die Beklagte der C._____ AG Einblick in die klägerische Parametrisierungslösung gewährt habe.
[…]
Zusammengefasst schliesst die Klägerin darauf, die C._____ AG habe mindestens teilweise früher der Klägerin anvertraute Aufgaben erledigt und damit in die Parametrisierungslösung Einsicht genommen. Demgegenüber macht die Beklagte einerseits geltend, es handle sich um betriebsinterne Daten, andererseits, die Arbeiten an der Parametrisierungslösung seien durch eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten ausgeführt worden. Die Klägerin trifft sowohl für die Geheimhaltungsbedürftigkeit als auch dafür, dass die C._____ AG Arbeiten ausgeführt habe, welche eine Einsichtnahme in die Parametrisierungslösung voraussetzen, die Behauptungs- und Beweislast.
3.4.3. Prüfung im Einzelnen
Für die einzelnen Bestandteile der Parametrisierungslösung der Klägerin ist jeweils eine zweistufige Prüfung vorzunehmen. Zuerst ist zu prüfen, ob die entsprechenden Parametrisierungen unter die Geheimhaltungsvereinbarung nach dem Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 fallen. Dann ist zu prüfen, ob die Beklagte hinsichtlich der geheimhaltungsbedürftigen Eigenschaft der Parametrisierungslösung die Geheimhaltungsvereinbarung verletzt hat.
[…]
3.4.3.1. Regeln
3.4.3.1.1. Die Klägerin behauptet, das in der Parametrisierungslösung enthaltene Rechenregelwerk steuere im Wesentlichen, wohin ein durch die Einzelgesellschaft erfasster Konto-Bewegungsinhalt / Wert (z.B. Konto „Flüssige Mittel“) auf welchem Zielkonto bzw. mit welcher Zielbewegungsart im Konzernabschluss zu buchen sei. Dabei müsse im Wesentlichen die Art des Einbezugs (Vollkonsolidierung, Quotenkonsolidierung, At-Equity-Konsolidierung etc.) der Einzelgesellschaft in den Konsolidierungskreis berücksichtigt werden. Ebenso müssten Bedingungen und Prozentsätze definiert werden. […]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die von der Klägerin eingebauten […] Regeln unter die Geheimhaltungsvereinbarung fallen.
3.4.3.1.2. Die Klägerin behauptet, […], dass die C._____ AG Anpassungen an den Konsolidierungsregeln vorzunehmen gehabt habe. Diese Regeln bestünden in dem von der Klägerin mit ihrer Parametrisierungslösung in die SAP FC der Beklagten integrierten Rechenregelwerk. Jede Arbeit an den Konsolidierungsregeln setze daher zwingend Einblick in die Parametrisierungslösung der Klägerin voraus. […]
Die Beklagte führt zwar aus, die C._____ AG habe keinen Zugriff auf die „Datenbasis“ gehabt. Wie eine Unterstützung bei Anpassungsarbeiten ohne Kenntnis der zugrundeliegenden Mechanismen möglich sein soll, ist allerdings schwer nachvollziehbar. Die Beklagte stellt denn auch nicht kategorisch in Abrede, die C._____ AG mit entsprechenden zur Durchführung einer sinnvollen Beratung erforderlichen Informationen bedient zu haben. Dies soll im Rahmen eines „Überdie-Schulter-Schauens“ geschehen sein. Dieses genügt jedoch für eine Einsichtnahme durch die C._____ AG. Eine solche erfordert nicht zwingend, dass die C._____ AG, ausgestattet mit entsprechenden Zugriffsrechten, die Lösung auch physisch kopieren kann.
[…]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Beklagte die eingebauten Regeln der C._____ AG offengelegt hat.
3.4.3.2. Erfassungsberichte
3.4.3.2.1. Die Klägerin behauptet, das Menü für die Datenerfassung sowie die einzelnen Datenerfassungsberichte seien in SAP FC selbst nicht vorhanden. Die einzelnen Eingabeberichte (auch als Erfassungsberichte bezeichnet) seien der Beklagten durch die Überspielung aus der Parametrisierungslösung für IFRS durch die Klägerin zur Verfügung gestellt worden […]. Anschliessend bildet sie das Einstiegsmenü und einen Auszug aus dem Eingabebericht „Bilanz“ ab.
[…].
Die Beklagte macht somit im selben Absatz geltend, die Erfassungsberichte in der Parametrisierungslösung würden gegenüber dem SAP-FC-Starter-Kit keine besondere Leistung darstellen und diese wichen vom etablierten SAP-FC-Standard ab. Soweit die Beklagte damit sagen will, die Erfassungsberichte in der Parametrisierungslösung der Klägerin seien von schlechter Qualität, stellt dies lediglich eine Bewertung der klägerischen Leistung dar. Selbst wenn diese Einschätzung der Beklagten zutreffen würde, würde dies am Geheimhaltungsinteresse der Klägerin noch nichts ändern. Ein solches entfiele nur, wenn es sich bei den Erfassungsberichten um triviale und allgemein bekannte Datenmasken handeln würde. Es lässt sich durchaus in Frage stellen, ob das Eingangsmenü in […] eine hinreichende Originalität aufweist, um ein Geheimhaltungsinteresse zu begründen.
[…]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die von der Klägerin eingebauten Erfassungsberichte unter die Geheimhaltungsvereinbarung fallen.
3.4.3.2.2. Die Klägerin behauptet, […] dass die C._____ AG Anpassungen an den Eingabeberichten vorzunehmen gehabt habe. Diese Eingabeberichte würden wie gezeigt ausschliesslich aus der Parametrisierungslösung der Klägerin stammen. Indem die C._____ AG Anpassungen an den Eingabeberichten vorgenommen habe, habe sie zwangsläufig Einsicht in die Parametrisierungslösung der Klägerin genommen.
[…]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Beklagte die eingebauten Erfassungsberichte der C._____ AG offengelegt hat.
3.4.3.3. Freischaltungen
3.4.3.3.1. Die Klägerin behauptet, in SAP FC seien weder Konten noch Bewegungen und damit auch keine Freischaltung vorgegeben. Die Konten, Bewegungen und Freischaltungen auf der SAP FC-Version der Beklagten würden aus der Parametrisierungslösung der Klägerin stammen. […]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die von der Klägerin eingebauten Freischaltungen unter die Geheimhaltungsvereinbarung fallen.
3.4.3.3.2. Die Klägerin behauptet weiter, […] dass die Beklagte die C._____ AG u.a. mit dem Anpassen der Ein- und Ausgabeberichte sowie der Konsolidierungsregeln und der Segmentberichterstattung beauftragt habe. Um diese Arbeiten ausführen zu können, habe C._____ AG Zugriff auf das erwähnte Menü Freischaltungen haben müssen, um Anpassungen und Ergänzungen an Konten, Bewegungen und Berichten vornehmen zu können.
[…]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe die eingebauten Freischaltungen der C._____ AG offengelegt, teilweise unbewiesen geblieben, im Übrigen aber als zugestanden zu betrachten ist.
3.4.3.4. Kontrollen
3.4.3.4.1. Die Klägerin behauptet, zur Prüfung der von den Einzelgesellschaften erfassten Werte müssten Kontrollen in SAP FC definiert werden. Diese Definitionen seien vollumfänglich von der Klägerin vorgenommen und der Beklagten mit der Parametrisierungslösung zur Verfügung gestellt worden.
[…]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die von der Klägerin eingebauten Kontrollen unter die Geheimhaltungsvereinbarung fallen.
3.4.3.4.2. Die Klägerin behauptet weiter, […] habe C._____ AG Anpassungen an den Kontrollregeln vorzunehmen gehabt. Indem C._____ AG Anpassungen an den aus der Parametrisierungslösung der Klägerin stammenden Kontrollregeln ausgeführt habe, habe sie daher zwangsläufig Einsicht in die Parametrisierungslösung der Klägerin genommen.
[…]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Beklagte die eingebauten Kontrollen der C._____ AG offengelegt hat.
3.4.3.5. Auswertungen
3.4.3.5.1. Die Klägerin behauptet, SAP FC enthalte keine Berichte für die Auswertung der Daten auf Stufe Einzelgesellschaft sowie für die konsolidierten Werte. Diese Berichte seien in der von der Beklagten verwendeten SAP FC vollumfänglich aus der Parametrisierungslösung der Klägerin übernommen worden. […]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die von der Klägerin eingebauten Auswertungen unter die Geheimhaltungsvereinbarung fallen.
3.4.3.5.2. Die Klägerin behauptet weiter, […] dass C._____ AG Anpassungen an den Ausgabeberichten vorzunehmen gehabt habe. Diese Ausgabeberichte stammten wie gezeigt vollumfänglich aus der Parametrisierungslösung der Klägerin. Im Weiteren habe C._____ AG nicht nur Anpassungen an bestehenden Berichten vorgenommen, sondern habe auch neue Berichte anlegen müssen.
[…]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe die eingebauten Auswertungen der C._____ AG offengelegt, teilweise unbewiesen geblieben, im Übrigen aber als zugestanden zu betrachten ist.
3.4.4. Zwischenergebnis
Aufgrund der obigen Erwägungen vermag die Beklagte mehrheitlich nicht substantiiert zu bestreiten, dass sie der C._____ AG mindestens teilweise geheimhaltungsbedürftige Elemente der Parametrisierungslösung der Klägerin zugänglich gemacht hat. […] In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus, dass die Beklagte die Geheimhaltungsvereinbarung nach dem Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 durch Offenlegung gegenüber der C._____ AG verletzt hat.
[…]
3.5. Pflichtverletzung betreffend D._____ Group AG
3.5.1. Mit der Replikschrift vom 14. Juli 2015 hat die Klägerin die Klage geändert bzw. erhöht, da die Beklagte während des Prozesses mit dem Beizug der D._____ Group AG einem weiteren Drittunternehmen Einblick in ihre Parametrisierungslösung gewährt habe. Der Beizug der D._____ Group AG durch die Beklagte im Zusammenhang mit der Integration der von ihr übernommenen P._____ GmbH sowie der Wechsel von Q._____ und R._____ von der C._____ AG zur D._____ Group AG sind zwischen den Parteien im Grundsatz unbestritten.
[…]
3.5.3. Zwischen den Parteien ist unbestritten, dass die Beklagte im Rahmen der Integration der P._____-Einheit die Dienstleistungen der D._____ Group AG zur Anpassung der Konsolidierungslösung in Anspruch genommen hat. Die von der Beklagten benannten Arbeiten umfassen schwergewichtig Anpassungen der Schnittstellen zwischen der P._____-Einheit und dem Konzern der Beklagten. Auch wenn die jeweiligen Kontenpläne eigene betriebliche Informationen der Beklagten und der von ihrem Konzern erworbenen P._____-Einheit darstellen, ist selbst eine blosse Beratung im Zusammenhang mit der Konsolidierungslösung ohne Einsichtnahme in diese schlicht undenkbar. Dies haben die Erwägungen im Zusammenhang mit den Arbeiten der C._____ AG deutlich gezeigt (Ziffer 3.4 oben). Da ein Beratungsunternehmen nach allgemeiner Erfahrung über ein internes Wissensmanagement verfügt (Ziffer 3.3.3 oben), stellt der Wechsel zur D._____ Group eine erneute Verletzung der Geheimhaltungsvereinbarung dar.
