Handelsgericht des Kantons Zürich / Urteil vom 9. Februar 2017 / HG150067-O

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Nicht amtliche Leitsätze:

Sachverhalt und Verfahren
A. Sachverhaltsübersicht
a. Parteien und ihre Stellung
Bei der Klägerin und Widerbeklagten (nachfolgend: Klägerin) handelt es sich um eine politische Gemeinde des Kantons Aargau.
Die Beklagte und Widerklägerin (nachfolgend: Beklagte) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in C._____, welche unter anderem die Erbringung von Informatikdienstleistungen bezweckt.

b. Prozessgegenstand
Im Jahr 2011 / 2012 schrieb die Klägerin die Gesamterneuerung ihres Internetauftritts im Rahmen eines Submissionsverfahrens öffentlich aus. Die Beklagte erhielt im Frühjahr 2012 den Zuschlag für die von ihr vorgeschlagene Softwarelösung „D._____“. Im August 2012 kam es zum Vertragsschluss zwischen den Parteien. Bei der Umsetzung des Projekts traten rasch Differenzen auf. Nach erfolgreichem Abschluss eines Strategieprozesses wurde das Projekt im Frühjahr 2013 neu gestartet, wobei die Parteien im Herbst 2013 eine „Vereinbarung Entschädigung Zusatzaufwendungen“ miteinander abschlossen. Nach deren Unterzeichnung kam es erneut zu Streitigkeiten und Verzögerungen bei der Projektumsetzung. Die Parteien machen sich dafür gegenseitig verantwortlich. Die Klägerin reagierte mit zweimaligen Nachfristansetzungen und zog im Sommer 2014 eine externe Expertin für „D._____“ bei. Diese stufte die Software für die klägerischen Zwecke als von Beginn an untauglich ein. Die Klägerin focht die genannten Verträge daraufhin mit Schreiben vom 22. September 2014 wegen Täuschung an und erklärte den sofortigen Rücktritt. Dementsprechend fordert die Klägerin im vorliegenden Verfahren klageweise ihre an die Beklagte geleisteten Zahlungen zurück und macht überdies Schadenersatzansprüche geltend. Das Total der Ansprüche beläuft sich auf CHF 513’305.27. Die Beklagte fordert ihrerseits widerklagweise die vertraglich geschuldete Pauschalrate von CHF 10’000.– und macht Schadenersatzansprüche in der Höhe von insgesamt CHF 32’205.75 aus vorprozessualen Anwaltskosten und entgangenem Gewinn geltend.
[…]

Erwägungen
1. Formelles
1.1. Hauptklage
[…]1.3. Klägerische Vorbringen anlässlich der Hauptverhandlung vom 9. Februar  2017  Die Klägerin berief sich anlässlich der Hauptverhandlung vom 9. Februar 2017 erstmals – und nur am Rande bzw. betreffend rechtliche Würdigung eventualiter – auf einen Grundlagenirrtum im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Ziffer 4 OR. Die diesbezüglichen Vorbringen sind aus prozessualer Sicht unbeachtlich, da die Klägerin es unterliess, in ihren massgeblichen früheren schriftlichen Parteivorträgen entsprechende Tatsachenbehauptungen aufzustellen. […]

2. Unbestrittener Sachverhalt
2.1. Der Sachverhalt ist in groben Zügen zwischen den Parteien unstrittig. Demnach wollte die Klägerin in den Jahren 2010 / 2011 die Gesamterneuerung ihres Internetauftritts zum ersten Mal öffentlich ausschreiben lassen. Dieses erste Submissionsverfahren musste abgebrochen werden. 2011 / 2012 wurde erneut ein Submissionsverfahren durchgeführt, anlässlich welchem die Beklagte bzw. ihre Subunternehmerin zur Teilnahme eingeladen wurde.  2.2. Die Beklagte reichte zusammen mit ihrer Offerte am 10. Februar 2012 ein umfangreiches Dossier ein, welches insbesondere ein Management Summary und das ausgefüllte, auf Selbstdeklaration basierende Formular „Erfüllung Anforderungen / Funktionen“ enthielt. Die Offerte der Beklagten basiert auf der Softwarelösung „D._____“.
2.3. In der Folge plausibilisierte die Klägerin die Angaben der Beklagten.
[…]
2.4. Am 4. April 2012 erteilte die Klägerin der Beklagten den Zuschlag. Eine dagegen erhobene Beschwerde einer Konkurrentin der Beklagten wurde abgewiesen, so dass es im August 2012 zum Vertragsschluss zwischen den Parteien kam („Vertrag vom 9. August 2012“; […]).
2.5. Nach erfolgreichem Abschluss eines Strategieprozesses im Frühjahr 2013 wurde das streitgegenständliche Internetprojekt neu gestartet. Ende Oktober 2013 einigten sich die Parteien auf eine Vereinbarung betreffend Entschädigung von Zusatzaufwendungen („Vereinbarung vom 11. November 2013“).
2.6. Nach erneuter Differenzen setzte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Januar 2014 (act. 3/23) und vom 25. März 2014 (act. 3/24) der Beklagten  Nachfrist zur Vertragserfüllung an. Die letzte Nachfrist, bis zu welcher die Webseite „www.A._____.ch“ hätte mängelfrei in Betrieb sein sollen, lief am 1. Juli 2014, 12.00 Uhr, ab. Die Beklagte sandte der Klägerin am 20. August 2014 eine E-Mail, in welcher sie diese anfragte, ob sie für die Fertigstellung personelle Ressourcen für September und Oktober reservieren solle.
2.7. Die Klägerin vertröstete die Beklagte betreffend den Entscheid über das weitere Vorgehen auf die Woche des 22. September 2014. Zwischenzeitlich zog die Klägerin ohne Wissen der Beklagten mit der H._____ AG eine externe D._____-Expertin bei. Aufgrund derer Einschätzung erklärte die Klägerin mit Schreiben ihrer politischen Exekutivorgane vom 22. September 2014 den sofortigen Rücktritt vom Vertrag vom 9. August 2012 und der Vereinbarung vom 11. November 2013 mit folgendem Wortlaut:
„Gesamterneuerung Internetauftritt der Stadt A._____;  sofortiger Rücktritt vom Vertrag vom 10. August 2012 (recte: 9. August 2012) und der Vereinbarung vom 31. Oktober 2013 (recte: 11. November 2013) betreffend Entschädigung Zusatzaufwand

