Urteil vom 15. Mai 2017 des Handelsgericht des Kantons Zürich / HG150185-O U/dz

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Nicht amtliche Leitsätze: Streitwertbestimmung bei einem Begehren um Herausgabe sämtlicher auf dem Server der Beklagten gespeicherten Daten auf einem Datenträger in einem Standardformat (E. 1.2.3). Anforderungen an die Bestimmtheit des Rechtsbegehrens (E. 1.3). Qualifikation des ASP-Vertrages  als Innominatkontrakt,  auf  welchen  insbesondere  miet- und werkvertragliche Bestimmungen analog angewendet werden und der zudem Wesensmerkmale der Hinterlegung,  des  Lizenzvertrages  und  des  Auftrages aufweist (E. 2.3.4). Vertragsergänzender Anspruch des Anwenders seine Daten bei Vertragsbeendigung auf eigene Kosten zu „behändigen“ (E. 2.3.5 und 2.3.6). Kein Anspruch auf Transformation und Herausgabe der  Daten auf einem Datenträger gemäss Datenschutzrecht (E. 2.4). Kein vertraglicher Anspruch auf Löschung der Daten des Anwenders i.c. (E. 3.2). Löschungsanspruch gemäss DSG (i.c. offen gelassen)(E. 3.3). Kein vertraglicher Anspruch auf Rechenschaft (Bestätigung Löschung der Daten) gegenüber dem Lieferanten (E. 4.3). Kein Anspruch aus Datenschutz auf Rechenschaft gegenüber dem Lieferanten (E. 4.4).

Rechtsbegehren:

“ 1a.  Es sei die Beklagte zu verpflichten,  sämtliche auf ihrem Server gespeicherten Daten der Klägerin auf einem Datenträger in einem Standardformat  an die Klägerin herauszugeben;

1b.  Eventualiter  sei die Beklagte zu  verpflichten,  der Klägerin auf eigene Kosten die Schnittstellen  bekannt zu  geben, um die Daten für die Klägerin lesbar und übertragbar  zu machen;

2. Die Beklagte sei zu verpflichten, diese Daten nach Herausgabe an die Klägerin auf ihrem Server sowie gegebenenfalls  auf anderen Datenträgern,  auf welche die Beklagte Zugriff  hat, umfassend, unwiderruflich  und nachweislich  (Bestätigung durch SAP-Spezialist) zu  löschen

3. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin mittels Zugriffsprotokollen  und/oder anderer Dokumente,  welche Zugriffe  auf die Daten der Klägerin im G._____-System  aufzeigen  und gegebenenfalls  mittels Beizuges eines SAP-Experten,  Rechenschaft  über ihre Pflichten  hinsichtlich  Datenschutzes  gemäss Vereinbarung und Datenschutzgesetz  abzulege

[…]“

Sachverhalt und Verfahre

A. Sachverhaltsübersich

a. Parteien und ihre Stellung

Bei  der  Klägerin  handelt  es  sich  um  eine im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragene  GmbH  mit  Sitz  in  C._____/ZH,  welche  die Organisation und Durchführung  von  Reisen  aller  Art  im  In-  und  Ausland  sowie  die  Vertretung von in- und ausländischen  Touristik-  oder  Reiseorganisationen  jeder  Art  bezweckt. Zu diesem Zweck betreibt sie drei Reisebüros in C._____, D._____ und E._____. Die Beklagte ist eine Schweizer Aktiengesellschaft mit Sitz in F._____/ZH. Ihr Gesellschaftszweck  umfasst  die  Organisation,  Durchführung  sowie  Vermittlung  von Reisen  und  damit  zusammenhängenden  touristischen  Dienstleistungen  aller  Art. Sie tritt in der Schweiz unter dem Namen B1._____ Suisse auf und gehört zu den … Schweizer Reiseanbietern.

b. Prozessgegenstand

Die  Klägerin  arbeitete  nach  Abschluss  eines entsprechenden Application Service Providing-Vertrags in ihren Reisebüros mehrere Jahre mit dem von der Beklagten entwickelten  Buchungssystem  „G._____“,  wobei  die  dabei  von  ihr  eingegebenen Daten  auf  den  Servern  der  Beklagten  gespeichert  wurden.  Mit  der  vorliegenden Klage  verlangt  die Klägerin von der Beklagten die Herausgabe und anschliessende Löschung sämtlicher ihrer auf den Servern der Beklagten gespeicherten Daten sowie  Rechenschaft  hinsichtlich des Zugriffs auf diese Daten. Die Beklagte beantragt,  auf  die  Klage  sei  mangels  Erreichens  des  erforderlichen  Streitwertes  nicht einzutreten.  Eventualiter  sei  die  Klage  abzuweisen,  da  sie  alle  ihre  vertraglichen Pflichten  bereits erfüllt  habe.

[…]

Erwägungen

1. Formelles

[…]

1.2.  Sachliche Zuständigkeit

1.2.1. Rechtliches

Gemäss Art. 6 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 44 lit. b GOG ist das Handelsgericht des Kantons  Zürich  für  handelsrechtliche  Streitigkeiten  zuständig.  […] Damit  stellt  sich  in  Bezug  auf  die  sachliche  Zuständigkeit  des  Handelsgerichts  einzig  die  Frage,  ob  gegen  den  vorliegenden  Entscheid  die  Beschwerde  in  Zivilsachen  an  das Bundesgericht offensteht. Diese ist in  vermögensrechtlichen  Streitigkeiten  im  Grundsatz  zulässig,  wenn  der Streitwert bei Einreichung der Klage CHF 30’000.– übersteigt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Für die  Streitwertberechnung  sind  Art. 51  ff.  BGG  massgeblich.  […] Lautet ein Begehren – wie vorliegend – nicht auf die Bezahlung einer  bestimmten  Geldsumme,  so  setzt  das  Bundesgericht  den  Streitwert  nach Ermessen  fest  (Art. 51  Abs. 1  und  2 BGG). Diese Regelung entspricht vorliegend der  Streitwertberechnung  im  kantonalen  Verfahren  (Art. 91  Abs. 2  ZPO),  da  sich die Parteien nicht über den Streitwert geeinigt haben.

[…]

1.2.3. Würdigung

Ziel  der  Streitwertbestimmung  ist  es,  dem objektiven Wert der eingeklagten Leistung  möglichst  nahe  zu kommen. Die Klägerin verlangt in Rechtsbegehren Ziffer 1 im  Hauptstandpunkt  die  Herausgabe  sämtlicher  auf  den  Servern  der  Beklagten gespeicherten Daten auf einem Datenträger in einem Standardformat. Dieses Begehren beinhaltet sowohl die Herausgabe der Daten an sich als auch deren allfällige  Überführung in ein Standardformat. Es ist demnach sowohl der wirtschaftliche Wert  der  Daten  als  auch  der  Wert  der  Speicherung dieser Daten in einem Standardformat  auf  einem  Datenträger  zu  bestimmen  und  beide  Werte  zusammenzurechnen.  Zudem  verlangt  die  Klägerin  die  nachweisliche  Löschung  der  Daten (Rechtsbegehren  Ziffer 2) sowie Rechenschaftsablage  (Rechtsbegehren  Ziffer 3).

Der  Beklagten  kann  damit  nicht  gefolgt  werden,  wenn  sie  für  die  Streitwertberechnung  einzig  auf  die  Kosten  eines  manuellen  Kopierens  der  unstrukturierten Daten  abstellt,  welches  im  Rechtsbegehren  ohnehin  gar  nicht verlangt wird. Doch auch  die  klägerische  Herleitung  des  Streitwerts  erscheint  willkürlich.  Denn die Lizenzgebühr  wurde  von  der  Klägerin  hauptsächlich  für  die  Nutzung  des  G._____-Systems  bezahlt,  welche im vorliegenden Verfahren gerade nicht mehr Thema ist. Immerhin  bringt  die  Klägerin  zum  Ausdruck,  dass  ihre  Begehren  für  sie  einen Wert von CHF 135’000.– haben.

Im  Vordergrund  der  Streitwertbemessung  steht  vorliegend  der  Wert  der  von  der Klägerin  herausverlangten  Daten.  Dazu  ist  festzuhalten,  dass  sich  die  Klage  auf die  Herausgabe  sämtlicher  klägerischer  Daten  von  den  Servern  der  Beklagten richtet.