Im konkreten Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei der D._____ Group AG um eine Neugründung ehemaliger Mitarbeiter der C._____ AG handelt. Dieselben Berater, welche die Beklagte bei der C._____ AG betreut haben, sind weiterhin in dieser Eigenschaft bei der D._____ Group AG tätig. Diese kannten die bei der Beklagten implementierte SAP-Financial-Consolidation-Lösung deshalb bereits von ihrer früheren Tätigkeit. Da die Klägerin nach Ende 2013 unstreitig keine Arbeiten bei der Beklagten mehr vorgenommen hatte, befand sich die bei der Beklagten angetroffene Konsolidierungslösung zum Zeitpunkt des P._____-Projekts auf demselben Stand wie damals. Dieser Umstand relativiert die Relevanz einer erneuten Offenlegung stark.
Der Umstand, dass sich der Personenkreis gegenüber der C._____ AG durch die Übertragung auf die D._____ Group AG nicht vergrössert hat, wird im Rahmen der Frage, ob die Höhe der Konventionalstrafe herabzusetzen ist, zu berücksichtigen sein (Ziffer 3.8.3 unten).
3.5.4. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Beklagte die Geheimhaltungsvereinbarung nach dem Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 durch Offenlegung gegenüber der D._____ Group AG verletzt hat.
3.6. Vertretenmüssen
3.6.1. Die Konventionalstrafe verfällt nach dispositivem Gesetzesrecht nur, wenn die Schuldnerin die Pflichtverletzung zu vertreten hat (Art. 163 Abs. 2 OR). Ein Verschulden ist dabei zu vermuten (Art. 97 Abs. 1 OR).
3.6.2. Die Parteien haben zwar keine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass die Konventionalstrafe auch bei fehlendem Verschulden geschuldet sei. Die Beklagte hat jedoch auch nicht behauptet, sie treffe kein Verschulden.
3.6.3. Die gesetzliche Verschuldensvermutung ist unwiderlegt geblieben. Die Beklagte hat die Verletzung der Geheimhaltungsvereinbarung zu vertreten.
3.7. Ungültigkeit der Konventionalstrafe
3.7.1. Eine vereinbarte Konventionalstrafe zur Sicherung einer widerrechtlichen oder unsittlichen Verpflichtung ist ungültig; ebenso kann die Gläubigerin eine vereinbarte Konventionalstrafe nicht fordern, wenn die Erfüllung der Verpflichtung durch einen von der Schuldnerin nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist (Art. 163 Abs. 2 OR). Eine subjektive Unmöglichkeit liegt dabei bereits dann vor, wenn „nach Treu und Glauben im Verkehr dem Schuldner die weitere Erfüllung nicht mehr zumutbar ist“ (BGE 82 II 332 E. 5 S. 338). Die Gläubigerin kann sich auch nicht auf die Konventionalstrafe berufen, wenn sie „die Nichterfüllung veranlasst oder genehmigt hat“ (HERMANN BECKER, in: Berner Kommentar, Band VI/1, 2. Aufl. 1945, N. 6 zu Art. 163 OR).
3.7.2. Die Beklagte vertritt zunächst die Ansicht, auf die Parametrisierungslösung der Klägerin sei Art. 12 Abs. 2 URG analog anwendbar. Die Klägerin habe diese durch Einräumung eines unbefristeten Nutzungsrechts an die Beklagte im Sinne dieser Bestimmung veräussert. Dagegen vertritt die Klägerin die Ansicht, für eine analoge Anwendung von Art. 12 Abs. 2 URG verbleibe kein Raum, da die Interessenlage und die Wertungsgesichtspunkte nicht mit Computerprogrammen vergleichbar seien. Im Unterschied zu einem Computerprogramm, bei welchem der Erwerber bzw. Lizenznehmer keinen Zugriff auf den Quellcode habe, bestehe bei der Parametrisierungslösung keine solche technische Schutzmöglichkeit. Zudem wäre die Einsichtnahme durch Dritte auch nicht von Art. 12 Abs. 2 URG und Art. 17 Abs. 1 URV gedeckt.
Weiter vertritt die Beklagte die Ansicht, Unmöglichkeit i.S.d. Art. 163 Abs. 2 OR liege auch vor, wenn dem Schuldner nach Treu und Glauben im Verkehr die weitere Erfüllung unzumutbar sei. Da die Beklagte die vereinbarten Leistungen schlecht erfüllt habe, diese mangelhaft und überteuert gewesen seien, und sich die Klägerin äusserst unflexibel in Bezug auf die Freihaltung von Ressourcen für Einsatztermine gezeigt sowie schliesslich mit Leistungseinstellung gedroht habe, sei es der Beklagten nicht mehr zumutbar gewesen, die vertraglichen Nutzungsbeschränkungen zu respektieren. Dagegen vertritt die Klägerin die Ansicht, sie habe die Leistungen nicht schlecht erfüllt, weshalb keine Unzumutbarkeit vorliege.
3.7.3. Die Parteien sind sich einig, dass eine direkte Anwendung von Art. 12 Abs. 2 URG ausscheidet, da es sich bei der Parametrisierungslösung der Klägerin nicht um ein Computerprogramm im Sinne dieser Bestimmung handelt. Das ist zutreffend. Es stellt sich nur noch die Frage, ob die Bestimmung von Art. 12 Abs. 2 URG analog anwendbar sei.
Die Regelung in Art. 12 Abs. 2 URG betrachtet das Gebrauchsrecht an einem Computerprogramm als Ausfluss des Erschöpfungsgrundsatzes (GEORG RAUBER, in: Magda Streuli-Youssef (Hrsg.), Urhebervertragsrecht, 2006, S. 171-172 m.H.; THOMAS SEMADENI, Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht, 2004, S. 64-65). Voraussetzung des Gebrauchsrechts ist die Veräusserung des Computerprogramms durch die Urheberschaft (Art. 12 Abs. 2 URG). Darunter fällt auch die dauerhafte Überlassung im Rahmen eines Software-Lizenzvertrags, wenn dies einer definitiven Aufgabe der Verfügungsmöglichkeit über das entsprechende Softwareexemplar gleichkommt (FRÖHLICH-BLEULER, a.a.O., N 143; SEMADENI, a.a.O., S. 48-49).
Die Beklagte verfügt an der Parametrisierungslösung über ein dauerhaftes Benutzungsrecht, welches allerdings nicht übertragbar ist. Das lässt es bereits als fraglich erscheinen, ob dieser Tatbestand einer Veräusserung nach Art. 12 Abs. 2 URG gleichzustellen wäre.
Selbst wenn die Bestimmungen über das Gebrauchsrecht anwendbar wären, könnte die Klägerin als Rechteinhaberin diese mit Ausnahme des zwingenden Kerns vertraglich einschränken (FRÖHLICH-BLEULER, a.a.O., N 167). Zum zwingenden Kern gehört auch ein Anpassungs- und Fehlerbehebungsrecht (FRÖHLICH-BLEULER, a.a.O., N 164, 1715; RAUBER, a.a.O., S. 184 f.; Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, ABl. L 111/16 vom 5. Mai 2009). Diese zwingende Befugnis gilt jedoch nur im Rahmen der für die bestimmungsgemässe Nutzung bestehenden Notwendigkeit (Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG), soweit die Rechteinhaberin die Fehler nicht selber behebt (FRÖHLICH-BLEULER, a.a.O., N 164, 1716). Ausserhalb dieses Kernbereichs ist eine vertragliche Beschränkung zulässig (FRÖHLICH-BLEULER, a.a.O., N 164).
Die Geheimhaltungsvereinbarung betrifft lediglich den Beizug Dritter zur Vornahme von Anpassungsarbeiten. Eine Anpassung der Parametrisierungslösung durch die Beklagte schliesst sie dagegen nicht aus. Die Einschränkung bezüglich Einsichtnahme ist jedoch durch die im Unterschied zu Software fehlende technische Schutzmöglichkeit gerechtfertigt. Deshalb lässt sich die Bestimmung von Art. 12 Abs. 2 URG nicht analog anwenden, und es wäre auch fraglich, ob sie bei einer analogen Anwendung überhaupt verletzt wäre.
Was die Unmöglichkeit betrifft, so ist der Gegenstand der zu sichernden Verpflichtung die Geheimhaltung. Dagegen ist die Beklagte nicht etwa verpflichtet, weiterhin Leistungen von der Klägerin zu beziehen. Der Zwang zum Beizug der Klägerin für die Durchführung von Anpassungsarbeiten ist lediglich faktischer Natur, denn diese könnte aufgrund der Geheimhaltungsvereinbarung keine Arbeiten an der Parametrisierungslösung durch Dritte vornehmen lassen, womit die bisher in die Parametrisierungslösung und ihre Anpassungen getätigten Investitionen zu einem grossen Teil wertlos würden. Der Beklagten stünde es jedoch frei, die klägerische Parametrisierungslösung durch eine andere Lösung zu ersetzen. Die Geheimhaltungsvereinbarung stellt damit zwar eine Beschränkung der Handlungsfreiheit der Beklagten dar. Als solche ist sie jedoch weder unzulässig, noch ist es der Beklagten unzumutbar, sich weiterhin daran zu halten. Selbst wenn anzunehmen ist, die Beklagte habe in der Tat zum Vertrauensbruch mit der Klägerin beigetragen, lässt sich noch nicht sagen, diese habe den Bruch der Geheimhaltungsverpflichtung veranlasst. Die bestehende faktische Abhängigkeit von der Klägerin ist im Rahmen einer allfälligen Herabsetzung der Konventionalstrafe zu prüfen.
3.8. Herabsetzung der Konventionalstrafe
3.8.1. Das Gericht kann eine übermässig hohe Konventionalstrafe nach seinem Ermessen herabsetzen (Art. 163 Abs. 3 OR). Die Ermessensausübung hat nach Recht und Billigkeit zu erfolgen (Art. 4 ZGB; BECKER, a.a.O., N. 8 zu Art. 163 OR). Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Herabsetzung sind dabei von der Schuldnerin zu behaupten und nachzuweisen (BGE 103 II 108 S. 109; BGE 114 II 264 E. 1b S. 265; BGE 133 III 43 E. 4.1 S. 53-54).
