Urteil des Handelsgericht des Kantons Zürich vom 27. Januar 2014 / HE140011-O

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Nicht amtlicher Leitsatz: Anforderungen an eine Begehren um superprovisorische Massnahmen.


Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
[…]
2. Es [das Massnahmegesuch] enthält 23 Massnahmebegehren, welche vertragliche Erfüllungshandlungen betreffen.
3. Die Begehren sollen superprovisorisch, d.h. vorerst ohne Anhörung der Beklagten, angeordnet werden (Art. 265 ZPO).
4. In diesem Verfahrensstadium muss alles als bestritten gelten. Sodann werden bei anbegehrten, vorläufigen Vollstreckungshandlungen besonders hohe Anforderungen an das Glaubhaftmachen eines Anspruches gestellt (BGer 4A_367/2008).
5. Vorliegend geht es um einen Vertrag für IT-Outsourcing vom 18. Dezember 2009. Gemäss Klägerin wird er Ende 2014 auslaufen. Wie sie darlegte, gab es schon während der bisherigen Vertragsdauer Konflikte zwischen den Parteien.
6. Offenbar seit Anfang 2012 hielt die Klägerin einen Teil der in Rechnung gestellten Beträge zurück, und sie wird ab Januar 2015 mit einer neuen Partnerin zusamenarbeiten. Im Oktober 2013 wurden Anwälte eingeschaltet, was zu einer ausgedehnten Korrespondenz führte.
7. Am 18. Oktober 2013 forderte die Beklagte die Begleichung von Ausständen im Umfange von rund CHF 8,5 Mio.
8. Die Klägerin lehnte das am 28. Oktober 2013 ab, worauf die Beklagte am 28. November 2013 schrieb, sie werde ab sofort keinerlei Leistungen mehr erbringen, welche vertraglich nicht ganz ausdrücklich vorgesehen seien. Das gelte insbesondere für die Leistungen im Hinblick auf das Auslaufen des Vertrages, die sogenannten „Termination Assistance Services“, wobei allgemein auf den Rahmenvertrag und dessen „Anlage 7“ hingewiesen wurde. Die Erbringung anderer Leistungen machte die Beklagte von der Erfüllung gewisser Bedingungen abhängig.
9. Einen Tag später kündigte die Klägerin den Vertrag per Ende 2014 und verlangte gestützt auf Ziff. 2.1 der „Anlage 7“ die Zusendung des Entwurfes eines „Termination-Assistance-Planes“ bis Ende 2013.
10. In ihrer Antwort vom 11. Dezember 2013 machte die Beklagte die Unzulässigkeit der Kündigung geltend, da der Vertrag nur eine ausserordentliche Kündigung vorsehe, bezüglich welcher aber keine Gründe dargelegt worden seien. Der erwähnte Plan sei erst Mitte 2014 geschuldet.
11. Die Klägerin reagierte am 16. und 20. Dezember 2013: Sie wies darauf hin, es müsse umgehend mit den Vorbereitungsarbeiten für die Übernahme der ICT Infrastruktur begonnen werden. Die Parteien hätten denn auch am 16. September 2013 eine „Verbindliche Absichtserklärung“ für den Abschluss einer Vereinbarung betreffend „Exit – Arbeiten“ oder „Re – Transition“ unterzeichnet (act. 3/33). Die Klägerin forderte die Vorlegung (eines Entwurfes) des Termination Assistance Planes und die Fortführung der Verhandlungen betreffend Re-Transition. Sie wies darauf hin, ab Februar 2014 entstehe ansonsten Schaden in Millionenhöhe.
12. Die Beklagte hielt am 27. Dezember 2013 an ihrer Auffassung betreffend Erstellung eines Termination – Assistance – Plans fest und wies darauf hin, die Absichtserklärung stehe infolge Zeitablaufes ausser Kraft
13. In ihrer Stellungnahme vom 31. Dezember 2013 hielt die Klägerin fest, dass die Beklagte auch aus dem Rahmenvertrag Leistungen zu erbringen habe. Sie wies auf § 2.2, § 26.6, § 26.1 und § 7 des Rahmenvertrages hin (act. 3/2). Die Klägerin setzte der Beklagten eine Nachfrist bis 10. Januar 2014, um den „Termination Assistance Plan“ vorzulegen.
14. Die Klägerin stellt nicht nur eine Vielzahl von Massnahmebegehren. Sie sind auch in sich sehr detailliert und in einer Fachsprache formuliert. Schon im Dringlichkeitsverfahren müsste ein Zusammenhang zu konkreten Vertragspflichten (diejenigen gemäss Rahmenvertrag sind nur sehr allgemein formuliert) dargelegt werden. In Rz. 41 von act. 1 schreibt die Klägerin, die Gegenseite habe ihr am 4. November 2013 einen Vertragsentwurf für einen „Projektvertrag Transition Out“ vorgelegt, welchem ein „Project Phase Plan“ beigelegen sei, auf welchen sich die gestellten Begehren abstützten. Allerdings sind die entsprechenden Dokumente (alle unter act. 3/42) nicht selbsterklärend, d.h. es kann keine logische und nachvollziehbare Verbindung zu den gestellten Massnahmebegehren hergestellt werden. Für ein Superprovisorium fehlt es klar an einem glaubhaft gemachten Anspruch.
15. Eine Klage (das gilt auch für Massnahmebegehren) muss schlüssig sein. Das ist sie, „wenn die zu ihrer Begründung vorgetragenen Tatsachen, ihre Begründetheit unterstellt (…), die von der Klägerin in ihrem Rechtsbegehren aufgestellte Rechtsfolgebehauptung und den darauf gerichteten Rechtsschutzantrag als begründet erscheinen lassen“ (Berti, Einführung in die Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2011, Rz. 218). Die Klägerin verlangt Vertragserfüllung im Zusammenhang mit dem Auslaufen des Vertrages (act. 3/2). Worin diese konkret bestehen soll, wird in der Begründung (act. 1 S. 10 ff.) nicht dargetan. Weder die Beilagen zum Gesuch (auch nicht act. 3/5) noch die Rechtsbegehren sind selbsterklärend. Es können deshalb keine vernünftigen Feststellungen über die Notwendigkeit, Nützlichkeit und Angemessenheit der diversen Anträge getroffen werden. Die betroffene Materie mag spezifisch sein. Das kann eine Partei im Rahmen ihrer Begründungsobliegenheit aber nicht davon entbinden, konkrete Erläuterungen zu geben. Vorliegend fehlt es dem gestellten Massnahmebegehren an der Schlüssigkeit. Es ist abzuweisen (Art. 253 ZPO).