[…]

Der  Wert  der  herausverlangten  Daten  kann  vorliegend  nur  geschätzt werden, wobei  für  die  Streitwertberechnung  der  Wert  zum  Zeitpunkt  der  Klageeinleitung  wesentlich  ist.  Auch  wenn  strittig ist bzw. nicht konkret vorgebracht wird, um wie viele  Daten(-sätze)  es  genau  geht,  ist  doch  unbestritten,  dass die Klägerin über gewisse  Daten  betreffend  ihre  Kunden,  wie  Geburtstage,  Passdaten,  Offerten,  E-Mailverkehr  und  weitere  Notizen  nicht  (mehr)  verfügt.  Solche  Daten  sind  für  die Geschäftstätigkeit  der  Klägerin  als  Dienstleisterin  wichtig.  Abgesehen  vom  Zeitaufwand,  den  die  Wiederbeschaffung  dieser  Daten  mit  sich  bringen  würde,  bedeutet  der  fehlende  Zugriff  auf  diese  gesammelten  Daten  auch  eine  Einschränkung  der  Geschäftstätigkeit,  indem  die  Klägerin  nicht  in  der  Lage  ist,  ihren  Kunden den selben Service zu bieten, wie sie dies bei Kenntnis der geforderten Daten machen  könnte.  Auch  fehlen  die  Daten  für  gezielte  Marketingmassnahmen.  Das Fehlen  der  genannten  Daten  dürfte damit insgesamt entweder zu einer spürbaren Umsatzeinbusse  oder  einem  merklichen  Mehraufwand  der  Klägerin  führen.  Vor dem  Hintergrund  des  Umsatzes,  den  ein  Unternehmen,  welches  drei  Reisebüros betreibt  und  mehrere  Mitarbeiter  beschäftigt,  notorisch  macht  (bzw.  machen muss),  ist  damit  bereits  der  Wert  der  Daten  für  die  Klägerin  auf  deutlich  über CHF 30’000.–  zu  schätzen.  Berücksichtigt  man  zusätzlich  die  Werte  der  verlangten  Datenmigration,  der  Löschung  der  Daten  sowie  der  Rechenschaftsablage  ist vorliegend  der  Streitwert  für  die  Zulässigkeit  der  Beschwerde  in  Zivilsachen  unzweifelhaft  gegeben (vgl.  dazu ergänzend  hinten  Ziffer 5.2).

Das  Handelsgericht  ist  damit  auch  sachlich  für  die  Beurteilung  des  vorliegenden Streites zuständig.

1.3.  Rechtsbegehren

Im  Rechtsbegehren hat die klagende Partei den Anspruch zu bezeichnen, den sie gegen  die  beklagte  Partei  erhebt.  Dabei ist das Rechtsbegehren so bestimmt zu formulieren,  dass  es  bei Gutheissung der Klage vom Gericht unverändert zum Urteilsinhalt  erhoben  und  ohne  weitere  Verdeutlichung  vollstreckt  werden  kann.  Unklare  Rechtsbegehren  sind  nach  Treu  und  Glauben  auszulegen,  wobei  nicht  nur auf  den  Wortlaut  des  Begehrens,  sondern  auch  auf  die  Klagebegründung  abzustellen  ist.  Auf  Klagen  mit  Rechtsbegehren,  die  unklar,  unvollständig  oder  unbestimmt  sind,  ist  nicht  einzutreten  (KILLIAS,  in:  Berner  Kommentar,  Schweizerische Zivilprozessordnung,  Band  II,  Bern  2013,  Art. 221  N 8  ff.;  LEUENBERGER,  in:  Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger,  Kommentar  zur  Schweizerischen  Zivilprozessordnung,  3. Aufl.,  Zürich  2016, Art. 221 N 24 ff.). Die  Beklagte  vertritt  den  Standpunkt,  die  Rechtsbegehren  der  Klägerin  erfüllten die  Anforderungen  an  ein genügendes Rechtsbegehren nicht (fehlende Spezifizierung/Bestimmtheit  der  Daten,  Schnittstellen,  Löschung,  Rechenschaft),  ohne  dies jedoch näher auszuführen.

[…]

Bereits  in  der  zusammenfassenden  Einführung  in  der  Klagebegründung  hält  die Klägerin  fest,  sie  habe  unter  dem  G._____  Partner  Vertrag  während  Jahren  sowohl ihre eigenen als auch sämtliche ihrer Kundendaten in das von der Beklagten entwickelte  Buchungssystem  auf  deren  Server  gespeichert.  Gemäss Rechtsbegehren  1a.  verlangt  sie  die  Herausgabe  sämtlicher  dieser  Daten.  Ihr Herausgabebegehren  bezieht  sich  mit  anderen Worten auf alle Daten, welche sie über  das  G._____-System  auf  den Servern der Beklagten gespeichert hat. Damit bezeichnet  sie  hinreichend, um welche Daten es ihr vorliegend geht. Eine weitere Spezifizierung ist nicht erforderlich. Auch die verlangte Herausgabe auf einem Datenträger  in  einem  Standardformat  erfüllt  das  Bestimmtheitserfordernis,  wobei  es der  Beklagten  überlassen  ist,  was  für  ein  Datenträger  und  welches  Standardformat sie wählen will. Da klar ist, um welche Daten es sich bei Rechtsbegehren 1a. handelt,  sind  auch  die  Rechtsbegehren  2.  und 3. genügend bestimmt, welche die Löschung  dieser Daten bzw. Rechenschaftsablage  darüber verlangen.

Damit ist auf die Klage einzutreten.

2. Herausgabeanspruch der Klägerin (Rechtsbegehren  Ziffer 1a. und 1b.)

2.1.  Unbestrittener  Sachverhalt

Die Klägerin arbeitete seit dem Abschluss des G._____ Partner Vertrages mit der Beklagten im November 2005 mit dem von der Beklagten entwickelten Buchungssystem  „G._____“.  Der  ursprüngliche Vertrag wurde von den Parteien im Dezember  2008  angepasst,  welche  Version  für  die  vorliegende  Streitigkeit  relevant  ist. „G._____“  ist  eine  von  B1._____  individuell  entwickelte,  auf  SAP  basierende Softwarelösung  für  Reisebüros,  welche  die  Bereiche  Front-Office  (Reisebuchungsaktivitäten),  Mid-Office  (Kundenstamm,  Auftragsverwaltung)  und  Back-Office  (Buchführung)  enthält.  Die  Klägerin  konnte  über  eine  entsprechende  Software  (Citrix Receiver) online auf den Front- und Mid-Office Bereich von B1._____ zugreifen.  Betreffend  Back-Office  bestand  zudem  eine  (Daten-)Schnittstelle,  welche  die  Möglichkeit  bot,  buchhalterisch  relevante  Daten zu exportieren. Sämtliche Daten, welche die Klägerin in das G._____-System eingab, wurden dabei auf den Servern  der  Beklagten  abgespeichert.  Aufgrund  eines  gerichtlichen  Vergleichs vom 12. Juli 2013 wurde der G._____ Partner Vertrag per Ende September 2013 aufgelöst.  Ab  dann  konnte  die  Klägerin  keine  Mutationen  mehr  im  G._____-System  vornehmen,  sie  konnte  jedoch bis Ende November 2013 im Rahmen des sog.  Show  Modus  noch  auf  das  System  zugreifen.  Seit  Dezember  2013  hat  die Klägerin  nun  keinen  Zugang  mehr  zum  System  und  den  auf  den  beklagtischen Servern gespeicherten  Daten.

Das  G._____-System  besteht  aus  relationalen  Datenbanken,  welche  B1._____ selbst  aufgebaut  hat.  Darin  werden  Daten  teils  strukturiert,  teils  unstrukturiert  abgelegt.  Während  die  Klägerin  die  strukturierten  Daten  noch  während  der  Vertragsdauer selber in einem Standardformat (Excel) exportieren konnte, war dies in Bezug  auf  die  unstrukturierten  Daten  nicht  möglich,  da sich diese nicht ohne Aufwand  übernehmen  lassen.  Über  letztere  Daten  verfügt  die  Klägerin  bis  heute nicht.  Der  G._____  Partner  Vertrag  äussert  sich  nicht  (explizit)  zur  Thematik  der Datenmigration bei Beendigung des Vertragsverhältnisses.

[…]

2.3.  Vertraglicher Herausgabeanspruch

2.3.1. Ausgangslage

Die  Klägerin  verlangt  in  Rechtsbegehren  Ziffer  1a.  ihrer Klage von der Beklagten die  Herausgabe  sämtlicher  auf ihren Servern gespeicherten Daten auf einem Datenträger  in  einem  Standardformat.  Mit  diesem  Begehren  verlangt  die  Klägerin nicht  nur,  wieder über ihre  Daten  verfügen  zu  können,  sondern  auch,  dass  die Beklagte  auf  eigene  Kosten  sämtliche  Daten  der  Klägerin,  welche  sich  auf  den beklagtischen  Servern  befinden,  sofern  notwendig  in  ein  Standardformat  transferiert, auf einen Datenträger abspeichert und ihr den Datenträger übergibt.

2.3.2. Die Regelungen  im G._____ Partner Vertrag

Der  zwischen  den  Parteien geschlossene G._____ Partner Vertrag enthält unstrittig  keine  explizite  Regelung  zur  Datenmigration  bei  Vertragsbeendigung.  Immerhin  sieht  er  unter  dem  Titel  „Vertragsdauer/Standortwechsel/Umzug/Kündigung“ vor,  dass die Beklagte bei Beendigung der Zusammenarbeit dem Reisebüro weiterhin  den  Zugriff  auf  seine  Daten  im  Show  Modus  während zweier Monate unter Verrechnung  der  Userkosten  und/oder  anderen  anfallenden  Kosten  und  Gebühren  gewähre. Des Weiteren wird festgehalten, dass Deinstallationskosten  und  Gebühren  der  Beklagten  und/oder  Dritten  dem  Reisebüro auch  bei  termingerechter  Vertragsauflösung  in  Rechnung  gestellt  bzw.  weiterbelastet  würden.  Zudem  sieht  der  Vertrag  unter  dem  Titel „Servicedesk“  insbesondere vor, dass Probleme im Zusammenhang mit dem Datentransfer  nicht unterstützt  würden.