Nach schweizerischem Recht stellt die Herabsetzung der Konventionalstrafe (im Gegensatz zu § 343 BGB) nicht eine gerichtliche Befugnis dar, gestaltend in den Vertrag einzugreifen, sondern ist ähnlich der erheblichen Äquivalenzstörung (clausula rebus sic stantibus) Ausfluss des Prinzips von Treu und Glauben (BGE 138 III 746 E. 6.1.1 S. 748; a.A. noch VON TUHR/ESCHER, a.a.O., S. 284). Bei der Herabsetzung einer Konventionalstrafe ist Zurückhaltung geboten (BGE 82 II 142 E. 3 S. 146; BGE 95 II 532 E. 5 S. 540). Im Streitfall ist deshalb festzustellen, ob sich die vollständige Aufrechterhaltung der Konventionalstrafe noch mit Treu und Glauben vereinbaren lässt (BGE 138 III 746 E. 6.1.2 S. 748-749). Eine Herabsetzung ist gerechtfertigt, „wenn zwischen der Konventionalstrafe und dem Interesse des Gläubigers an der Erfüllung ein krasses Missverhältnis besteht“ (BGE 103 II 108 S. 108-109). Das Missverhältnis ist dabei nicht abstrakt, sondern anhand der konkreten Umstände zu beurteilen (BGE 103 II 108 S. 108-109; BGE 114 II 264 E. 1a S. 264-265 m.w.H.).
Der Umstand, dass die Konventionalstrafe den Betrag übersteigt, welchen die Gläubigerin als Schadenersatz fordern könnte, führt alleine noch nicht zur Übermässigkeit der Konventionalstrafe, ist jedoch mit zu berücksichtigen (BGE 103 II 108 S. 109; BGE 114 II 264 E. 1b S. 265; BGE 133 III 43 E. 4.1 S. 53-54). Kann die Gläubigerin die Konventionalstrafe bei jeder Verletzung neu fordern, so darf die Höhe der Konventionalstrafe nicht in einem übermässigen Verhältnis zum höchstmöglichen Schaden stehen (BGE 68 II 169 E. 3 S. 175). Daneben sind als massgebliche Kriterien zu nennen die (objektive) Schwere der Vertragsverletzung durch die Schuldnerin, deren Verschulden und die wirtschaftliche Lage der beteiligten Personen (BGE 82 II 142 E. 3 S. 146 m.H.; BGE 91 II 372 E. 11 S. 383; BGE 103 II 129 E. 4 S. 135; BGE 114 II 264 E. 1a S. 264; VON TUHR/ESCHER, a.a.O., S. 285-286; Kasuistik bei BECKER, a.a.O., N. 9-18, 24 zu Art. 163 OR; EHRAT/WIDMER, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 16-17 zu Art. 163 OR). Zu berücksichtigen sind auch allfällige Abhängigkeiten einer Vertragspartei (BGE 114 II 264 E. 1a S. 264). Für die Beurteilung der Herabsetzung der Konventionalstrafe ist somit eine Abwägung zwischen den Interessen der Gläubigerin und denjenigen der Schuldnerin erforderlich.
3.8.2. […]
3.8.3. Die quantitative Bestimmung des Interesses der Klägerin an der Einhaltung der Geheimhaltungsvereinbarung ist zwischen den Parteien streitig. Auf die Bezifferung des Entwicklungsaufwands der Klägerin ist bereits deshalb nicht abzustellen, weil nicht klar ist, worauf sich der Entwicklungsaufwand von 10’000 Arbeitsstunden bezieht. Sollte dieser dem Aufwand für die Entwicklung der ursprünglichen Parametrisierungslösung entsprechen, so ist zu berücksichtigen, dass die Grundlösung der ständigen Anpassung an die sich ändernden regulatorischen und technologischen Anforderungen bedarf. Dasselbe gilt auch, wenn die geltend gemachte Zahl als kumulativer Aufwand bis zur Klageeinleitung zu verstehen ist. Ebenfalls nicht dargetan ist die Höhe eines drohenden Schadens. Auf die genauen Zahlen kommt es allerdings nicht an. Das Gläubigerinteresse besteht darin, dass die Klägerin die Parametrisierungslösung als solche allenfalls nicht mehr vermarkten könnte. Die Lizenzgebühr für die Grundlösung macht von den Umsätzen der Klägerin nur einen verhältnismässig kleinen Teil aus. Den übrigen Umsatz erbringt die Klägerin mit Anpassungs- und Beratungsleistungen. Diese Kompetenzen der Klägerin stellt eine Offenlegung der Parametrisierungslösung nicht in Frage.
Hinsichtlich der objektiven Schwere der Vertragsverletzung fällt ins Gewicht, dass die Beklagte die Parametrisierungslösung einem Konkurrenzunternehmen offengelegt hat. Dieser Umstand ist allerdings in der eher hohen Konventionalstrafe bereits berücksichtigt. Eine Offenlegung der Parametrisierungslösung an nicht fachkundige Personen könnte die Klägerin mit einer gewissen Gelassenheit zur Kenntnis nehmen, weil solche Personen mit diesen Informationen gar nichts anzufangen wüssten. Naturgemäss kann die Geheimhaltungsverpflichtung nur im Hinblick auf potenzielle Konkurrenten abgefasst sein. Deshalb vermag die objektive Schwere der Vertragsverletzung allfällige Herabsetzungsgründe nur beschränkt zu kompensieren.
Subjektiv hat die Beklagte zwar vorsätzlich gegen die Geheimhaltungsverpflichtung verstossen. Ihr Verschulden wiegt jedoch nicht allzu schwer. Zum Zeitpunkt des Wechsels war das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien offensichtlich gestört, was sich schon aus der Episode mit den Rechnungskürzungen, aber auch etwa aus dem internen „Antrag Wechsel BOFC Berater“ der Beklagten vom 18. Dezember 2013 ergibt. Der Beklagten war die Einhaltung der Geheimhaltungsverpflichtung deshalb zwar nicht gerade unmöglich, doch sind ihre Motive nachvollziehbar. Der Aufbau einer neuen Parametrisierung hätte jedenfalls eine eher hypothetische Möglichkeit dargestellt und die Kontinuität der Konsolidierung und die Investition in die bestehende Lösung in Frage gestellt. Die Situation der Beklagten ist in der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Auch wenn ihr ein Wechsel der Partnerin für die Parametrisierungslösung nicht verwehrt gewesen wäre, befand sie sich doch faktisch in einer Abhängigkeit von der Klägerin, da ein Wechsel die Weiterführung der bestehenden Parametrisierungslösung verunmöglicht und eine vollkommen neue Parametrisierung bedingt hätte. Zudem sicherte sich die Beklagte bei der neuen Partnerin mit einer Geheimhaltungsvereinbarung ab. Ein Eigeninteresse an der Offenlegung konnte sie jedenfalls nicht haben, denn dafür fehlt jegliches Motiv. Es ging der Beklagten einzig darum, weiter gewisse Anpassungen an der bestehenden Parametrisierungslösung vornehmen zu können. Allerdings lässt die Geheimhaltungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der C._____ AG bzw. später auch der D._____ Group AG das Interesse der Klägerin an der Einhaltung ihrer Geheimhaltungserklärung mit der Beklagten auch nicht einfach dahinfallen. Die Klägerin ist an der Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Drittunternehmen nicht beteiligt. Sie kann aus dieser weder Rechte ableiten noch deren Einhaltung überprüfen oder eine spätere Abänderung verhindern. Mit diesem Vorgehen könnte durch eine Kette von Geheimhaltungserklärungen die Geheimhaltungsvereinbarung zwischen den Parteien ad absurdum geführt werden. Es wäre indessen reine Spekulation, der Beklagten eine solche Absicht zu unterstellen. In diesem Zusammenhang ist es auch von untergeordneter Bedeutung, ob die Geheimhaltungserklärung rechtsgültig unterzeichnet und mit einer Konventionalstrafe bewehrt ist oder nicht. Es kommt selbst unter rechtlich versierten Leuten vor, dass sie der Unterschriftsberechtigung nicht die erforderliche Aufmerksamkeit schenken. Auch in diesem Punkt lässt sich der Beklagten keine Absicht nachweisen.
Die Höhe der Konventionalstrafe hinsichtlich der Offenlegung an die C._____ AG erscheint nicht als übermässig. Die Verdoppelung der Konventionalstrafe wegen der Offenlegung gegenüber der D._____ Group AG ist jedoch fraglich, wenn die Umstände im vorliegenden Fall berücksichtigt werden. Die Beklagte hat nicht ein beliebiges Drittunternehmen mit der Unterstützung bei der Anpassung der bei ihr implementierten Konsolidierungslösung beauftragt, sondern ist dem Wechsel der bisherigen Berater zum neuen Unternehmen gefolgt. Damit hat sie in der Tat das Risiko einer Weiterverbreitung minimiert. Die konkreten Verhältnisse sind zusammen mit dem Umstand, dass der Klägerin bei jeder neuen Verletzung durch die Beklagte eine Konventionalstrafe fordern kann, zu berücksichtigen. Beim P._____-Projekt ging es um Anpassungen an der den entsprechenden Beratern bereits bekannten Konsolidierungslösung (Ziffer 3.5.3 oben). Die Forderung einer zusätzlichen Konventionalstrafe in voller Höhe wegen der erneuten Verletzung der Geheimhaltungsverpflichtung ist unter Berücksichtigung dieser Umstände deshalb übermässig.
Der Umfang der Herabsetzung ist ebenfalls nach pflichtgemässem Ermessen zu bestimmen (GAUCH/SCHLUEP/EMMENEGGER, a.a.O., N 3824). Ausschlaggebend für die Reduktion der Konventionalstrafe ist die Vereinbarung, dass diese erneut verfällt, wenn die Geheimhaltungsvereinbarung gegenüber weiteren Personen verletzt wird, obwohl konkret eine personelle Identität zwischen bisherigen und neuen die Kenntnis erlangenden Beratern besteht. Dieser Umstand muss auch für die Bestimmung des Umfangs der Reduktion wegleitend sein. Den massgeblichen Gesichtspunkten ist Rechnung getragen, indem die Konventionalstrafe für die Pflichtverletzung betreffend D._____ Group AG auf rund 10 %, mithin CHF 40’000.00, herabgesetzt wird. Damit finden sowohl die Parteivereinbarung als auch die gegenläufigen Interessen der Parteien hinreichend Berücksichtigung.
3.9. Nebenforderung
[…]
3.10. Ergebnis
Die Beklagte ist zu verpflichten, der Klägerin CHF 410’000.00 zuzüglich Zins zu 5 % auf CHF 370’000.00 seit dem 11. Juli 2014 und auf CHF 40’000.00 seit dem 14. Juli 2015 aus Art. 160 Abs. 1 OR sowie Ziffer 7.2 des Implementierungsvertrags vom 6./8. Dezember 2011 zu bezahlen. Im Mehrbetrag ist die Klage abzuweisen.
4. Widerklage
4.1. Zusammensetzung der Forderung
Die Beklagte fordert von der Klägerin widerklageweise einen aus verschiedenen Positionen zusammengesetzten Gesamtbetrag von CHF 63’531.17:
Rückforderung von Honorar im Zusammenhang mit der Erstellung von Finanzberichten CHF 23’760.00
Rückforderung von Honorar für das Umstellungsprojekt CHF 9’873.38
Minderung des verbliebenen Honorars für das Umstellungsprojekt CHF 29’897.79
Die verschiedenen Ansprüche der Beklagten sind einzeln auf ihre Grundlagen zu prüfen.
