Sachverhalt:
Zwischen den Parteien bestanden seit längerer Zeit vertragliche Beziehungen. Bereits mit Vereinbarung vom 14. Januar 1991 schlossen sie einen Vertrag, mit welchem der Beklagte der Klägerin während der Vertragsdauer ein Alleinvertriebsrecht für die Software X einräumte. Dabei handelt es sich um Software für die professionelle Liegenschaftenverwaltung. Als Gegenleistung verpflichtete sich die Klägerin, während der Vertragsdauer insgesamt 40 Pakete der Version „X (M)“ und 10 Pakete der Version „X (P)“ zu übernehmen. Ausserdem verpflichtete sich der Beklagte verschiedene Dienstleistungen wie z.B. die Einführung von Kunden, Schulung, Wartung von X usw. zu übernehmen. Im Laufe der Vertragsdauer ergaben sich immer wieder Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit der Parteien. Am 27. März 1992 (resp. den Daten der Unterzeichnung: 1.4.,7.4. und 22.4.1992) schlossen die Parteien einen neuen Vertrag, welcher die früheren Vereinbarungen ersetzte. Dieser Vertrag hat folgenden Wortlaut:
„(…)
2. Lizenzrechte
2.1.Der Beklagte erteilt der Klägerin das Recht, X in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein vorzuführen und zu vertreiben, d.h. zeitlich unbefristete Lizenzrechte an Endbenutzer zu vergeben.
(…)
3. Lizenzgebühren/Abnahmegarantie
Die Klägerin übernimmt 16 Liegenschafts-Programme X (M) zum Preise von total Fr. 127’000.—
(…).
5. Lieferung
5.1.Schlüsseldisketten
Die Lieferung der Schlüsseldisketten hat sofort nach Eingang der Bezahlung des oben aufgeführten Betrages zu erfolgen.
5.2.Programm-Disketten
Die Lieferung der Programm-Disketten erfolgt aufgrund der Bestellung auf den gewünschten Auslieferungstermin unter Angabe des Lizenznehmers.
(…)
11. Vertragsdauer
Dieser Vertrag wird bis Ende September 1992 abgeschlossen und erlischt auf diesen Termin automatisch, sofern nicht ein neuer Vertrag abgeschlossen wird.“
Auch nach Abschluss dieser neuen Vereinbarung ergaben sich immer wieder Schwierigkeiten zwischen den Parteien.
Mit Schreiben vom 13. November 1992 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die bisher nicht bezogenen 9 Programmpakete bis Ende November 1992 zu liefern. Nach weiteren Aufforderungen zur Lieferung, denen der Beklagte nicht nachkam, teilte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 1. Februar 1993 mit, dass sie vom Vertrag zurücktrete. Die Klägerin fordert vom Beklagten Schadenersatz infolge Teilverzugs in der Höhe von Fr. 85’837.50.
III.
(…)
IV.
1. Die Klägerin macht geltend, der Beklagte sei aufgrund der Vereinbarung vom 1./7./22. April 1992 zur Lieferung von insgesamt 16 Programmpaketen der professionellen Liegenschaftenverwaltungssoftware X verpflichtet. Er habe lediglich 7 Programmpakete geliefert und sich auch nach mehreren Aufforderungen geweigert, die restlichen 9 Programmpakete zu liefern, weshalb er in Verzug geraten sei und schadenersatzpflichtig werde. Er habe 9/16 der für 16 Programme geleisteten Fr. 127’000.–, d.h. Fr. 71’437.50 zurückzuzahlen. Ausserdem habe die Klägerin im Hinblick auf die Uebernahme von 50 Programmen einen Entwicklungskostenbeitrag von Fr. 80’000.– geleistet. Sie verlangt da von 9/50, d.h. Fr. 14’400.– zurück.
2. Die vertraglichen Beziehungen der Parteien, aus denen sich die Pflicht zur Lieferung von insgesamt 16 Programmpaketen ergibt, sind in der Vereinbarung vom 1./7./22. April 1992 geregelt. Darin wird einerseits der Klägerin in Ziffer 2, unter dem Titel Lizenzrechte, das Recht eingeräumt: „X in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein vorzuführen und zu vertreiben, d.h. zeitlich unbefristete Lizenzrechte an Endbenutzer zu vergeben“; weiter wird festgehalten, dass die Beklagte berechtigt ist, das Vertriebsrecht an Dritte weiter zu übertragen, die ihrerseits als sogenannte Wiederverkäufer Lizenzrechte an Endbenutzer vergeben können. Als Gegenleistung verpflichtet sich die Klägerin unter dem Titel Lizenzgebühren/Abnahmegarantie zur Uebernahme von 16 Programmpaketen X (M) zum Gesamtpreis von Fr. 127’000.–. Die Lieferung der Programmdisketten sollte aufgrund der Bestellung auf den gewünschten Auslieferungstermin unter Angabe des Lizenznehmers erfolgen (Ziffer 5.2).