Während  sich  die  Beklagte  auf  den  Standpunkt  stellt,  dass  mit der Vereinbarung des  zweimonatigen  Show  Modus  über  die  Datenmigration  bei  Vertragsbeendigung  eine  abschliessende  Regelung  getroffen  worden  sei,  führt  die Klägerin aus, dass der Vertrag in dieser Hinsicht eine ergänzungsbedürftige  Lücke aufweise.

2.3.3. Vertragsauslegung  / Vertragsergänzung

Haben  die  Parteien  unterschiedliche  Auffassungen über den massgeblichen Inhalt eines  Vertrages,  ist das Gericht aufgerufen, durch Vertragsauslegung das Vereinbarte  zu  ermitteln  (SCHWENZER,  Schweizerisches  Obligationenrecht  Allgemeiner Teil,  7. Aufl.,  Bern  2016,  § 33  Rz 33.01). Ziel der Vertragsauslegung ist es dabei, in  erster  Linie  den übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festzustellen (vgl.  Art. 18  Abs.  1  OR).  Erst  wenn  eine  tatsächliche  Willensübereinstimmung unbewiesen  bleibt,  sind  zur  Ermittlung  des  mutmasslichen  Parteiwillens  die  Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem  Wortlaut  und  Zusammenhang  sowie  den  gesamten  Umständen  verstanden werden  durften  und  mussten.  Massgebend  ist  dabei  der  Zeitpunkt  des  Vertragsabschlusses.  Nachträgliches  Parteiverhalten  ist bei der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip  nicht  von  Bedeutung;  es  kann  höchstens  –  im  Rahmen  der  Beweiswürdigung  –  auf  einen  tatsächlichen  Willen  der  Parteien  schliessen  lassen (BGE 133 III 61 E. 2.2.1; 132 III 626 E. 3.1; 129 III 675 E. 2.3; Urteil des Bundesgerichts 4A_615/2015 E. 5.1). Haben die Parteien eine Rechtsfrage, die den Vertragsinhalt  betrifft,  nicht  oder  nicht  vollständig  geregelt,  liegt  eine  Vertragslücke vor,  welche  einer  Vertragsergänzung  bedarf. Ob dies zutrifft, ist vorerst durch empirische,  bei  deren  Ergebnislosigkeit  durch  normative  Auslegung  zu  ermitteln (BGE  115  II  484  E.  4a;  Urteile  des  Bundesgerichts  4A_517/2011  E.  1.7  und 4A_380/2011  E.  4.3;  je  mit  Hinweisen).  Ist  ein  lückenhafter  Vertrag  zu  ergänzen, hat  das  Gericht  –  falls  dispositive  Gesetzesbestimmungen  fehlen  –  zu  ermitteln, was  die  Parteien  nach  Treu  und  Glauben  vereinbart  hätten,  wenn  sie  den  nicht geregelten  Punkt  in  Betracht  gezogen  hätten.  Bei  der  Feststellung  dieses  hypothetischen  Parteiwillens  hat  es  sich  am  Denken  und  Handeln  vernünftiger  und redlicher  Vertragspartner  sowie  an  Wesen  und  Zweck  des  Vertrages  zu orientieren  (BGE  127  III  300  E.  6a und 6b; 115 II 484 E. 4b; Urteile des Bundesgerichts 4A_696/2015 E. 6.2.1 und 4A_380/2011 E. 5.1.3; je mit Hinweisen). Vertragsauslegung  und  Vertragsergänzung  lassen  sich  nur  theoretisch  unterscheiden  und  gehen in der Praxis ineinander über (SCHWENZER, a.a.O.,  § 33 Rz 33.01).

2.3.4. Vertragsqualifikation

Während  sich  die  Beklagte  nicht  zur  Natur  des  G._____  Partner  Vertrages  äussert,  qualifiziert  ihn  die  Klägerin  als  Application Service Providing (ASP) Vertrag. Beim  ASP  stellt  der  Lieferant  dem  Anwender  Software  zur  Nutzung  zur  Verfügung. Dabei ist das Computerprogramm auf dem Server des Lieferanten installiert und  der  Anwender  nutzt  es  online  über  ein  Datennetz.  Zudem  erbringt  der  Lieferant  in  der  Regel  weitere  Leistungen,  wie  z.B.  die  Speicherung  der  Daten  des Anwenders,  deren  Sicherung  und  die  Softwarepflege.  Meist  handelt  es  sich  um eine  Standardsoftware  des  Lieferanten.  Typische  Applikationen  sind  Programme für  das  Online-Banking,  E-Mail-Accounts  oder  E-Shop-Lösungen  (FRÖHLICH-BLEUER,  Softwareverträge,  2. Aufl.,  Bern  2014,  Rz  2397  ff.).  Im  Rahmen  des G._____ Partner Vertrages konnte die Klägerin online auf die auf den Servern der Beklagten  installierte  Software  des  G._____-Systems  zugreifen  und  –  ebenfalls auf  den  beklagtischen  Servern  –  die  Kunden-  und  Dossierdaten  speichern  und bearbeiten.  Die  rechtliche  Qualifikation  des  G._____-Vertrages  als  ASP-Vertrag trifft somit zu,  was auch die Beklagte nicht  bestreitet.

In  der  Schweiz  wird  der  ASP-Vertrag  in  der  Lehre  als  Innominatkontrakt  qualifiziert,  auf  welchen  insbesondere  miet-  und werkvertragliche Bestimmungen analog angewendet  werden  können.  Weiter  weist  er  auch  Wesensmerkmale  der  Hinterlegung,  des  Lizenzvertrages  und  des  Auftrages  auf  (FRÖHLICH-BLEUER,  a.a.O., Rz 2438  f.;  IMHOF,  Der  ASP-Vertrag,  Zürich/Basel/Genf  2008,  S. 75  ff.;  HEUSLER/MATHYS,  IT-Vertragsrecht,  Praxisorientierte  Vertragsgestaltung  in  der  Informationstechnologie,  Zürich  2004, S. 49 f.).

2.3.5. Vertragslücke

Bei  einem  ASP-Vertrag,  bei  welchem der Lieferant dem Anwender Speicherplatz auf  seinen  Servern  zur  Verfügung  stellt,  stellt  sich  offensichtlich  die  Frage,  was mit  diesen  Daten  bei  Vertragsbeendigung  passieren  soll.  Denn  zu  diesem  Zeitpunkt  befinden  sich  zwangsläufig  Daten,  welche  wirtschaftlich  dem  Anwender  zustehen,  auf  den  Servern  bzw.  im  Machtbereich  des  Lieferanten.  Insbesondere  in der  vorliegenden Situation, in welcher die Übertragung gewisser Daten schon aus technischen  Gründen  nicht  ohne  Weiteres  möglich ist, drängt sich damit eine vertragliche  Regelung  betreffend  Datenmigration  geradezu  auf.  Dabei  erscheint  insbesondere  eine  Vereinbarung  dazu  notwendig,  welche  Daten  in  welchem Format auf  welchem  Weg  erhältlich  zu  machen  sind,  welche Partei bei der Datenmigration  welche  Pflichten  treffen  und  nicht  zuletzt,  wer  die  dafür  entstehenden  Kosten zu  tragen  hat.  Ein  ASP-Vertrag,  der  sich  zu  diesen  Punkten  nicht  äussert,  ist  lückenhaft.

Die  Beklagte  macht  nun  geltend,  mit  der  Vereinbarung des zweimonatigen Show Modus  sei  eine  Regelung  für  die  Datenmigration  in dem Sinne getroffen worden, dass es die Pflicht der Klägerin gewesen sei, in dieser Zeit ihre Daten selbständig zu  übernehmen,  soweit  möglich  durch  Exportieren,  ansonsten  durch  copy/paste. Damit ist die entsprechende  Vertragsbestimmung  zum  Show Modus auszulegen.

Keine  Partei  hat  zu  dieser  Bestimmung  substantiiert  einen  übereinstimmenden wirklichen  Parteiwillen  behauptet  und  dazu  Beweise  offeriert.  Demnach  ist  zur Ermittlung  des  mutmasslichen  Parteiwillens  die  Vereinbarung  der  Parteien  aufgrund  des  Vertrauensprinzips  so  auszulegen,  wie  sie  nach  ihrem  Wortlaut  und Zusammenhang  sowie  den  gesamten  Umständen  verstanden  werden  durfte  und musste.