4.2. Rückforderung von CHF 23’760.00 für die Berichterstattung
4.2.1. Anspruchsgrundlage
4.2.1.1. Die freiwillige Bezahlung einer Nichtschuld kann der Leistende zurückfordern, wenn er sich über die Schuldpflicht in einem Irrtum befunden hat (condictio indebiti; Art. 63 Abs. 1 OR). Besteht allerdings ein vertraglicher Rückerstattungsanspruch, schliesst dies einen Bereicherungsanspruch aus (BGE 126 III 119 E. 3b S. 121-122; BGE 127 III 421 E. 3 S. 424-425; BGE 130 III 504 E. 6.1 S. 510; BGE 133 III 356 E. 3.2.1 S. 358-359). Nach vertraglichen Grundsätzen sind etwa Rückleistungsansprüche aus dem Leistungsstörungsrecht (BGE 114 II 152 E. 2c/bb S. 158) oder aus zu viel geleisteten Akontozahlungen (BGE 126 III 119 E. 3d S. 122) zu behandeln. Dagegen unterstehen die Rückforderung zu viel bezahlter Rechnungen (BGE 127 III 421 E. 3c/bb S. 426-427; Urteil des Bundesgerichts 4C.212/2002 vom 19. November 2002 E. 4.2) oder Rückerstattungsansprüche nach einer Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums (BGE 133 III 356 E. 3.2.1 S. 358-359; BGE 134 III 438 E. 2.4 S. 443-444; BGE 137 III 243 E. 4.4.3 S. 249-250; missverständlich und unterdessen überholt BGE 129 III 320 E. 7.1.1 S. 328; BGE 132 III 242 E. 4.1 S. 244-245; weitergehend auch der Vorschlag in Artt. 45, 79 Abs. 1 OR 2020) dem Bereicherungsrecht. Die Rechtsnatur ist für jeden Anspruch einzeln zu bestimmen (BGE 130 III 504 E. 6.2 S. 510-511; BGE 133 III 356 E. 3.2.1 S. 358-359; BGE 137 III 243 E. 4.4.1 S. 247-248). Der Umstand, dass die Parteien durch einen Vertrag gebunden sind, führt nicht dazu, dass sämtliche gegenseitigen Ansprüche vertraglicher Natur sind (BGE 130 III 504 E. 6.2 S. 510-511; BGE 133 III 356 E. 3.3.1 S. 359-360).
4.2.1.2. Die Beklagte begründet ihren Anspruch damit, dass die Klägerin die Leistungen von S._____ im Rahmen der Unterstützung bei der Erstellung von Finanzberichten in Rechnung gestellt habe, obwohl zahlreiche an sie gerichtete Anfragen solche gewesen seien, welche an sich durch den Hotline-Vertrag abgedeckt gewesen seien. Die Beklagte beruft sich damit zwar darauf, es habe keine Grundlage bestanden, ihr diese Honorare in Rechnung zu stellen. Letztlich bleibt jedoch unklar, ob sie in der Sache nicht eher die Rückerstattung oder Anrechnung der auf den Hotline-Vertrag geleisteten Zahlungen verlangt, denn jedenfalls berechnet die Beklagte den Rückforderungsbetrag aufgrund der Gebühr des Hotline-Vertrags. Im einen wie im anderen Fall entspricht der Sachverhalt jedenfalls der Bezahlung einer unbegründeten Rechnung oder allenfalls einer Zuviel- oder Doppelbezahlung. Im Unterschied zu Akonto-Zahlungen besteht zwischen den Parteien keine Vereinbarung über ein Abrechnungsverhältnis. Ein solches wäre jedoch Voraussetzung dafür, den Anspruch dem Vertragsrecht zu unterstellen (BGE 126 III 119 E. 3d S. 122; BGE 133 III 356 E. 3.2.2 S. 359; Urteil des Bundesgerichts 4C.212/2002 vom 19. November 2002 E. 4.2). Dagegen spricht eine von den Parteien getroffene Saldoabrede für einen nichtvertraglichen Anspruch (BGE 133 III 356 E. 3.2.2 S. 359).
4.2.1.3. Aus den angeführten Gründen ist der Anspruch auf Rückforderung von CHF 23’760.00 bereicherungsrechtlicher Natur. Der Anspruch setzt folglich voraus, dass die Zahlung (i) zur Tilgung einer Schuld erfolgte (Leistungskondiktion), (ii) die in Wirklichkeit nicht bestand Rechtsgrundlosigkeit) und (iii) die leistende Person irrtümlich vom Bestehen dieser Schuld (Irrtum über die Leistungspflicht) ausging (BGE 64 II 121 E. 1 S. 125).
4.2.2. Leistungskondiktion
Die Beklagte bezieht sich auf die gesamten Zahlungen für die Unterstützung der Beklagten bei der internen/externen Berichterstattung durch die Klägerin. Die Klägerin bestreitet nicht, dass die Beklagte diese Zahlungen getätigt hat. Die Leistung der Klägerin erfolgte zur Tilgung einer Schuld. Der Anspruch ist deshalb ein solcher aus Leistungskondiktion.
4.2.3. Rechtsgrundlosigkeit
4.2.3.1. Ungerechtfertigt ist die Bereicherung nur, wenn es an einem Rechtsgrund fehlt. Wären die Leistungen bereits vom Hotline-Vertrag vom 16./21. Dezember 2011 (Ziffer 2.3.2 oben) erfasst, würde es für die Verrechnung unter den Engagement Letters vom 25./26. Juni 2013 betreffend die Unterstützung bei der Berichterstattung an einem Rechtsgrund fehlen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin ihre Leistungen im Zusammenhang mit der Unterstützung der Beklagten bei der Berichterstattung unter dem Titel Engagement Letter vom 25./26. Juni 2013 oder Hotline-Vertrag vom 16./21. Dezember 2011 erbracht hat bzw. hätte erbringen müssen. Da die Beklagte ihre Rückforderung aus dem fehlenden Rechtsgrund herleitet, trägt sie dafür die Beweislast.
[…]
4.2.3.3. […] Damit deckt sich der Anwendungsbereich des Hotline-Vertrags und der Engagement Letters vom 25./26. Juni 2013 gerade nicht, so dass die unter die Engagement Letters fallenden Leistungen der Klägerin zusätzlich zu vergüten sind.
Die erwähnte Auslegung des Hotline-Vertrags führt hingegen auch dazu, dass der Aufwand für internen Austausch zwischen N._____ und S._____ im Zusammenhang mit der Bedienung der Parametrisierungslösung nicht unter den Hotline-Vertrag fällt. Damit vermag die Klägerin zwar lediglich 6.50 Stunden Aufwand für das Jahr 2013 zu belegen. Für die Beurteilung des Rückerstattungsanspruchs ist jedoch nicht entscheidend, welche der Parteien vom Hotline-Vertrag profitiert hat. Erstens macht die Beklagte keine Minderung der Hotline-Gebühr geltend. Zweitens haben die Parteien durch die Vereinbarung eines Pauschalpreises eine Risikoverteilung getroffen. Somit trägt die Klägerin das Risiko, dass die Beklagte viele Anfragen stellt, die unter den Hotline-Vertrag fallen, und die Beklagte, dass kein Bedarf für Anfragen besteht. Diese Verteilung kann nachträglich nicht oder allenfalls nur durch Ausnahmeklauseln wie Grundlagenirrtum oder eine erhebliche Äquivalenzstörung (clausula rebus sic stantibus) in Frage gestellt werden.
Die Beklagte hat ihre Zahlungen somit aufgrund der Engagement Letters vom 25./26. Juni 2013 sowie der von der Klägerin erbrachten Leistungen ausgeführt. Eine rechtsgrundlose Leistung liegt nicht vor.
4.2.4. Irrtum über die Leistungspflicht
Nachdem ein Anspruch bereits mangels Rechtsgrundlosigkeit der Leistung zu verneinen ist, bleibt lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken, dass bei freiwilliger Bezahlung einer Nichtschuld (condictio indebiti) nach Art. 63 Abs. 1 OR die Beklagte auch noch nachzuweisen hätte, dass sie sich bei der Bezahlung in einem Irrtum befunden habe. Solches behauptet die Beklagte indessen nicht.
4.2.5. Zwischenergebnis
Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Bezahlung von CHF 23’760.00 durch die Klägerin aufgrund von Art. 63 Abs. 1 OR.
4.3. Rückforderung von CHF 9’873.38 für das Umstellungsprojekt
4.3.1. Anspruchsgrundlage
Fraglich ist wiederum die Anspruchsgrundlage für die von der Beklagten geltend gemachte Rückforderung von Honorar im Umfang von CHF 9’873.38. Rückforderungsansprüche aus bezahltem, aber unberechtigtem Aufwand stützen sich auf Art. 63 Abs. 1 OR, solange keine vertragliche Grundlage aufgrund Vereinbarung oder dispositiven Gesetzesrechts besteht (zum Ganzen: Ziffer 4.2.1.1 oben). Die Vereinbarung der Parteien über das Umstellungsprojekt untersteht dem Werkvertragsrecht (Ziffer 2.3.5 oben). Entsprechend gehen die Ansprüche aus dem werkvertraglichen Gewährleistungsrecht dem Bereicherungsrecht vor. Die Beklagte beruft sich hinsichtlich der Rückforderung von CHF 9’873.38 aus dem für das Umstellungsprojekt geleisteten Honorar jedoch nicht auf das Gewährleistungsrecht, sondern macht geltend, die verrechneten Leistungen seien für das Erreichen des geschuldeten Erfolgs unnötig gewesen. Unnötiger Aufwand wirkt sich auf die Beschaffenheit des vertraglich geschuldeten Werks nicht aus (BGE 96 II 58 E. 1 S. 60-61). Der Anspruch untersteht deshalb dem Bereicherungsrecht (zu den einzelnen Voraussetzungen s. Ziffer 4.2.1.3 oben).
4.3.2. Leistungskondiktion
Die Beklagte bezieht sich auf das Honorar für das Umstellungsprojekt. Die Klägerin bestreitet nicht, dass die Beklagte diese Zahlungen getätigt hat. Die Leistung der Klägerin erfolgte zur Tilgung einer Schuld. Der Anspruch ist deshalb ein solcher aus Leistungskondiktion.