Aus dem Wortlaut und der Systematik des Vertrages geht klar hervor, dass die Berechtigung zur Vergebung von Lizenzrechten an Programmpaketen X Vertragsgegenstand bildete. Es wurde also nicht das generelle Lizenzrecht an der Software X vergeben, sondern nur das Recht zur Vergabe von Einzellizenzen an Programmpaketen an Endverbraucher. Durch die Abnahmeverpflichtung hatte der Beklagte die Sicherheit, dass er als Gegenleistung für die Einräumung der Berechtigung zur Uebergabe von Einzellizenzen Fr. 127’000.– als Gegenleistung erhielt, unabhängig davon, wieviele Programmpakete die Klägerin absetzen konnte. Insofern war ein Gesamtpreis vereinbart.
3. Die Klägerin beruft sich darauf, dass der Beklagte der Pflicht zur Lieferung von 16 Programmpaketen nicht nachgekommen und in bezug auf 9 Programmpakete in Verzug geraten sei.
Aus Ziffer 5.2. ergibt sich, dass die Lieferung der Programmdisketten nach Abruf durch die Klägerin, unter Angabe des Lizenznehmers, auf den gewünschten Auslieferungstermin zu erfolgen hat. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin die restlichen 9 Programmpakete erstmals mit Schreiben vom 13. November 1992 abgerufen hat. Dass sie bereits in einem früheren Zeitpunkt um Auslieferung der Programmdisketten ersucht hat, wird nicht behauptet.
Der Beklagte macht geltend, er sei zu diesem Zeitpunkt zufolge Ablauf des Vertrages nicht mehr zur Lieferung verpflichtet gewesen. Gemäss Ziffer 11 des Vertrages wurde die Vertragsdauer ausdrücklich bis Ende September 1992 be fristet und festgehalten, dass er auf diesen Termin automatisch erlösche, wenn nicht ein neuer Vertrag abgeschlossen werde. Diese Bestimmung bezieht sich auf das gesamte Vertragsverhältnis und nicht nur auf die Dienstleistungen. Hieran ändert der Umstand, dass den Endverbrauchern ein zeitlich unlimitiertes Lizenzrecht eingeräumt wurde, nichts. Eine Bestellung nach Ende September 1992 war daher verspätet und der Beklagte war zu einer Lieferung aufgrund der Vereinbarung vom 1./7./22. April 1992 nicht mehr verpflichtet.
Der Beklagte ist durch die Lieferung von weniger als 16 Programmpaketen bis Ende September 1992 auch nicht automatisch in Verzug geraten, da er nur nach Abruf und unter Angabe des Lizenznehmers zur Lieferung verpflichtet war. Die klägerische Behauptung eines Verfalltages per Ende September 1992 ist daher unzutreffend. Wenn die Klägerin innert der Vertragsdauer nicht von ihrem Recht auf Abruf der Programmdisketten Gebrauch gemacht hat, so kann sie dies nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Die Abnahmeverpflichtung innerhalb einer bestimmten Vertragsdauer hat den Sinn, dem Lieferanten ein bestimmtes Absatzvolumen während dieser Zeit zu garantieren.
4. In der Replik behauptet die Klägerin neu, vorliegend sei konkludent eine neue Vereinbarung geschlossen worden.
Die Praxis nehme an, dass durch die Aufforderung zur Erfüllung des Vertrages eine neue Vereinbarung zustandekomme, wenn der Schuldner den Gläubiger nicht auf dem inhaltlich umgewandelten Vertrag behafte.
Für einen solchen neuen Vertragsschluss bestehen indessen keine Anhaltspunkte. Der Beklagte ist der klägerischen Aufforderung zur nachträglichen Lieferung nicht nachgekommen. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass er mit einer nachträglichen Lieferung, respektive einem neuen Vertrag, einverstanden war. Nachdem der Betrag von Fr. 127’000.– aufgrund der Abnahmeverpflichtung auch bei unvollständiger Lieferung geschuldet war, durfte die Klägerin angesichts der gespannten Beziehungen der Parteien nach Treu und Glauben aus dem Stillschweigen des Beklagten nicht ableiten, er stimme einer neuen Vereinbarung ohne Gegenleistung zu. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass nach dem 30. September 1992 eine neue Vereinbarung zustande gekommen ist. Ein mit Schreiben vom 1. Februar 1993 erklärter Vertragsrücktritt war mithin nach Erlöschen des Vertragsverhältnisses per 30. September 1992 nicht möglich.
V.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Schadenersatzforderung der Klägerin unbegründet ist. Der Beklagte ist dadurch, dass er weniger als 16 Programmdisketten geliefert hat, nicht in Verzug geraten. Die Klägerin hat die restlichen Programmpakete nach Ablauf der Vertragsdauer und damit verspätet abgerufen. Aufgrund der Abnahmeverpflichtung war sie dennoch verpflichtet, den für 16 Programmpakete vereinbarten Betrag von Fr. 127’000.– zu bezahlen. Für eine teilweise Rückforderung bleibt somit keine Grundlage.
Das gleiche gilt für die – bestrittenen – Entwicklungskosten.
Die Klage ist somit vollumfänglich abzuweisen.
Prozess Nr. CG930442.U/GBGA6Z)
Quelle: Urteil
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