Aufgrund  des  Wortlautes  der  entsprechenden  Vertragsklausel  betrifft  diese einzig den  „Zugriff“  auf  die  Daten  nach  Vertragsbeendigung  für  zwei  Monate.  Über  die Datenmigration  wird  nichts  ausgeführt.  Auch  der  Name  „Show  Modus“  impliziert keine  Regelung  betreffend  Datenmigration, sondern spricht dafür, dass es um ein reines „Zeigen“ der Daten noch für zwei Monate geht. Aus den weiteren Vertragsbestimmungen  bzw.  Umständen  kann  sodann  ebenfalls  nicht  darauf  geschlossen werden, dass sich die Vereinbarung des Show Modus auf die Datenmigration bezieht.  Es  ist  denn  auch  notorisch,  dass  die  Umstellung  auf  ein  neues  Computersystem  kaum  je  ohne  gewisse Startschwierigkeiten verläuft. Es macht also durchaus  Sinn,  sich  –  unabhängig  von  der  Datenmigration  –  den  Zugriff  auf  das  alte System  noch  für  eine  gewisse  Zeit  zu  sichern,  um  den  Geschäftsgang  ununterbrochen  aufrecht  zu  erhalten.  Der  Show  Modus  musste  sodann  von  der  Klägerin explizit  beantragt  werden  und  wurde  nicht  automatisch  aufgeschaltet,  was  zusätzlich dagegen spricht, dass dieser für die Datenmigration vorgesehen  war.

Damit  kann die Vereinbarung des Show Modus nach dem Vertrauensprinzip nicht zugleich  als  Bestimmung  über  die  Datenmigration  verstanden  werden.  Da  dem G._____  Partner  Vertrag  zu  dieser  Thematik  auch  aus  keiner  anderen  Bestimmung etwas zu entnehmen  ist, weist er diesbezüglich  eine Lücke auf.

2.3.6. Vertragsergänzung

Zur  Ergänzung  des  G._____  Partner  Vertrages  stellt  sich  zunächst die Frage, ob die  vorliegende  Problematik  durch  die  analoge  Anwendung von dispositivem Gesetzesrecht  gelöst  werden  kann.  In  Bezug  auf  die  Datenmigration  kommen  dafür insbesondere  die  Bestimmungen  von  Miete  und  Pacht,  der  Hinterlegung  oder  allenfalls  des Auftragsrechts  in Frage.

Miet-  bzw.  Pachtrecht  könnte  analog  zur  Anwendung  gelangen,  da  die  Beklagte der  Klägerin  Speicherplatz  auf  ihren  Servern  überlassen  hat.  Nach  Art. 267  OR muss  der  Mieter  die  Sache  in  dem  Zustand  zurückgeben,  der  sich aus dem vertragsgemässen  Gebrauch  ergibt. Soweit die Parteien nicht etwas anderes vereinbart  haben,  ist  die  Mietsache  gemäss  Art. 74  Abs. 2  Ziff. 2  OR  am  Ort zurückzugeben,  wo  sie  sich  beim Vertragsabschluss befand (WEBER, in: Basler Kommentar,  Obligationenrecht  I,  6. Aufl.,  Basel  2015,  Art. 267  N 2).  Gemäss  Art. 299  OR gibt  der  Pächter  die  Sache  und  das  gesamte  Inventar  in  dem  Zustand zurück, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Rückgabe befinden. Auch bei der Pacht bestimmt sich  der  Ort  der  Rückgabe  nach Art. 74 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 OR (STUDER/KOLLER, in:  Basler  Kommentar, Obligationenrecht I, 6. Aufl., Basel 2015, Art. 299 N 2). Der Pächter  hat  sowohl  die  Kosten  für  die  Wiederherstellung  der  vorherigen  Ertragskraft  als  auch  die  Kosten  für  die  Ertragsausfälle  bis  dahin  zu  übernehmen  (STUDER/KOLLER,  a.a.O.,  Art. 299  N 2c).  Bei  analoger  Anwendung  von  Miet-  bzw. Pachtrecht, wäre es also an der Klägerin gewesen, der Beklagten ihren Speicherplatz  auf  eigene  Kosten  in  vertragsgemässem  Zustand  zurückzugeben,  d.h.  ihre Daten  von den beklagtischen Servern zu entfernen. Ein Anspruch der Klägerin auf eine  Transformation  und  Herausgabe  der  Daten  auf  einem Datenträger kann aus diesen Bestimmungen  jedenfalls  nicht abgeleitet werden.

Weiter  könnte  sich  die  analoge  Anwendung  des  Hinterlegungsrechts  rechtfertigen,  da  die  Klägerin  ihre  Daten  auf  den  Servern  und  somit im Machtbereich der Beklagten gespeichert und damit quasi „hinterlegt“ hat. Gemäss Art. 475 OR kann der  Hinterleger  die  hinterlegte  Sache  jederzeit  zurückfordern.  In  Art. 477  OR  wird geregelt,  dass  die  hinterlegte  Sache  auf  Kosten  und  Gefahr  des  Hinterlegers  da zurückzugeben  ist,  wo  sie  aufbewahrt  werden  sollte.  Die  Rückgabepflicht  ist  also eine  Holschuld.  Die  Regelung  von  Art. 477  OR  geht  Art. 74  Abs. 2  Ziff. 2  OR  als Spezialnorm  vor.  Unter Kosten der Rückgabe sind Auslagen i.S.v. Art. 473 Abs. 1 OR  zu  verstehen,  die  ohnehin  zulasten  des  Hinterlegers  gehen.  Der  Hinterleger hat  keine  mit  der  Rückgabe  verbundenen  Aufwendungen  zu  ersetzen,  die  Generalunkosten  des Aufbewahrers darstellen, wohl aber solche, die mit der Rückgabe der  Sache  unmittelbar  zusammenhängen  (KOLLER,  in: Basler Kommentar, Obligationenrecht  I,  6. Aufl.,  Basel  2015,  Art. 477  N  2  f.  und  6). Sofern vorliegend demnach  Hinterlegungsrecht  herangezogen  würde,  wäre  die  Beklagte  zwar  jederzeit dazu  verpflichtet,  der  Klägerin  ihre Daten zu überlassen, die Klägerin müsste diese  jedoch  grundsätzlich  auf eigene Kosten am Domizil der Beklagten „holen“. Zudem  hätte  die  Klägerin ohnehin die Kosten für den Aufwand einer speziellen Herausgabe  durch  die  Beklagte  zu  bezahlen.  Das  Recht,  Daten  zurückzufordern, sagt sodann nichts darüber aus, auf welche Weise die Klägerin wieder an ihre Daten  gelangen  können  muss.  Insgesamt  legt  damit  auch  das  Hinterlegungsrecht nahe,  dass  die  Klägerin  ihre  Daten  selber  und  auf  eigene  Kosten  vom  beklagtischen  Server  behändigen  müsste.  Eine  Pflicht  zur  Datentransformation  und  Herausgabe  auf  einem  Datenträger  kann  diesen  Bestimmungen  nicht  entnommen werden.

Würde  man  sodann  Auftragsrecht  analog  anwenden,  wäre  vorliegend  Art. 400 Abs. 1 OR zu beachten. Nach diesem Artikel ist der Beauftragte schuldig, auf Verlangen  jederzeit  über  seine  Geschäftsführung  Rechenschaft  abzulegen  und  alles, was  ihm  infolge  derselben  aus  irgendeinem  Grunde  zugekommen  ist,  zu  erstatten.  Mangels  einer  Sonderregelung  ergibt  sich  der  Ablieferungsort  dabei  aus Art. 74  OR  (WEBER,  a.a.O.,  Art. 400  N 15).  Nach  Art. 74  Abs. 1  OR  wird  der  Ort der  Erfüllung  durch  den  ausdrücklichen  oder  aus  den  Umständen  zu  schliessenden  Willen  der  Parteien  bestimmt.  Wo  nichts  anderes  bestimmt  ist,  gilt  nach Art. 74  Abs. 2  OR  Folgendes:  Geldschulden  sind  an  dem  Orte  zu  zahlen,  wo der Gläubiger  zur  Zeit der Erfüllung seinen Wohnsitz hat (Ziff. 1). Wird eine bestimmte Sache  geschuldet,  so  ist  diese  da  zu  übergeben,  wo  sie  sich  zur  Zeit  des  Vertragsabschlusses  befand  (Ziff. 2).  Andere  Verbindlichkeiten  sind  an  dem  Orte  zu erfüllen,  wo  der  Schuldner  zur  Zeit  ihrer  Entstehung  seinen  Wohnsitz  hatte (Ziff. 3).  Die  Parteien  behaupten  nicht,  dass  ein  übereinstimmender  Parteiwille  in Bezug  auf  die  Datenherausgabe  vorgelegen  habe.  Da  es  sich  bei  den  von  der Klägerin  geforderten  Daten  zudem  weder  um  Geld  noch  um  eine  bestimmte  Sache  handelt,  liegt  nach  der  allgemeinen  Regel  von  Art. 74  Abs. 2  Ziff. 3  OR  eine Holschuld  vor.  Zwar  ist  der  Klägerin  dahingehend  Recht  zu  geben,  dass  Art. 74 OR  nur  den  Ort  der  Erfüllung  regelt  und  nicht  deren  Modalitäten,  das  Vorliegen einer  Holschuld spricht aber dennoch dagegen, dass den Schuldner bei der Erfüllung  zusätzliche,  vertraglich  nicht  geregelte  Pflichten  treffen.  Auch  bei Anwendung von  Auftragsrecht  bzw.  nach  der  allgemeinen  Regel  von  Art. 74  OR wäre es also eher  an  der  Klägerin,  ihre  Daten  von  den  Servern  der  Beklagten  zu  entfernen, nicht  etwa  an  der  Beklagten,  diese  in  der  verlangten  Art  und  Weise herauszugeben. Ein solcher Anspruch  sieht das Gesetz nicht vor.