4.3.3. Rechtsgrundlosigkeit
4.3.3.1. Grundsätze
Die Parteien können die Vergütung des Unternehmers entweder zu einem Festpreis (Art. 373 OR) oder nach dem Wert der Arbeit (Art. 374 OR) festlegen. Im letzteren Fall bestimmt sich die Vergütung nach dem Aufwand des Unternehmers und nicht nach dem Wert des Werks (GAUDENZ G. ZINDEL/URS PULVER/BERTRAND G. SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 11 zu Art. 374 OR). Der Besteller hat folglich grundsätzlich den tatsächlichen Aufwand des Unternehmers zu vergüten (ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 13 zu Art. 374 OR). Der Unternehmer hat die Arbeiten jedoch sorgfältig auszuführen (Artt. 364 Abs. 1, 365 Abs. 2, 321e Abs. 2 OR; BGE 96 II 58 E. 1 S. 60-61). Deshalb ist nur derjenige Werklohn zu vergüten, der „bei sorgfältigem Vorgehen des Unternehmers zur Ausführung des Werkes genügt“ (BGE 96 II 58 E. 1 S. 61) hätte. Für objektiv unnötigen Mehraufwand schuldet der Besteller dem Unternehmer keine Vergütung (ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 13 zu Art. 374 OR).
Keine anderen Grundsätze würden sich aus dem Auftragsrecht ergeben. Das Bundesgericht nennt den Grundsatz der Honorarfestlegung nach dem objektiv gerechtfertigtem Aufwand nach Auftrags- und Werkvertragsrecht in einem Zuge (BGE 134 I 159 E. 4.4 S. 164). Auch dem Beauftragten steht für objektiv nicht gerechtfertigten Aufwand kein Vergütungsanspruch zu (BGE 117 II 282 E. 4c S. 285). Das gilt umso mehr, als im Auftragsrecht dem Beauftragten eine Vergütung nur zusteht, wenn die Parteien eine solche vereinbart haben oder diese üblich ist (Art. 394 Abs. 3 OR). Das Auftragsrecht kennt dementsprechend keine den Artt. 373/374 OR entsprechende Bestimmungen zur Festsetzung der Vergütung. Die Bestimmung der Höhe der Vergütung ist dabei einer Ermessensfrage (BGE 101 II 109 E. 2 S. 111).
Nach dispositivem (ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 15 zu Art. 372 OR) Gesetzesrecht ist die Vergütung bei der Ablieferung des Werkes fällig (Art. 372 Abs. 1 OR). Der Zeitpunkt der Rechnungsstellung beeinflusst die Fälligkeit der Vergütung grundsätzlich nicht (ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 6 zu Art. 372 OR), auch wenn die Vergütung nach Aufwand vereinbart ist (teilweise streitig; PETER GAUCH, Der Werkvertrag, 5. Aufl. 2011, a.a.O., N 1159 m.w.H.). Bei der Vergütung nach Aufwand ist dem Besteller jedoch nicht zuzumuten, ohne Vorlage einer substantiierten, prüffähigen Rechnung den Werklohn zu begleichen (GAUCH, a.a.O., N 1160). Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (Art. 2 ZGB) und die Sorgfaltspflicht des Unternehmers (Art. 364 Abs. 1 OR).
4.3.3.2. Prüfung im Einzelnen
Die Beklagte macht unter dem Titel „Rückforderung von vertrags- und weisungswidrig in Rechnung gestellten Honorarforderungen im Zusammenhang mit dem Umstellungsprojekt“ verschiedene Positionen geltend, welche je einzeln nach den dargelegten Grundsätzen zu prüfen sind.
[…]
4.3.3.2.3. Interner Transfer
Die Beklagte behauptet in der Widerklagebegründung, die Klägerin habe ihr für den durch das Ausscheiden von S._____ bedingten Know-How-Transfer insgesamt mindestens 12 Stunden in Rechnung gestellt. Dadurch seien der Beklagten weitere Kosten von mindestens CHF 6’071.75 entstanden. […]
Der Aufwand der Klägerin für 12 Stunden internen Know-How-Transfer, entsprechend CHF 6’071.00, ist objektiv nicht gerechtfertigt.
4.3.3.2.4. Erstellung von Rechnungen
Die Beklagte behauptet, sie habe am 2. Dezember 2013 darauf bestanden, dass die Klägerin ab Dezember 2013 ihre Leistungen detailliert ausweise, nachdem sie sich monatelang über zu hohe und intransparente Rechnungen geärgert habe. Die Klägerin habe der Beklagten daraufhin jeweils die entsprechenden Leistungszusammenstellungen übergeben, habe es sich aber nicht nehmen lassen, für die Zusammenstellung der Leistungsübersichten jedes Mal Sekretariatsaufwand von 0.25 Stunden in Rechnung zu stellen.
[…]
Die Parteien haben die Vergütung der Leistungen der Klägerin nach Aufwand mit monatlicher Rechnungsstellung als Regelfall vereinbart (Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 Ziffer […]; Engagement Letter vom 25./26. Juni 2013 Ziffer […]). Aus diese Vereinbarung ergibt sich, dass die Vergütung nach Rechnungsstellung fällig wird. Hinsichtlich des Detaillierungsgrades besteht keine ausdrückliche Vereinbarung. Der Beklagten muss es allerdings möglich sein, die Begründetheit der Forderung der Klägerin zu beurteilen. Jede andere Lesart würde bedeuten, dass sie sich gänzlich der Abrechnung der Klägerin unterwerfen würde, was ihr nicht zumutbar ist. Die Angabe eines Stundentotals genügt den Anforderungen an die Überprüfbarkeit nicht. Die Klägerin bestreitet zudem nicht, dass die Beklagte am 2. Dezember 2013 detaillierte Informationen zur Rechnungsstellung wünschte und die Beklagte daraufhin der Klägerin die Stundenrapporte zustellte.
Bei der Erstellung der Rechnungen handelt es sich um eine administrative Hilfstätigkeit. In der Regel sind solche Tätigkeiten in den Stundenhonoraren eingeschlossen. Im Unterschied zu den eigentlichen Beratungsleistungen ist es auf der Stufe der Administration unüblich, die aufgewendete Zeit auf die einzelnen Mandate zu belasten. Vielmehr gehört der Administrativaufwand zu den Fixkosten, welche lediglich im internen Controlling mittels Kostensätzen auf die einzelnen Projekte umgelegt werden.
[…]
Schliesslich ist anzumerken, dass sowohl die Festsetzung der Vergütung nach dem Aufwand (Art. 374 OR) als auch die monatliche Fälligkeit, wogegen nach dispositivem Gesetzesrecht der Unternehmer bis zur Ablieferung vorleistungspflichtig ist (Art. 372 OR), ausschliesslich dem Interesse der Klägerin dienen. Die Klägerin nimmt mit der Rechnungsstellung damit ihre ureigenen Interessen war.
Auch aus diesem Grund kann sie die Kosten nicht der Beklagten überwälzen, solange diese nicht selber durch vertragswidriges Verhalten, etwa durch Schuldnerverzug, dazu Anlass gegeben hat. Für solche Fälle bestehen jedoch spezielle Anspruchsgrundlagen (Artt. 97 Abs. 1, 103 Abs. 1 OR).
Die Klägerin kann den Aufwand für Rechnungsstellung im Umfang von CHF 184.63 der Beklagten nicht belasten.
4.3.4. Irrtum über die Leistungspflicht
4.3.4.1. Die Kondiktion bei Bezahlung einer Nichtschuld setzt weiter einen Irrtum des Leistenden über die Leistungspflicht oder fehlende Freiwilligkeit voraus (Art. 63 Abs. 1 OR; s. schon Ziffer 4.2.4 oben). Art. 63 Abs. 1 OR enthält für die Leistungskondiktion eine Spezialregelung, welche Art. 62 Abs. 1 OR vorgeht (BGE 123 III 101 E. 3a S. 107). Gesetzlich geregelte Fälle einer unfreiwilligen Bezahlung sind die Bezahlung unter Betreibungszwang (Art. 63 Abs. 3 OR), in einer Notlage (Art. 21 OR) oder aufgrund gegründeter Furcht (Art. 29-30 OR) (BGE 123 III 101 E. 3b S. 108; BGE 129 III 646 E. 3.2 S. 649-650). Über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus ist die Bezahlung nur dann unfreiwillig i.S.d. Art. 63 Abs. 1 OR, „wenn der Leistende unzumutbare Nachteile in Kauf zu nehmen hätte, die er nicht anders als durch die Leistung abwenden kann“ (BGE 123 III 101 E. 3b S. 108).
4.3.4.2. Die Parteien sind sich soweit einig, dass die Beklagte letztlich sämtliche Rechnungen der Klägerin beglich. Kein Zweifel kann auch daran bestehen, dass die Beklagte die Zahlungen irrtumsfrei leistete.
[…]
4.3.4.3. Aus der E-Mail von N._____ an die Beklagte vom 17. Dezember 2013, worauf die Beklagte zu Recht verweist, ergibt sich, dass F._____ die Beendigung der Zusammenarbeit bei ausbleibender Zahlung an der Sitzung vom 2. Dezember 2013 thematisierte. Aus der E-Mail von J._____ an F._____, einschliesslich der weitergeleiteten vorangehenden Nachrichten, ergibt sich, dass die Beklagte den ausstehenden Betrag erst vor dem Eindruck der Nichtfortführung der Arbeiten durch die Klägerin am 20. Dezember 2013 überwies. Unbestritten geblieben ist die Bedeutung der Weiterführung der Arbeiten bei der Beklagten.
Unter den gegebenen Umständen, insbesondere dem kurz bevorstehenden Jahreswechsel und dem engen Terminplan der Beklagten, ist nachvollziehbar, dass diese die Zahlung des Restbetrags aus der Rechnung Nr. 1… vom 6. November 2013 der Klägerin leistete, obwohl sie mit den Positionen nicht einverstanden war. Damit ist die Bezahlung der in der genannten Rechnung enthaltenen CHF 6’071.00 für internen Know-How-Transfer bei der Klägerin unfreiwillig i.S.d. Art. 63 Abs. 1 OR zu betrachten. Hingegen ist der von der Klägerin verrechnete Aufwand für Rechnungsstellung im Umfang von CHF 184.63 nicht in der genannten Rechnung enthalten. Diese Zahlung erfolgte freiwillig und irrtumsfrei.
4.3.5. Zwischenergebnis
Die Beklagte hat Anspruch auf Bezahlung von CHF 6’071.00 durch die Klägerin (objektiv nicht gerechtfertigter Aufwand für internen Know-How-Transfer bei der Klägerin) aufgrund von Art. 63 Abs. 1 OR.
4.4. Minderung um CHF 29’897.79 für das Umstellungsprojekt
4.4.1. Anspruchsgrundlage
Ist das Werk mangelhaft, jedoch nicht unbrauchbar (Art. 368 Abs. 1 OR), kann der Besteller nach Art. 368 Abs. 2 OR entweder die Minderung oder die Nachbesserung verlangen. Wählt der Besteller die Minderung und hat den Werklohn bereits geleistet, kann er den zu viel überwiesenen Betrag zurückfordern, wobei der Unternehmer diesen vom Zeitpunkt des Empfangs verzinsen muss (BGE 116 II 305 E. 7 S. 315). Der Anspruch ist vertraglicher Natur, was die Anwendung von Bereicherungsrecht ausschliesst (GAUCH, a.a.O., N 1618).
4.4.2. Werk
4.4.2.1. Der Unternehmer schuldet dem Besteller die Herstellung eines Werks (Art. 363 OR). An den Werkbegriff knüpft auch die Mängelhaftung an. Mangelhaft kann nur das geschuldete Werk sein (vgl. Art. 368 Abs. 1 OR). Als Werk kommt dabei nicht nur ein vollkommen neu hergestellter Gegenstand in Frage (ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 3 zu Art. 363 OR), sondern etwa auch das Aufstellen eines Krans (BGE 111 II 170 E. 2 S. 171), eine Reparatur (BGE 111 II 170 E. 2 S. 171; BGE 113 II 421 E. 1 S. 421) und ähnliche erfolgsbezogene Leistungen. Das konkret geschuldete Werk bestimmt sich nach der Vereinbarung der Parteien. So bildet bei einer Reparatur diese Gegenstand der vertraglichen Leistungspflicht. Der zu reparierende Gegenstand ist dagegen als vom Besteller gelieferter Stoff i.S.d. Art. 365 Abs. 2 OR zu qualifizieren (BGE 113 II 421 E. 2a S. 422).
4.4.2.2. Die Hintergründe des sog. Umstellungsprojekts sind zwischen den Parteien im Wesentlichen unbestritten: Anfang Februar 2013 führte die Gruppe der Beklagten eine neue Organisationsstruktur ein und passte dabei auch ihre juristische Struktur an. Die Anzahl der Profit Centers wurde reduziert. Schliesslich sollte eine nach IFRS-Rechnungslegungsstandard vorgeschriebene konsolidierte Segmentberichterstattung ermöglicht werden. Die Klägerin hat diese Darstellung der Beklagten nicht bestritten.
In der Folge verpflichtete sich die Klägerin zur Anpassung der Parametrisierungslösung an die neue Konzernstruktur der Beklagten (Ziffer 2.3.5 oben). […]
4.4.2.3. […]
Die Vereinbarung über das sog. Umstellungsprojekt umfasste damit Änderungen an der bereits existierenden Konsolidierungslösung bei der Beklagten. In der vorliegenden Konstellation besteht zwar die Besonderheit, dass die Klägerin bereits für die ursprüngliche Konsolidierungslösung verantwortlich zeichnete. Dennoch
handelt es sich um zwei unterschiedliche Projekte, richtete sich doch die Imple– 78 –
mentierung der Parametrisierungslösung nach dem Implementierungsvertrag vom
6./8. Dezember 2011, die Anpassungsarbeiten dagegen nach dem Engagement
Letter vom 25./26. Juni 2013 bzw. formlosen Vereinbarungen der Parteien. Hin-
sichtlich der konkreten Arbeiten ist auf die Darstellung der Beklagten abzustellen.
Demnach umfassten diese die Implementierung einer Schnittstelle vom SAP-
Quellsystem zur Konsolidierungslösung, die Definition und Umsetzung neuer Be-
richtseinheiten im MIS (Management Information System), die Umsetzung der
neuen Organisationsstruktur in die Finanzberichterstattung sowie die Einrichtung
einer konsolidierten Segmentberichterstattung.
4.4.3. Ablieferung
4.4.3.1. Die Haftung aus Werkmangel setzt die Ablieferung des Werks voraus (BGE 111 II 170 E. 2 S. 171). Erst dann kann ein Mangel vorliegen, da bis vorher das Werk auch nach Ansicht des Unternehmers noch als unvollendet gilt (BGE 117 II 259 E. 2a S. 263). Die Mängelrechte sind auch bei vorzeitiger Vertragsauflösung analog anwendbar (BGE 116 II 450 E. 2b/aa S. 452-453; BGE 130 III 362 E. 4.2 S. 366; GAUCH, a.a.O., N 2434; ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 14 zu Art. 377 OR). Dies setzt jedoch voraus, dass die Vertragsbeendigung lediglich für die Zukunft (ex nunc) wirkt (BGE 116 II 450 E. 2a/aa S. 452; GAUCH, a.a.O., N 2432). Der Besteller kann nach Art. 366 OR, Art. 375 OR oder Art. 377 OR den Werkvertrag vorzeitig auflösen.
Art. 366 OR regelt zum einen den Fall der absehbaren verspäteten Vollendung, zum anderen der absehbaren Mangelhaftigkeit oder Vertragswidrigkeit des Werks. Beide Rücktrittsgründe verlangen eine Nachfristansetzung. Für die absehbare Schlechtleistung ergibt sich dies direkt aus Art. 366 Abs. 2 OR. Für die drohende Spätleistung ist allgemein anerkannt, dass Art. 366 Abs. 1 OR ein Anwendungsfall von Art. 107 OR bildet (BGE 115 II 50 E. 2a S. 55; ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 13 zu Art. 366 OR m.w.H.). Nach Beginn der Ausführungsarbeiten durch den Unternehmer steht es dem Besteller frei, den Vertrag ex nunc aufzulösen und das begonnene Werk gegen Vergütung der bereits geleisteten Arbeit zu beanspruchen (BGE 116 II 450 E. 2a/aa S. 452).
Nach Art. 375 Abs. 1 OR kann der Besteller vom Vertrag zurücktreten, wenn der Unternehmer den verabredeten ungefähren Ansatz ohne Zutun des Bestellers unverhältnismässig überschreitet. Dem Besteller ist auch bei beweglichen Sachen ein Auflösungsrecht ex nunc zuzugestehen, wie es Art. 375 Abs. 2 OR für Bauten auf Grund und Boden des Bestellers vorsieht (GAUCH, a.a.O., N 994).
Schliesslich hat der Besteller nach Art. 377 OR das Recht, den Vertrag „gegen Vergütung der bereits geleisteten Arbeit und gegen volle Schadloshaltung des Unternehmers jederzeit“ aufzulösen. Entgegen dem Gesetzeswortlaut handelt es sich technisch um eine Kündigung mit Wirkung ex nunc (BGE 117 II 273 E. 4a S. 276; BGE 129 III 738 E. 7.3 S. 748; BGE 130 III 362 E. 4.2 S. 365-366; GAUCH, a.a.O., N. 528).
4.4.3.2. […]
4.4.3.3. Die Darstellung der Parteien stimmt weitgehend überein. Hinsichtlich der von der Klägerin zu übernehmenden Tätigkeiten vertritt die Klägerin zusammengefasst den Standpunkt, sie habe sich nicht bereit erklärt, diese zu übernehmen oder diese seien der Beklagten zugewiesen gewesen. Die Beklagte ist dagegen der Meinung, die Klägerin hätte diese erledigen sollen. Auch die Beklagte stellt indessen auf die von ihr gesetzten Termine und Tätigkeiten ab. Eine verbindliche Einigung zwischen den Parteien vermag auch sie nicht zu darzulegen.
Keine der Parteien behauptet, es sei zu einer Ablieferung gekommen. Die Beklagte nahm im Jahre 2014 keine weiteren Leistungen der Klägerin in Anspruch, erklärte allerdings erst im Mai 2014 sinngemäss, auf die Weiterführung der Arbeiten durch die Klägerin zu verzichten. Für die direkte Anwendbarkeit der Mängelhaftung nach Art. 368 OR fehlt es damit an der Ablieferung (Art. 367 Abs. 1 OR). Die Beklagte trat indessen auf irgend eine Weise vom Werkvertrag zurück, weshalb zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung gegeben sind.
Die E-Mail der Beklagten vom 17. Dezember 2013 könnte eine Nachfristansetzung i.S.d. Art. 366, 107 Abs. 1 OR begründen. Die Beklagte erklärte nach Verstreichen der Frist jedoch nicht den Rücktritt vom Vertrag, sondern erstreckte die Frist bis 30. Dezember 2013. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin erst am 16. Dezember 2013 die passenden Eingabeberichte erhielt, ist zudem fraglich, ob die Nachfrist von angemessener Dauer gewesen wäre. Bei der E-Mail vom 17. Dezember 2013 dürfte es sich deshalb höchstens um eine Mahnung handeln. Für einen Rücktritt nach Art. 366 OR fehlt es damit an der Einhaltung der Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 1 OR durch die Beklagte.
Eine Vereinbarung über ein Kostendach kam trotz Drängens der Beklagten nicht zustande. Die Anwendung von Art. 375 OR scheitert deshalb am fehlenden Kostenvoranschlag. Die von der Beklagten geltend gemachte und von der Klägerin bestrittene Kostenüberschreitung bezieht sich auf den Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011. Im Übrigen ist zu bemerken, dass die Parteien schon in Ziffer 8.2 des Implementierungsvertrags vom 6./8. Dezember 2011 ein Rücktrittsrecht der Beklagten aufgrund von Art. 375 OR ausgeschlossen hatten.
Indem die Beklagte kein besonderen Erklärungen gegenüber der Klägerin abgab, sondern sich bei der Klägerin einfach nicht mehr meldete, trat sie stillschweigend nach Art. 377 OR zurück. Die genaue Grundlage des Rücktritts ist für die Entscheidung des vorliegenden Streites über Minderungsansprüche jedoch von zweitrangiger Bedeutung. Wesentlich ist vielmehr, dass die Beklagte nicht beabsichtigte, auf die bisher durch die Klägerin ausgeführten Arbeiten zu verzichten. Damit erfolgte eine Auflösung des Vertrags jedenfalls lediglich mit Wirkung für die Zukunft. Der Beklagten stehen im Gegenzug die Rechte aus analoger Anwendung des Mängelrechts zu, insbesondere auch die Geltendmachung des Minderungsrechts.
4.4.4. Mangel
4.4.4.1. Grundsatz
Mangel i.S.d. Artt. 367/368 OR ist „die Abweichung von der vertraglich geforderten Beschaffenheit des Werks“ (ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 9 zu Art. 368 OR).
4.4.4.2. Prüfung im Einzelnen
Die Beklagte bemängelt die fehlende Entwicklungs- und Testumgebung, die fehlende Lösung für die Segmentberichtserstattung sowie die Implementierung der Schnittstelle zwischen dem SAP-Quellsystem und der Konsolidierungssoftware.