Das  zur  analogen Anwendung in Frage kommende dispositive Gesetzesrecht legt demnach  insgesamt  einerseits  nahe,  dass  die  Klägerin  einen  Anspruch  haben muss, wieder über ihre Daten verfügen zu können. Denn da es vorliegend um Daten  geht,  welche  wirtschaftlich  der  Klägerin zustehen, jedoch im Machtbereich der Beklagten  abgespeichert  sind,  bestehen hier insbesondere Parallelen zum Hinterlegungsrecht,  bei  welchem  Art. 475  Abs. 1  OR  dem  Hinterleger  einen  jederzeitigen  zwingenden  Rückforderungsanspruch  gewährt  (KOLLER,  a.a.O.,  Art. 475  N 1). Auch Art. 400 Abs. 1 OR zum Auftragsrecht gewährt dem Auftraggeber ein Erstattungsrecht  an  allem,  was  dem  Beauftragten  infolge  der  Geschäftsführung  zugekommen  ist.  Andererseits  ergibt  sich  daraus  keine  Pflicht der Beklagten, die klägerischen  Daten  zu  transformieren,  auf  einem  Datenträger  zu  speichern  und  diesen der Klägerin auszuhändigen. Weiter geht daraus hervor, dass die Klägerin für die  Kosten  der  von  ihr  verlangten  Datenherausgabe  zu  bezahlen  hätte.  Es  ist  jedoch  zu  beachten,  dass  die  zitierten  Bestimmungen  vorliegend  insofern  nicht  ohne  Weiteres  herangezogen  werden  können,  als  dass  es  sich  bei  Daten nicht um Sachen  handelt,  bei  welchen  der  Vorgang  der  Herausgabe in aller Regel einfach ist.

Es  stellt  sich  damit die Frage nach dem hypothetischen Willen redlicher Parteien. Bei  dessen  Ermittlung  ist  vorauszuschicken,  dass  bei  Nutzung  des  G._____-Systems  unstrittig gewisse Daten in unstrukturierter Form gespeichert werden und somit  bei  Vertragsbeendigung  nicht  ohne  grösseren  Aufwand  übertragen  werden können.  Auch  wenn  dies  –  zumindest  aus  der  Sicht  der Klägerin – allenfalls wirtschaftlich  betrachtet  nicht  sinnvoll  sein  mag, stand es der Beklagten grundsätzlich frei,  die  von  ihr  selbst  entwickelte  Software  entsprechend  auszugestalten.  Insofern  die  Klägerin  geltend  macht,  die  Beklagte  treffe  eine  generelle  Pflicht,  das G._____-System  so  zu  gestalten,  dass  alle  Daten  einfach  exportiert  werden können,  geht  sie  daher  fehl.  Bei  der  Vertragsergänzung  sind  demnach  die  tatsächlichen  technischen  Gegebenheiten  zu  berücksichtigen.  Ob  der  Klägerin  diese  bekannt  waren  oder  sie  sogar  darüber  getäuscht  worden  sein  könnte,  ist  sodann vorliegend  nicht  relevant,  da  die  Klägerin  keinen  Willensmangel  geltend  macht, sondern  sich  für  den  von  ihr  geltend  gemachten  Anspruch  gerade  auf  den G._____ Partner Vertrag stützt.

Vor  dem  Hintergrund,  dass  die  unstrukturiert  abgespeicherten  Daten  nicht  ohne Aufwand  exportiert  werden  können,  sind  vorliegend  insbesondere  zwei  Varianten der  Vertragsausgestaltung  denkbar.  Die  Parteien  hätten  einerseits  im  Vertrag festhalten  können,  dass  die  Klägerin  bei  Vertragsbeendigung  ihre  Daten  selbständig  übernehmen  muss,  strukturiert  gespeicherte  Daten  per  Export  in  ein Standardformat,  unstrukturiert  gespeicherte  Daten  manuell.  Andererseits  hätten sie vereinbaren können, dass sich die Beklagte dazu verpflichtet, alle Daten in einem  Standardformat  herauszugeben,  wobei  die  unstrukturierten  Daten  von  ihr  in das  entsprechende  Format transferiert werden müssen. Bei letzterer Variante hätten  die  Parteien  sodann mutmasslich vereinbart, dass die Klägerin der Beklagten die  Kosten  für  die  Transformation  und  Herausgabe  zu  erstatten  hat.  Dies  legt wie  erwähnt – bereits das dispositive Gesetzesrecht nahe, welches analog herangezogen  werden  kann.  Es  erscheint  aber  auch  vor  dem  Hintergrund  sinnvoll  und angemessen,  wonach  die  Datenübertragung  vorliegend  einzig  im  Interesse  der Klägerin  liegt.  Eine  entsprechende  Kostenregelung  wurde  sodann  im  G._____ Partner  Vertrag  betreffend  Deinstallationskosten  und  Gebühren der Beklagten bei Vertragsauflösung  vereinbart.  Diese  werden  gemäss  Ziff. 17  Abs. 8  der  Klägerin in  Rechnung  gestellt.  Da  betreffend  Datenmigration  von  einer  Lücke  im  Vertrag auszugehen  ist,  hat  die  Klägerin diese Kosten auch noch nicht mit der Bezahlung der übrigen Gebühren bereits abgegolten. Die Klägerin argumentiert in dieser Beziehung  widersprüchlich,  wenn  sie  einerseits  in  Bezug  auf  die  Datenmigration selbst  von  einer  Vertragslücke  spricht,  andererseits  jedoch  dafür  hält,  die Kosten seien mit den übrigen Gebühren  bereits abgedeckt.

Welche  Variante  die Parteien mutmasslich gewählt hätten, hängt massgeblich davon  ab,  was  für  einen  Aufwand  die  Umwandlung der unstrukturierten Daten in ein Standardformat bedeutet hätte bzw. wie hoch die Kosten dafür ausgefallen wären. Diesbezüglich  fehlen  konkrete  Parteibehauptungen,  womit  der  Sachverhalt  nicht eruiert  werden  kann.  Da nach der allgemeinen Regel von Art. 8 ZGB die Klägerin die  Beweislast  für  Tatsachen  trägt,  welche  den  von  ihr  geltend  gemachten  Herausgabeanspruch  stützen,  ist  infolge  Beweislosigkeit  damit  davon  auszugehen, dass  die  Transformations-  und  Herausgabekosten  so  hoch  ausfallen  würden, dass die Parteien die erste Variante gewählt hätten, wonach die Klägerin bei Vertragsbeendigung  ihre  Daten  selbständig  und  ohne  vorgängige  Datentransformation durch  die Beklagte zu  übernehmen  hat.

Da  die  Klägerin  – wie schon die vorliegende Klage zeigt – ein grosses Interesse daran  hat  und  hatte,  alle  ihre  Daten nach der Vertragsbeendigung weiter verwenden  zu  können,  und  die  unstrukturiert  gespeicherten  Daten  nur  mit  einigem  Aufwand  übernommen  werden  können,  hätten  die  Parteien  demnach  nach  Treu  und Glauben  eine  Regelung  getroffen,  welche  die  Datenübernahme  gewährleistet hätte.  Sinnvoll  erscheint  diesbezüglich eine Abmachung, dass die Beklagte verpflichtet  ist,  der  Klägerin  bei  Vertragsbeendigung  den  Zugriff  auf  ihre  Daten  für  eine angemessene Dauer zu gewähren, so dass es der Klägerin möglich ist, diese Daten  in  irgendeiner  Form  zu  übernehmen  (soweit  möglich  elektronisch,  ansonsten manuell),  und  die  Beklagte dazu Support leistet. Dazu hätte z.B. die Beibehaltung des  Show  Modus  vereinbart  werden können (sofern dieser eine Datenübernahme ermöglicht),  wobei  dieser  zeitlich  zu  verlängern  gewesen  wäre.  Vorliegend  erscheint  ein  Zeitraum  von  rund  drei  Monaten  entsprechend  der  vertraglich  vorgesehenen  Kündigungsfrist  für  die  Datenmigration  angemessen.  Wie  dargelegt,  hat die  Klägerin  in  analoger  Anwendung  des  dispositiven  Gesetzesrechtes  (insbesondere  Art. 477  OR)  sowie  der  ähnlich  gelagerten  Vertragsklauseln  zum  Show Modus  sowie  zu  den  Deinstallationskosten  der  Beklagten  die  dafür  anfallenden Kosten  zu  ersetzen.  In  diesem  Sinne  ist  der  G._____  Partner  Vertrag  zu  ergänzen.

2.4.  Ausservertragliche  Ansprüche

Auch  das  Datenschutzrecht  sieht  keinen  Anspruch  der  Klägerin  auf  Transformation  und  Herausgabe  der  Daten  auf einem Datenträger vor. Da die Klägerin – wie dargelegt  –  einen  vertraglichen  Anspruch  auf  Gewährung  des  Zugangs  zu  ihren Daten  hat,  kann  sodann  vorliegend  offenbleiben,  ob  auch  das  Datenschutzrecht oder  allenfalls  eine  analoge  Anwendung  sachenrechtlicher  Bestimmungen  einen entsprechenden  Anspruch  gewähren  würden.