4.4.4.2.1. Entwicklungs- und Testumgebung
Hinsichtlich der Entwicklungs- und Testumgebung sind sich die Parteien einig, dass die Klägerin erst im Jahre 2013 eine Testumgebung, jedoch keine Entwicklungsumgebung bei der Beklagten einrichtete. Ansonsten erfolgten die Entwicklung und die Tests auf der eigenen IT-Umgebung der Klägerin. Die Tests bei der Beklagten erfolgten jeweils durch Nachfahren der alten Jahresrechnung in der Parametrisierungslösung bei der Beklagten. Die Beklagte behauptet, dieses Vorgehen führe dazu, dass Änderungen des Kunden in der Produktivumgebung nicht in die Entwicklungs- und Testumgebung übernommen würden und Anpassungen in der Entwicklungs- und Testumgebung manuell in die Produktivumgebung übernommen werden müssten. Die Testmethode der Klägerin sei riskant, fehleranfällig und unnötig aufwändig. […]
Die Darstellung der Parteien weicht in tatsächlicher Hinsicht nicht voneinander ab, jedoch divergiert die Einschätzung der angewandten Vorgehensweise der Klägerin von jener der Beklagten. Die Klägerin setzt auf die in ihrem Haus entwickelte standardisierte Parametrisierungslösung, welche sie bereits getestet ausliefert, ähnlich wie dies beim Update eines Betriebssystems oder einer Standardanwendung beim Endnutzer erfolgt. Die Beklagte stellt sich dagegen eine stärker individualisierte Lösung vor, welche entsprechend nicht direkt in ein produktives System eingespielt werden kann, sondern zuerst in einem separaten System entwickelt, aufgesetzt und getestet werden muss. Die Parteien folgen dabei einem unterschiedlichen Ansatz, woraus sich auch deren entgegengesetzte Bewertung ergibt. Welcher der beiden Ansätze ein Entwickler oder Anwender bevorzugt, ist eine Wertungsfrage. Jedenfalls lässt sich nicht sagen, die eine oder die andere Lösung stelle einen objektiv völlig ungeeigneten Ansatz dar.
Dazu kommt, dass die Frage, ob ein Entwicklungs- oder Testsystem beim Endnutzer eingerichtet wird, in erster Linie eine Frage der Vorgehensweise darstellt. Die Erstellung einer Individuallösung direkt in einem produktiven System wäre demnach wohl als grobfahrlässig zu qualifizieren. Einen Werkmangel würde sie indessen nicht darstellen, solange die Lösung am Ende die geforderten Spezifikationen erfüllen würde und funktionsfähig wäre. Die unsorgfältige Vorgehensweise führt einzig zu einer Haftung nach Art. 364 Abs. 1 OR. Einen durch die Vorgehensweise der Klägerin entstandenen Schaden macht die Beklagte nicht geltend.
Die fehlende Entwicklungs- und Testumgebung bei der Beklagten stellt demnach keinen Mangel dar.
4.4.4.2.2. Rollup-Funktion
Hinsichtlich der Segmentberichtserstattung ist zwischen den Parteien streitig, ob die Parametrisierungslösung über eine (Reporting-Unit-)Rollup-Funktion verfüge.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei nicht „in der Lage [gewesen], Lösungsvorschläge für die Implementierung der Hierarchiestruktur für die Segmentberichtserstattung in SAP FC zu implementieren“. Sie habe nie verstanden, wie die Segmentberichterstattung in SAP FC zu implementieren sei.
[…]
Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob dieser Beweis durch die beantragten Gutachten erbracht werden kann, weil er letztlich nicht entscheidungserheblich ist. Wie noch zu zeigen sein wird (Ziffer 4.4.5.3 unten), fehlt es jedenfalls an einer ordentlichen Mängelrüge der Beklagten für die geltend gemachten Mängel.
[…]
4.4.4.2.3. Schnittstelle
Hinsichtlich der Schnittstelle zwischen dem SAP-Quellsystem und der Parametrisierungslösung gehen die Darstellungen der Parteien auseinander.
Die Beklagte behauptet, die Data-Link-Schnittstelle, welche eine Standardfunktion in SAP FC darstelle, sei so aufgesetzt gewesen, dass der Datentransfer von der Datenbank in die Finanzberichte „viel händische Arbeit“ erfordert und nicht den Automatisierungsgrad aufgewiesen habe, den die Beklagte habe erwarten dürfen. […]
Letztlich ist jedoch auch diese umstrittene Tatsache nicht entscheidungserheblich, denn jedenfalls fehlt es an einer ordentlichen Mängelrüge. […]
4.4.4.3. Zwischenergebnis
Zusammengefasst ergibt sich, dass die fehlende Entwicklungs- und Testumgebung keinen Mangel der Umsetzung des Umstellungsprojekts darstellt, während die Mangelhaftigkeit der Segmentberichtserstattung und der Implementierung der Schnittstelle streitig ist, der Verfahrensausgang jedoch letztlich nicht von diesem Beweis abhängt.
[…]
4.4.5. Mängelrüge
4.4.5.1. Den Besteller trifft eine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit hinsichtlich Mängeln des Werks innerhalb angemessener Frist (Art. 367 Abs. 1 OR). Unterlässt er dies, vermutet das Gesetz unwiderlegbar die stillschweigende Genehmigung des Werks (Art. 370 Abs. 2 OR). Später zu Tage tretende Mängel muss der Besteller sofort nach der Entdeckung rügen (Art. 370 Abs. 3 OR).
[…]
4.4.5.3. Die Beklagte hat die Mängel nicht gerügt. Ihre Darstellung in der Widerklagebegründung ist verspätet. Demnach gilt das Werk nach Art. 370 Abs. 2 OR als genehmigt. Ein Minderungsanspruch besteht nicht. Abgesehen davon unterliess es die Beklagte, den von ihr geltend gemachten Minderungsanspruch rechtsgenügend zu substantiieren (vgl. dazu Ziffer 4.4.6 unten).
4.4.6. Minderungsbetrag
4.4.6.1. Der Besteller kann einen Abzug nur im Umfang des Minderwerts des Werks machen (Art. 368 Abs. 2 OR). Die Berechnung des Minderungsbetrages erfolgt nach der sog. relativen Berechnungsmethode (BGE 116 II 305 E. 4a S. 313; ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 43 zu Art. 368 OR). Der Wert des mangelhaften Werkes berechnet sich dabei ausgehend von der vereinbarten Vergütung, welche nach dem Verhältnis des mangelhaften zum mängelfreien objektiven Wert des Werks zu kürzen ist (GAUCH, a.a.O., N 1664; ZINDEL/PULVER/SCHOTT, in: Basler Kommentar OR I, a.a.O., N. 43 zu Art. 368 OR).
4.4.6.2. Die Beklagte beziffert den Minderungsanspruch auf 25 % des nach den geltend gemachten Honorarabzügen verbleibenden Betrages (CHF 119’591.17), entsprechend auf CHF 29’897.79. […]
4.4.6.3. Da der Minderungsbetrag streitig ist, wäre er von der Beklagten darzulegen und zu beweisen. Die Beklagte legt weder die einzelnen Faktoren der Berechnung der Minderung nach der relativen Methode dar, noch aus welchen Positionen sie diese Faktoren berechnet haben will. Eine solch pauschale Behauptung ist nicht dem Beweis zugänglich. Spätestens in der Widerklagereplik wäre sie gehalten gewesen, den Betrag nachträglich zu substantiieren, nachdem sie wusste, dass die Klägerin diesen nicht anerkennt. Der Minderungsanspruch ist auch aus diesem Grund nicht ausgewiesen.
4.4.7. Hilfsweise Beurteilung nach Auftragsrecht
4.4.7.1. Der Vollständigkeit halber ist noch die Frage eines Anspruchs nach Auftragsrecht zu prüfen. Das Auftragsrecht enthält keine Bestimmung über die Minderung des Honorars des Beauftragten. Im Gegensatz zum Kauf-, Miet- und Werkvertrag ist der Auftrag grundsätzlich unentgeltlich, und eine Vergütung ist lediglich geschuldet, „wenn sie verabredet oder üblich ist“ (Art. 394 Abs. 3 OR). Der Beauftragte ist jedoch bei unsorgfältiger Ausführung des Auftrags haftbar (Artt. 398 Abs. 2, 402 Abs. 2 OR). Dabei kann der Auftraggeber einen Schadenersatzanspruch unter Umständen mit der Honorarschuld verrechnen (HEINRICH HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 9. Aufl. 2010, S. 336). Das Ergebnis ist zwar einem Minderungsanspruch ähnlich, doch unterscheiden sich die Anspruchsvoraussetzungen, hat der Auftraggeber doch einen Schaden nachzuweisen und muss eine Verrechnungslage sowie -erklärung vorliegen. Die Rechtsprechung ist deshalb darüber hinausgehend davon ausgegangen, dass beim entgeltlichen Auftrag ein Honoraranspruch entfällt, wenn sich die Leistung des Beauftragten als unbrauchbar erweist (BGE 110 II 375 E. 2 S. 379; BGE 117 II 563 E. 2a S. 567). Der Beauftragte hat auch keinen Anspruch auf Verwendungsersatz nach Art. 402 Abs. 1 OR (BGE 110 II 283 E. 3a S. 285-286). Ist die Leistung dagegen bloss mangelhaft, hat der Beauftragte einen (reduzierten) Honoraranspruch (BGE 124 III 423 E. 4a S. 427). Trotz fehlender gesetzlicher Regelung geht die Rechtsprechung in Analogie zum Kauf-, Miet- und Werkvertragsrecht von der vertraglichen Natur dieses Minderungsanspruchs aus (Urteil des Bundesgerichts 4A_89/2012 vom 17. Juli 2012 E. 3.2.3).
4.4.7.2. Auch bei der Anwendung von Auftragsrecht wäre der Minderungsanspruch zu substantiieren. Bezüglich der fehlenden Substantiierung des Anspruchs wird auf die vorstehenden Ausführungen (Ziffer 4.4.6.2 oben) verwiesen. Fraglich ist, ob sich die Analogie zur Minderung für das Auftragsrecht auch auf die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit erstreckt, jedenfalls wenn (wie vorliegend) dem Auftrag ein Erfolgselement innewohnt. Im Übrigen hat der Beauftragte nicht für einen bestimmten Erfolg einzustehen, sondern nur für eine sorgfältige Ausführung. Die Darstellung der Beklagten (Ziffer 4.4.4.2 oben) vermag eine Sorgfaltspflicht verletzung noch nicht zu begründen, handelt es sich doch weitgehend um Ermessensfragen.
4.4.7.3. Die Qualifizierung als Auftrag würde somit nichts daran ändern, dass ein Minderungsanspruch nicht ausgewiesen ist.
4.4.8. Zwischenergebnis
Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Bezahlung von CHF 29’897.79 durch die Klägerin aufgrund von Art. 368 Abs. 2 OR oder aus einem analogen Minderungsanspruch im Auftragsrecht.
4.5. Untergang der Ansprüche durch Neuerung
4.5.1. Neuerung als Erlöschensgrund
Es ist belegt und im Übrigen auch unbestritten, dass sowohl der Implementierungsvertrag vom 6./8. Dezember 2011 als auch die drei Engagement Letters vom 25./26. Juni 2013 eine Regelung enthalten, wonach ohne schriftliche Mitteilung des Auftraggebers innerhalb der jeweiligen Zahlungsfrist die von der Klägerin in Rechnung gestellten Lieferungen und Leistungen sowie die abgerechneten Beträge als vom Auftraggeber genehmigt gelten.
Die Klägerin ist deshalb der Ansicht, die Beklagte habe sämtliche Rechnungen durch Bezahlung unwiderruflich genehmigt. Demgegenüber ist die Beklagte der Ansicht, die Genehmigungsfiktion führe nicht zu einer Änderung der materiellen Rechtslage zu Lasten der Beklagten, sondern lediglich zu einer Umkehr der Beweislast, so dass nicht die Klägerin die vertragskonforme Leistung, sondern die Beklagte die Nicht- oder Schlechtleistung zu beweisen habe.
Damit ist zu prüfen, ob die Gegenforderungen der Beklagten untergegangen sind, weil die ursprünglichen Forderungen durch Neuerung erloschen sind. Die Tilgung einer Forderung durch Neuerung führt auch zum Untergang der Einreden und Einwendungen (BGE 105 II 273 E. 3a S. 277).
4.5.2. Vertragliche Einigung
4.5.2.1. Die Neuerung erfolgt durch Verfügungsvertrag (INGEBORG SCHWENZER, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 2016, N 80.01 und 80.03; GAUCH/SCHLUEP/EMMENEGGER, a.a.O., N 3143 und 3148). Schweigen auf einen Angebot stellt nur eine Annahme dar, wenn wegen der besonderen Natur des Geschäftes oder nach den Umständen eine ausdrückliche Annahme nicht zu erwarten ist (Art. 6 OR). Einem blossen Schweigen kommt damit nur ausnahmsweise ein rechtsgeschäftlicher Erklärungsgehalt zu. Bekanntestes Beispiel ist das kaufmännische Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung (PETER GAUCH/WALTER R. SCHLUEP/JÖRG SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, N 1164 m.w.H.). Das Schweigen auf Zusendung von Rechnungen (ERNST A. KRAMER/BRUNO SCHMIDLIN, in: Berner Kommentar, Band VI/1/1, Bern 1986, N 121 zu Art. 6 OR) oder Abrechnungen (BGE 88 II 81 E. 3c S. 89) stellt demgegenüber keine Genehmigung dar. In der Praxis insbesondere bei Bankverträgen anzutreffen und zulässig ist hingegen die vertragliche Vereinbarung einer Genehmigungsfiktion, wenn der Kunde einem Kontoauszug nicht innerhalb einer bestimmten Frist beanstandet (Urteil des Bundesgerichts 4A_42/2015 vom 9. November 2015 E. 5.2; BGE 127 III 147 E. 2d S. 151; DANIEL GUGGENHEIM, Les contrats de la pratique bancaire suisse, 4. Aufl. 2000, S. 482). Diese führt zu einer stillschweigenden Novation nach Art. 117 Abs. 2 OR.
4.5.2.2. Die Parteien haben vertraglich vereinbart, dass die Rechnungen der Klägerin als genehmigt gelten, wenn die Beklagte diesen nicht innerhalb der Zahlungsfrist widerspricht (Ziffer 4.5.1 oben). Diese Vereinbarung ist zulässig und führt grundsätzlich zu einer Neuerung auch ohne ausdrückliche rechtsgeschäftliche Erklärung der Beklagten.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sämtliche Rechnungen der Klägerin einschliesslich der letzten Rechnungen für die laufenden Dienstleistungen der Klägerin für die Monate Oktober, November und Dezember 2013 vollumfänglich und vorbehaltlos bezahlt. Die Beklagte behauptet dagegen, sie habe die Rechnung vom 6. November 2013 lediglich unter Anwendung erheblichen Druckes durch die Klägerin bezahlt. Die Klägerin bestreitet dies.
4.5.2.3. Es ist bereits erstellt worden, dass die Bezahlung der Rechnung vom 6. November 2013 nicht freiwillig erfolgt ist (Ziffer 4.3.4.3 oben). Selbst wenn Freiwilligkeit i.S.d. Art. 63 Abs. 1 OR anzunehmen wäre, könnte angesichts der Auseinandersetzung der Parteien über diese Rechnung jedenfalls nicht von einer stillschweigenden Genehmigung ausgegangen werden.
Fraglich ist jedoch die Einhaltung der dafür vereinbarten Schriftform. Nach eigener Darstellung der Beklagten habe sie an der Sitzung vom 2. Dezember 2013 die Kürzung der Rechnung vom 6. November 2013 angekündigt. O._____ habe N._____ mit E-Mail vom 16. Dezember 2013 die Kürzung angekündigt. Die entsprechende Nachricht beinhaltet jedoch lediglich die Mitteilung, dass die Zahlung von CHF 30’000.00 an jenem Tag freigegeben worden sei und in den nächsten Tagen dem Bankkonto der Klägerin gutgeschrieben werde. Eine Beanstandung stellt dies nicht dar. Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob eine Beanstandung per E-Mail der gewillkürten Form genügt, obwohl sie lediglich in Textform abgefasst ist und die Anforderungen an die Schriftlichkeit nach Artt. 16 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 2bis OR nicht erfüllt, da sie weder die eigenhändige Unterschrift enthält noch elektronisch signiert ist. Zudem wäre selbst dann, wenn in der E-Mail vom 16. Dezember 2013 eine formgültige Erklärung gesehen würde, diese verspätet, da die Zahlungs- und Beanstandungsfrist der Rechnung vom 6. November 2013 bereits abgelaufen war.
Zwischen den Parteien ist damit eine gültige vertragliche Vereinbarung zustande gekommen.
4.5.3. Bestand einer Forderung
4.5.3.1. Eine Neuerung setzt nach herrschender Meinung den Bestand der zu novierenden Forderung voraus (BGE 104 II 190 E. 3a S. 196; GAUCH/SCHLUEP/EMMENEGGER, a.a.O., N 3142; GUGGENHEIM, a.a.O., S. 482-483). Die Neuerung einer nicht existenten Forderung ist nichtig (GAUCH/SCHLUEP/EMMENEGGER, a.a.O., N 3142). Die Anerkennung des Saldos führt deshalb nur, aber immerhin zu einer Beweislastumkehr (BGE 100 III 79 E. 6 S. 85-86; BGE 104 II 190 E. 3a S. 196; BGE 127 III 147 E. 2b S. 150). Die neue Forderung beruht dabei auf einem Schuldanerkenntnis (BGE 104 II 190 E. 3a S. 196). Auch dieses ist indessen nur gültig, wenn die anerkannte Schuld tatsächlich bestanden hat (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., N 1181; BGE 96 II 25 E. 1 S. 26). Mithin führt auch das abstrakte Schuldanerkenntnis wiederum nur zu einer Beweislastumkehr (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., N 1183). Die Minderheitsmeinung verneint zwar die Voraussetzung des Bestehens einer Schuld, räumt der aus der neuen Forderung verpflichteten Person jedoch einen Bereicherungsanspruch auf Herausgabe der neuen Forderung ein (SCHWENZER, a.a.O., N 80.03; differenzierend ANDREAS VON TUHR/ARNOLD ESCHER, a,a,O., S. 183).
Die Neuerung führt zum Untergang der mit der alten Forderung verbundenen Nebenrechte (Art. 114 Abs. 1 OR). Kein Nebenrecht i.S.d. Art. 114 Abs. 1 OR stellt das Minderungsrecht dar. Dieses ergibt sich nicht aus dem Vergütungsanspruch, sondern aus dem Schuldverhältnis als Ganzem. Folglich befasst sich Art. 114 Abs. 1 OR damit nicht (VIKTOR AEPLI, in: Zürcher Kommentar, 1991, Teilband V 1h, N. 26 zu Art. 114 OR). Verhielte es sich anders, so würde der Besteller seine Gewährleistungsrechte verlieren, sobald der Werklohnanspruch durch Erfüllung untergegangen ist.
4.5.3.2. Für objektiv nicht gerechtfertigten Aufwand hat die Klägerin keinen Honoraranspruch (Ziffer 4.3.3.1 oben). Soweit die Schuldanerkennungen auf (nachweislich) nicht bestehenden, jedoch in Rechnung gestellten Forderungen beruhen, sind sie nicht gültig. Dies betrifft die Ansprüche der Klägerin, welche diese auf den Aufwand für internen Know-How-Transfer in Rechnung gestellt hat (Ziffer 4.3.5 oben). Dasselbe würde im Übrigen auch für die Abgeltung von Leistungen, welche bereits vom Hotline-Vertrag erfasst sind, gelten, doch ist insoweit der Anspruch der Klägerin begründet (Ziffer 4.2.3.3 oben).
Die Neuerung führt nicht zum Untergang des Minderungsrechts der Beklagten. Die Minderungsansprüche würden demnach weiter bestehen, sind jedoch mangels rechtzeitiger Rüge (Ziffer 4.4.5.3 oben) und mangelnder Begründetheit bzw. Substantiiertheit (Ziffer 4.4.6.3 oben) nicht ausgewiesen.
4.5.3.3. In dem Umfang, in welchem keine alte Forderung bestanden hat, ist auch keine neue Forderung durch Novation entstanden. Im Übrigen bleiben die Minderungsrechte der Beklagten auch bei einem Untergang des Vergütungsanspruchs durch Neuerung, Erfüllung oder einen anderen Erlöschensgrund bestehen.
4.5.4. Novierungswille
Lediglich der Vollständigkeit halber festzuhalten ist, dass die Neuerung auch eines Novierungswillens (animus novandi) bedarf (GONZENBACH, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 6 zu Art. 116 OR; GAUCH/SCHLUEP/EMMENEGGER, a.a.O., N 3144).
4.5.5. Zwischenergebnis
Soweit die Forderungen der Beklagten bestehen, sind diese nicht durch Neuerung untergegangen.
4.6. Umfang des Anspruchs
4.6.1. Die bereicherte Person muss die Bereicherung im vollen Umfang herausgeben (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., N 1516). Insbesondere hat der Bereicherungsgläubiger auch Anspruch auf Bereicherungszins (BGE 84 II 179 E. 4 S. 186; BGE 116 II 689 E. 3b/bb S. 692). Seine Höhe entspricht dem Zins, welcher die bereicherte Person aus dem Betrag gezogen hat (BGE 84 II 179 E. 4 S. 186).
Die Anhebung der Widerklage steht einer Mahnung i.S.d. Art. 102 Abs. 1 OR gleich. Befindet sich die Schuldnerin einer Geldforderung in Verzug, so hat sie Verzugszinse zu 5 % pro Jahr zu bezahlen (Art. 104 Abs. 1 OR).
4.6.2. Nach unbestritten gebliebener Darstellung der Beklagten erfolgte die letzte Zahlung an die Klägerin am 13. Februar 2014. Die Zinsforderung seit dem 13. Februar 2014 ist deshalb begründet.
Die Höhe des Zinssatzes veranschlagt die Beklagte im Rechtsbegehren auf 5 % pro Jahr. Diese ist ebenfalls unbestritten geblieben. Im Zahlungsverzug gilt sodann der gesetzliche Zinssatz von Art. 104 Abs. 1 OR.
4.6.3. Der Beklagten ist antragsgemäss Zins zu 5 % ab dem 13. Februar 2014 zuzusprechen.
4.7. Ergebnis
Auf Widerklage ist die Klägerin zu verpflichten, der Beklagten CHF 6’071.00 zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 13. Februar 2014 zu bezahlen. Im Mehrbetrag ist die Widerklage abzuweisen.
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