2.5.  Fazit

Zusammenfassend  kann  damit  festgehalten  werden,  dass  die  Klägerin  aufgrund des  ergänzten  G._____  Partner  Vertrages  einen  vertraglichen  Anspruch  darauf hat,  ihre  Daten  bei  Vertragsbeendigung  auf eigene Kosten selbst zu behändigen. Dazu  hat  ihr  die  Beklagte  für  drei  Monate  ab  Rechtskraft  des  Urteils  die  Datenübernahme  zu  ermöglichen,  indem  sie  ihr  auf  Kosten  der  Klägerin  entsprechend Zugang  zu  den  Daten  gewährt  (z.B.  im  Show  Modus;  die  Informationen  müssen direkt  elektronisch verarbeitbar sein) und – soweit nötig – Support leistet, dies alles  zu  den  im  Zeitpunkt  der  Vertragsbeendigung  gültigen  vertraglichen  Konditionen  und  systemtechnischen  Gegebenheiten.  Ein  Recht  auf  eine  Transformation der  Daten  mit  anschliessender  Herausgabe  auf  einem Datenträger steht der Klägerin  dagegen  nicht  zu. Vielmehr hat sie ihre Daten – sofern dies nicht durch Exportieren  möglich  ist  –  manuell  zu  übernehmen. Da bislang  keine „Datenübernahmephase“  stattgefunden  hat,  weil  sich  die  Parteien  über  deren  Modalitäten nicht  einig  waren,  ist  das klägerische Rechtsbegehren 1a. im Sinne dieser Erwägungen  teilweise gutzuheissen  und  im Übrigen abzuweisen.

Rechtsbegehren  Ziffer  1b.  hat  die  Klägerin  sodann  nur  eventualiter  für  den  Fall gestellt,  dass  die  Daten  nicht  von  der  Beklagten  übertragen  werden  könnten.  Da dies  keine  der  Parteien  behauptet  und Rechtsbegehren Ziffer 1a. teilweise gutzuheissen ist, ist dieses Rechtsbegehren  abzuweisen.

3. Löschungsanspruch (Rechtsbegehren  Ziffer 2)

[…]

3.2.  Vertraglicher Löschungsanspruch

Die  Klägerin  leitet  den  von  ihr  geltend  gemachten  Löschungsanspruch  in  erster Linie aus dem G._____ Partner Vertrag ab. Da sie diesbezüglich weder substantiiert behauptet, dass sich die Parteien bei Vertragsschluss über die Datenlöschung einig  gewesen  wären,  noch  ausführt, dass der Vertrag in dieser Hinsicht eine Lücke  aufweise,  ist  durch  Vertragsauslegung  zu  bestimmen,  ob  die  Klägerin  einen vertraglichen  Anspruch  auf Löschung  ihrer Daten durch  die Beklagte hat.

Im  G._____  Partner  Vertrag  haben  die  Parteien  in  Ziffer  8  die  Pflichten  der  Beklagten  in  Bezug  auf  die  Datensicherheit  geregelt. Darin haben sie insbesondere vereinbart,  dass  sich  die  Beklagte  verpflichte,  die  im  zentralen  Informatiksystem gespeicherten  Daten  der  Klägerin  treuhänderisch  zu verwalten und in keiner Weise  zu  missbrauchen.  Daten  würden  Dritten  nur  soweit  dies  für  die  vertraglich  erwähnten  Funktionen  notwendig  sei, weitergegeben. Über die Löschung  der  Daten  nach  Vertragsbeendigung  enthält  die  Ziffer  dagegen  keine  explizite  Bestimmung.  Weiter  enthält  der  Vertrag  in  Ziffer  17  unter  dem  Titel  „Vertragsdauer/Standortwechsel/Umzug/Kündigung“  die  Klausel,  dass  die  Rechte  und Pflichten  der  Vertragspartner  im  Zusammenhang  mit  Daten,  die  vor  der  Kündigung  beziehungsweise  bis  zum  Ablauf  des  Vertragsverhältnisses  übermittelt  worden  seien, von der Vertragsbeendigung unberührt blieben. Weitere unter  diesem Gesichtspunkt  relevante  Bestimmungen  sind nicht ersichtlich.

Damit  sind  die  genannten  Vertragsbestimmungen  aufgrund  des  Vertrauensprinzips  so  auszulegen,  wie  sie  nach  ihrem  Wortlaut  und  Zusammenhang  sowie  den gesamten  Umständen  verstanden  werden  durften  und  mussten.  Dabei  ist  zunächst  die  Vereinbarung  relevant,  wonach  die  Rechte  und Pflichten der Vertragspartner  im  Zusammenhang  mit  übermittelten  Daten  auch  nach  Vertragsbeendigung  unberührt  bleiben.  Dies  spricht  dafür,  dass  es  auch  nach  Vertragsbeendigung  Daten  geben  muss,  welche  bei  der  jeweiligen  Gegenpartei  verbleiben  und damit  gegen  einen  automatischen  Löschungsanspruch.  Diese  Bestimmung  dürfte sodann  insbesondere  zur  Sicherstellung  des  Datenschutzes  getroffen  worden sein.

Weiter  ist  insbesondere  zu  bestimmen,  was  mit  „treuhänderischer“  Datenverwaltung  genau  gemeint  war  bzw.,  ob  dieser  Formulierung  ein  Löschungsanspruch der Klägerin inhärent ist. Dazu führen die Parteien nichts Konkretes aus. Das Wesen  der  Treuhand  besteht  darin,  dass  der  Treugeber  dem  Treuhänder  Sachen, Werte  oder  Forderungen  zu  Eigentum  überträgt  und  sich  der Treuhänder vertraglich  verpflichtet,  das  Treugut  gemäss  der  Vereinbarung  mit  dem  Treugeber  zu verwenden.  Im  internen  Verhältnis  ist  er  an  die  Weisungen  des  Treugebers  gebunden  und  muss  vertragsgemäss  und  sorgfältig tätig werden. Gegenüber Dritten kann  er  jedoch  über ein Recht bzw. eine Sache beliebig verfügen. Es kommt ihm eine  überschiessende  Rechtsmacht  zu  (GEHRER  CORDEY/GIGER,  in:  Handkommentar  zum  Schweizer  Privatrecht,  Vertragsverhältnisse  Teil  2,  3. Aufl.,  Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 394 OR N 12; WEBER, a.a.O., Art. 394 N 11). Die getroffene Regelung  der Parteien bringt damit zum Ausdruck, dass das Recht an den klägerischen  Daten  vollumfänglich  auf  die  Beklagte  übergegangen  ist,  diese  jedoch verpflichtet  ist,  sie  gemäss  den  Vereinbarungen  im  G._____  Partner  Vertrag  zu verwalten.  Diesbezüglich kamen die Parteien – wie dargelegt – überein, dass die Beklagte  die  Daten  in  keiner  Weise  missbrauchen und nur an Dritte weitergeben dürfe,  soweit  es  für  die  vertraglich  erwähnten  Funktionen  notwendig  sei.  Diese Abmachungen  und  der  Umstand,  dass  die  Bestimmung unter dem Titel „Datensicherheit“  steht,  zeigt,  dass  die  Beklagte  damit  verpflichtet  werden  sollte,  sich  an die  datenschutzrechtlichen  Bestimmungen  zu  halten.  Über  die  datenschutzrechtlichen  Bestimmungen  hinausgehende  Abmachungen,  insbesondere  eine  vertragliche  Datenlöschungspflicht  bei  Vertragsbeendigung,  wurden  dagegen  nicht  vereinbart.  Damit  stellt  sich  vorliegend  einzig  die  Frage  nach  einem  datenschutzrechtlichen  Löschungsanspruch.

Ein  vertraglicher  Löschungsanspruch  wäre  sodann  aktuell  nicht  fällig,  da  ihn  die Klägerin  von  der  Herausgabe  ihrer  Daten  abhängig  macht,  welches  Begehren teilweise abzuweisen  ist (vgl.  dazu sogleich Ziff. 3.3.)

3.3.  Datenschutzrechtlicher  Löschungsanspruch

Das  Datenschutzgesetz  (DSG)  gilt  für  das  Bearbeiten  von  Daten  natürlicher  und juristischer  Personen  durch  private  Personen  und  Bundesorgane  (Art. 2  Abs. 1 DSG).  Es  definiert  als  Personendaten  alle  Angaben, die sich auf eine bestimmte oder  bestimmbare  Person  beziehen,  wobei  betroffene  Personen  natürliche  oder juristische  Personen  sein  können,  über  die  Daten  bearbeitet  werden  (Art. 3  lit. a und  b  DSG).  Dabei  gilt  als  Bearbeiten  jeder  Umgang  mit  Personendaten,  unabhängig  von  den  angewandten  Mitteln  und  Verfahren,  insbesondere  das  Beschaffen,  Aufbewahren,  Verwenden,  Umarbeiten,  Bekanntgeben,  Archivieren  oder Vernichten  von Daten (Art. 3 lit. e DSG).

Unbestrittenermassen  verfügt  die  Beklagte  nach  wie  vor  über  die  Daten,  welche von der Klägerin im Verlaufe der G._____ Partner Beziehung auf den Servern der Beklagten gespeichert wurden. Bei diesen Daten handelt es sich um Kunden- und Buchungsdaten  der  Klägerin.  Diese  stellen  einerseits  Personendaten der Kunden der  Klägerin  dar,  welche  die  Beklagte  gestützt  auf  Art. 10a  DSG  als  Dritte bearbeitet.  Es  handelt  sich  jedoch  andererseits  ebenfalls  um  Personendaten  der Klägerin  selber,  da  es sich um Angaben über ihre Geschäftstätigkeit handelt, welche ihr  ohne  Weiteres  zugeordnet  werden  können.  Diese  Daten  werden  aktuell  von der  Beklagten  aufbewahrt,  was  per  Definition  im  Datenschutzgesetz  als  Bearbeiten der entsprechenden  Daten gilt.

Nach  Art. 12  DSG darf, wer Personendaten bearbeitet, die Persönlichkeit der betroffenen  Personen  dabei  nicht  widerrechtlich  verletzen.  Insbesondere  darf  er  ohne  Rechtfertigungsgrund  keine  Daten  einer  Person  gegen  deren  ausdrücklichen Willen  bearbeiten.  Sodann  dürfen  Personendaten  generell  nur  rechtmässig  bearbeitet  werden  (Art. 4  Abs. 1  i.V.m.  Art. 12  Abs. 2  lit. a  DSG).  Klagen  zum  Schutz der  Persönlichkeit  richten  sich  nach  den  Artikeln  28,  28a  sowie  28l  des  Zivilgesetzbuches  (ZGB), wobei die klagende Partei insbesondere verlangen kann, dass die Datenbearbeitung gesperrt wird, keine Daten an Dritte bekannt gegeben oder die  Personendaten  berichtigt  oder  vernichtet  werden  (Art. 15  Abs. 1  DSG).  Eine Verletzung  der  Persönlichkeit  ist  jedoch  nur  dann  widerrechtlich,  wenn  sie  nicht durch  Einwilligung  des  Verletzten,  durch  ein  überwiegendes privates oder öffentliches Interesse  oder durch  Gesetz gerechtfertigt  ist (Art. 13 Abs. 1 DSG).

Die  Klägerin  verlangt  in  ihrem  Rechtsbegehren  Ziffer  2,  die  Beklagte  sei  zu  verpflichten, die Daten nach Herausgabe an die Klägerin zu löschen. Damit bringt sie zum  Ausdruck,  dass  sie ihre Einwilligung zur Datenbearbeitung durch die Beklagte  erst  für  die  Zeit  nach  der Datenherausgabe widerrufen will. Es ist damit davon auszugehen,  dass  die  Beklagte  die  klägerischen  Daten  aktuell  mit  Zustimmung der  Klägerin  bearbeitet.  Zum  jetzigen  Zeitpunkt  ist  es  somit  nicht  widerrechtlich, dass die Beklagte die klägerischen Daten nach wie vor auf ihren Servern hat. Die Klägerin  macht  ihren  Widerruf  der  Einwilligung  zur  Datenbearbeitung mit anderen Worten  von  der  Suspensiv-Bedingung  der  Herausgabe  aller  ihrer Daten in einem Standardformat  auf  einem  Datenträger  abhängig.  Eine  solche  hat  jedoch  –  wie dargelegt  –  vorliegend nicht zu erfolgen, womit die genannte Bedingung nicht eintreten  wird.  Vielmehr  hat  die  Klägerin  ihre  Daten  selbständig  von  den  beklagtischen  Servern  zu  kopieren.  Heute  kann  noch  nicht gesagt werden, ob die Klägerin  überhaupt  den  Aufwand  betreiben wird, sämtliche Daten auf ihre eigenen Server  zu  übertragen,  und  wenn  ja,  zu  welchem  Zeitpunkt  genau  sie  das  machen wird.  Damit  ist  zum  aktuellen  Zeitpunkt  nicht  klar,  ob  die  Klägerin  ohne  Gutheissung  des  Herausgabeanspruches  in  der  gestellten  Form  überhaupt  dereinst  die Löschung  sämtlicher Daten verlangen  wird oder nicht.

3.4.  Fazit

Nach  dem  Gesagten  ist das klägerische Rechtsbegehren Ziffer 2 vor dem Hintergrund  der  (teilweisen)  Abweisung  des  klägerischen  Herausgabeanspruchs  aktuell abzuweisen. Auch die Aussprechung eines Verbotes für die Beklagte, auf die klägerischen  Daten  zuzugreifen  (vgl.  act. 1  Rz 98),  welches  Begehren  ohnehin  nicht von  den  klägerischen  Rechtsbegehren  umfasst  ist,  kommt  somit  nicht  in  Frage. Damit  kann  offenbleiben,  ob  sich  die  Beklagte  auch  nach  einem  Widerruf  der Einwilligung  zur  Datenbearbeitung  durch  die  Klägerin  auf  einen  Rechtfertigungsgrund zur  Datenbearbeitung  berufen  könnte.

4. Rechenschaftsanspruch (Rechtsbegehren  Ziffer 3)

[…]

4.2.  Ausgangslage

Mit  ihrem  Rechtsbegehren  Ziffer   3  verlangt  die  Klägerin  von  der  Beklagten  Rechenschaft  über  den Zugriff auf die von ihr auf den beklagtischen Servern gespeicherten  Daten  mittels  Zugriffsprotokollen  und  oder  anderen  Dokumenten  sowie gegebenenfalls  mittels  Beizuges  eines  SAP-Experten.  Dieses  Rechtsbegehren dient  damit  einzig  der  Feststellung,  ob  die  Datenbearbeitung  durch  die  Beklagte allenfalls  gegen  das  DSG  oder  den  G._____  Partner  Vertrag  verstossen  haben könnte.  Ansprüche  für  den  Fall  einer  widerrechtlichen/vertragswidrigen  Datenbearbeitung durch  die Beklagte erhebt die Klägerin nicht.

4.3.  Vertraglicher Rechenschaftsanspruch

Die  Klägerin,  welche  einen  Rechenschaftsanspruch  geltend  macht, trägt nach der allgemeinen  Regel  von  Art. 8  ZGB  die  Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen  einer  vertraglichen  Grundlage  ihres  Anspruches.  Da  die Beklagte dies bestreitet,  hätte  die  Klägerin  detailliert  darzulegen  gehabt, aus welcher vertraglichen Regelung  sich  ihr  Rechenschaftsanspruch  herleitet  und  wie  diese  Regelung  zustande  gekommen  ist  (vgl.  dazu  WALTER,  in:  Berner  Kommentar,  Bd.  I/1,  Einleitung,  Art.  1-9  ZGB,  Bern  2012,  Art. 8  N 199  f.).  Dies  hat sie nicht gemacht. Vielmehr verweist sie lediglich pauschal auf den G._____ Partner Vertrag und die auf diesen  anwendbaren  Regelungen  bzw.  auf  eine direkte oder analoge Anwendung von Art. 400 Abs. 1 OR. Damit führt die Klägerin weder aus, dass sich die Parteien  im  G._____  Partner  Vertrag  über eine Rechenschaftspflicht der Beklagten bezüglich  Datenzugriffs  tatsächlich  geeinigt  hätten,  noch  behauptet  sie,  dass  hinsichtlich  dieser  Frage  wenigstens  ein  normativer  Konsens  vorliegen  würde.  Sie nennt  vielmehr  gar  keine  konkrete  Vertragsbestimmung.  Eine  solche  ist  denn auch nicht ersichtlich.

Damit  könnte  sich  ein  vertraglicher  Rechenschaftsanspruch  einzig  aus  einer  Anwendung  von  Art. 400  Abs. 1  OR  ableiten,  gemäss  welcher  Bestimmung  der  Beauftragte insbesondere schuldig ist, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung  Rechenschaft  abzulegen.  Die  Klägerin  legt  jedoch  keine  Tatsachen  dar, aufgrund  welcher  Art. 400  Abs. 1  OR  auf  die  vorliegende  Frage  überhaupt  Anwendung  finden  könnte.  Beim  G._____  Partner  Vertrag  handelt  es  sich  –  auch nach  den  Ausführungen  der  Klägerin  –  nicht  um einen Auftrag, sondern um einen ASP-  und  damit  einen  Innominatvertrag,  bei welchem auftragsrechtliche Elemente lediglich  eine  untergeordnete  Rolle  spielen.  Eine  direkte  bzw.  zwingende  Anwendung  von  Art. 400  Abs. 1  OR  auf  den  G._____  Partner  Vertrag  scheidet  damit aus.  Weiter  ist  aufgrund  der klägerischen Vorbringen auch nicht ersichtlich, inwiefern  die  genannte  Bestimmung  auf  die  vorliegende  Frage  analog Anwendung finden könnte. Denn die Klägerin erklärt weder, dass der G._____ Partner Vertrag in Bezug  auf  die  Rechenschaftsablage  bzw.  den  Datenzugriff  auslegungsbedürftig sei,  noch  behauptet  sie,  dass  eine  Vertragslücke  vorliege.  Auch  die  Beklagte bringt nichts Entsprechendes vor. Damit ist davon auszugehen, dass der G._____ Partnervertrag  in  Bezug  auf  die  vorliegend  relevante  Frage  weder  auslegungs- noch  ergänzungsbedürftig  ist.  Da sodann weder eine Art. 400 Abs. 1 OR entsprechende  Regelung  getroffen  noch  im  Vertrag  auf  diese  Bestimmung  verwiesen wurde, findet sie keine Anwendung. Selbst  wenn  man  die  klägerischen  Ausführungen  zu  Art. 400  OR dahingehend interpretieren  wollte,  dass  sie  damit  implizit  das  Vorliegen  einer  Vertragslücke  behauptet  habe,  fiele  eine  analoge  Anwendung  von  Art. 400  OR  auf  den  G._____ Partner  Vertrag  ausser  Betracht.  Denn  die  Parteien  haben  darin  unter  dem  Titel Datensicherheit  explizit  die  Pflichten  der  Beklagten  in  dieser  Hinsicht  geregelt.  Eine  Pflicht,  mittels  Zugriffsprotokollen  oder  Berichten  bzw.  unter Beizug  eines  SAP-Experten  Rechenschaft  über  den  Zugriff  auf  die  klägerischen Daten  abzulegen,  findet  sich  in  dieser  Bestimmung  nicht. Vielmehr wurde an keinem  Ort  im  G._____  Partner  Vertrag  eine  Rechenschaftspflicht  einer  Partei  vereinbart.  Der  entsprechende  Vertragstext  ist  klar  und  nicht  auslegungsbedürftig. Auch  eine  Vertragslücke  liegt  nach  normativer  Auslegung  nicht  vor.  Denn  da  die Parteien  in  Bezug  auf  die  Datensicherheit  und  damit  im  weiteren Sinne auch auf den  Zugriff  auf  die  Daten  explizite  Regelungen  vereinbart  haben,  ist  davon  auszugehen,  dass  sie  diese  Thematik  bewusst  und  abschliessend  im G._____ Partner  Vertrag  geregelt  haben.  Die  Vereinbarung  einer  entsprechenden  Rechenschaftspflicht  drängt  sich  denn  vorliegend  auch  nicht  auf.  Diese  folgt  beim  einfachen  Auftrag  nämlich  aus  der Tatsache, dass der Beauftragte bei der Ausführung des  Auftrages  fremde  Interessen  wahrnimmt  (FELLMANN,  in:  Berner  Kommentar, Der einfache Auftrag, Bern 1992, Art. 400 N 13). Eine solche Fremdnützigkeit liegt dem  G._____  Partner  Vertrag  jedoch  nicht  zu  Grunde,  welcher  vor  allem  lizenz- und  mietvertragliche  Komponenten  aufweist.  Es  wäre  damit  selbst  bei  Vorliegen einer  Vertragslücke  nicht  davon  auszugehen,  dass  die  Parteien  die  allgemeine Regelung  von  Art. 400  OR  vereinbart  und  damit  die  Auskunftspflicht  über  einen einzelnen  Vertragspunkt  abweichend  von  den  übrigen  Bestimmungen  geregelt hätten.

Der  von  der  Klägerin  geltend  gemachte  Rechenschaftsanspruch  hat  damit  keine vertragliche  Grundlage.

4.4.  Datenschutzrechtlicher  Anspruch

Die  datenschutzrechtlichen  Rechtsansprüche  sind  –  wie  dargelegt  –  in  Art. 15 DSG  festgehalten,  wobei die klagende Partei insbesondere verlangen kann, dass die  Datenbearbeitung  gesperrt,  keine  Daten  an  Dritte  bekannt gegeben oder die Personendaten  berichtigt  oder  vernichtet  werden.  Eine  Klage  auf  Rechenschaftsablage  über  eine  konkrete  Datenbearbeitung  ist  nicht  explizit  vorgesehen.  Nach Art. 8  DSG  kann  jedoch  jede Person vom Inhaber einer Datensammlung Auskunft darüber  verlangen,  ob  Daten  über  sie  bearbeitet werden. Der Inhaber der Datensammlung  hat  dabei  insbesondere  auch  den  Zweck  der  Datenbearbeitung sowie die  Kategorie  der  Datenempfänger  mitzuteilen  (Art. 8  Abs. 2  lit. b  DSG).  Damit scheint  das  klägerische  Begehren  auf  Rechenschaft  über  den  Datenzugriff  am ehesten  unter  diese  Bestimmung  subsummiert  werden  zu  können.  Ob  diese  Bestimmung  jedoch  tatsächlich  eine  Auskunftspflicht  in  der  Form,  wie  sie  von  der Klägerin  verlangt  wird,  beinhaltet,  erscheint  fraglich,  kann  vorliegend  jedoch  nicht beantwortet  werden.  Denn  da  nach  Art. 15  Abs. 4  DSG  über  Klagen  zur  Durchsetzung  des  Auskunftsrechts  im  vereinfachten  Verfahren  zu  entscheiden  ist,  erweist  sich  das hiesige Gericht dafür als nicht zuständig (Art. 243 Abs. 3 ZPO; vgl. BGE 139 III  457 E. 4.4.3.3).

Die  Klägerin  scheint  ihren  Anspruch  denn  auch  auf  Art. 10a  DSG  zu  stützen  – zumindest  zitiert  sie  eine  Kommentarstelle  zu  dieser  Bestimmung.  Nach  Art. 7 DSG  müssen  Personendaten  durch  angemessene  technische  und  organisatorische  Massnahmen  gegen  unbefugtes  Bearbeiten  geschützt  werden.  Art. 10a Abs. 2  DSG  hält  fest,  dass  sich  ein  Auftraggeber,  welcher  das  Bearbeiten  von Personendaten  an  einen  Dritten  überträgt,  insbesondere  vergewissern  muss, dass auch der Dritte die Datensicherheit gewährleistet. Das in dieser Bestimmung umschriebene  Gebot ist eine Sorgfaltspflicht des Auftraggebers, also keine Pflicht im  eigentlichen  Sinne.  Wie  dieser  Sorgfaltspflicht  nachzukommen  ist,  legt  das Gesetz  nicht  fest.  Dies  ist  von  den  konkreten  Umständen  abhängig  (ROSENTHAL, in:  Handkommentar  zum  Datenschutzgesetz,  Zürich  2008,  Art. 10a  N 118  ff.). Der Auftraggeber  hat  gegebenenfalls  Weisungen  zu  erteilen  und  sich  gewisse  Kontrollrechte  auszubedingen.  So  kann  es  unter  Umständen angezeigt sein, den Dritten zu verpflichten, über die von ihm getroffenen Massnahmen im Bereich der Datensicherheit  Bericht  zu  erstatten.  Solches  muss  jedoch  vertraglich  vereinbart werden  und  ergibt  sich  nicht  automatisch  aus  Art. 10a  DSG  (ROSENTHAL,  a.a.O., Art. 10a  N 123).  Eine  entsprechende  Regelung  haben  die  Parteien  im  G._____ Partner Vertrag – wie dargelegt – jedoch keine getroffen.

Es  kommt  hinzu,  dass  das  klägerische  Rechenschaftsbegehren  bei  genauer  Betrachtung  gar  nicht  auf  die  Überprüfung  der  Datensicherheit  abzielt.  So  führt  die Klägerin  nicht  aus,  dass  die  Daten  bei  der  Beklagten  technisch  nicht  genügend geschützt  seien.  Vielmehr  geht  es  ihr  darum  herauszufinden,  wie  die  Beklagte selber  bzw.  deren  Mitarbeiter  auf  die  Daten  zugegriffen  haben.  Dies  ist  jedoch kein  Problem  der  Datensicherheit,  sondern  betrifft  die  Rechtmässigkeit  der  Datenbearbeitung  durch  die  Beklagte.  Darüber  sagt  Art. 10a  DSG  nichts  aus. Schliesslich  würde  eine  nachträgliche  Rechenschaftsablage  über  Datenzugriffe, nachdem  der  G._____  Partner  Vertrag  bereits  gekündigt  und  die  Löschung  der Daten  verlangt  worden  ist,  ohnehin  nicht  mehr  der  Gewährleistung  der  Datensicherheit  dienen,  sondern  sich  darauf  richten,  Grundlagen  für  die Geltendmachung eines  allfälligen  anderen  Anspruches  zu  sammeln.  Die  Beschaffung  von  Beweismitteln  für  einen  zukünftigen  Prozess  hat  jedoch  grundsätzlich  innerhalb  dieses Prozesses, allenfalls  mittels vorsorglicher  Beweisführung  zu  erfolgen.

4.5.  Fazit

Die  Klägerin  hat  damit  weder  aus  dem  G._____ Partner Vertrag noch nach dem Datenschutzrecht  einen  Anspruch  auf  die  von  ihr  verlangte  Rechenschaftsablage durch die Beklagte. Damit ist Rechtsbegehren  Ziffer 3 abzuweisen.

Quelle: http://www.gerichte-zh.ch/entscheide/entscheide-anzeigen.html