Sehr geehrter Herr I._____
Sie haben am 4. April 2012 aufgrund der durchgeführten öffentlichen Submission den Zuschlag für das Umsetzen der Gesamterneuerung des Internetauftritts der Stadt A._____ erhalten.

Aufgrund der heutigen Sachlage teilen wir Ihnen mit, dass die Stadt A._____ unter Berufung auf Täuschung, Terminverzug und Kostenüberschreitung sofort vom Vertrag vom 10. August 2012 (recte: 9. August 2012) und der Vereinbarung vom 31. Oktober 2013 (recte: 11. November 2013) betreffend Entschädigung von Zusatzaufwendungen zurücktritt.

Wir fordern Sie auf, uns die geleisteten Zahlungen für Realisierungskosten im Gesamtbetrag vom CHF 220’747.10 unverzüglich zurückzuerstatten.
[…].“

3. Absichtliche Täuschung (Art. 28 OR)
3.1. Streitpunkte
3.1.1. Die Klägerin beruft sich auf absichtliche Täuschung und macht geltend, sie sei durch falsche Angaben der Beklagten getäuscht worden. Einerseits habe die Beklagte ihr tatsachenwidrig vorgegaukelt, dass „D._____“ eine für ihre Zwecke taugliche Softwarelösung sei und andererseits habe die Beklagte im Rahmen des Submissionsverfahrens die verlangte Selbstdeklaration falsch ausgefüllt. Die Klägerin habe auf die eingereichten Unterlagen und die erteilten Auskünfte der Beklagten vertrauen dürfen; daran würden weder die abgehaltenen Präsentationen noch das zu den Akten gereichte Management Summary etwas ändern. Gerade Letzteres würde nur die Wünsche bzw. Vorstellungen der Beklagten repräsentieren, wie das Projekt auch noch aufgegleist werden könnte. All dies habe die Klägerin erst nach Beizug der H._____ AG als D._____-Expertin erkennen können. 3.1.2. Die Beklagte verneint ein täuschendes Verhalten gegenüber der Klägerin. Vielmehr habe sie die Klägerin zu jedem Zeitpunkt transparent und ehrlich über „D._____“  informiert. Dies sei nicht nur in den abgehaltenen Präsentationen geschehen, sondern auch im Management Summary. Darin habe die Beklagte die Klägerin sogar auf die Gefahr eines IT-Fiaskos für den Steuerzahler hingewiesen, sollte diese ihre Strategie nicht klarer kommunizieren. Nach einer detaillierten Prüfung ihrer Offerte habe die Klägerin ihr Projekt als sehr innovativ bezeichnet. Trotz Nichterreichen der verlangten Punktzahl im Submissionsverfahren habe die Klägerin die Schwellenwerte sogar nach unten angepasst. Dieses Verhalten zeige, dass die Klägerin das Projekt um jeden Preis der Beklagten habe vergeben wollen. Schliesslich sei die Klägerin während der Ausschreibung fachkundig durch den IT-Experten G._____ beraten worden.
3.2. Rechtliches und Würdigung
3.2.1. Nach Art. 28 Abs. 1 OR ist ein Vertrag für denjenigen Vertragschliessenden nicht verbindlich, der durch absichtliche Täuschung seitens des anderen zum Vertrag verleitet wurde, selbst wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
3.2.2. Dogmatisch handelt es sich bei der genannten Bestimmung um einen qualifizierten Verstoss gegen Treu und Glauben. Art. 28 OR ergänzt deshalb Art. 2 ZGB als Sonderregel (BK-SCHMIDLIN, Art. 28 OR N 10). Der Artikel schützt so den freien Willen (BSK OR I-SCHWENZER, Art. 28 OR N 1), mithin die berechtigten Erwartungen bzw. wechselseitigen Erwartungshaltungen der Parteien (vgl. BK-HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, Art. 2 ZGB N 34). Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet deshalb auch im Rahmen von Art. 28 OR eine Interessenabwägung zwischen dem Wissen und dem Wissen-Müssen jeder Vertragspartei (VISCHER MAR., Der Einsatz des Strafrechts im Gewährleistungsrecht beim Unternehmenskauf, in: BÖHME ET AL. [Hrsg.], Ohne jegliche Haftung, Festschrift für Willi Fischer zum 65. Geburtstag, Zürich 2016, S. 551). Letztlich spielen bei dieser Interessenabwägung die Täuschungsintensität auf der einen Seite und die Opferselbstschutzmöglichkeiten auf der anderen Seite eine grosse Rolle (VISCHER MAR., a.a.O., S. 551). Dies führt gemäss der Lehre im Ergebnis zur Anwendung von Art. 25 OR, der die Berufung auf Täuschung dann als unstatthaft erklärt, wenn sie Treu und Glauben widerspricht (BGE 108 II 102 E. 2; BSK OR I-SCHWENZER, Art. 25 OR N 2 m.w.H.)
3.2.3. Vor diesem theoretischen Hintergrund ist das Verhalten der Parteien zu analysieren. Die Klägerin wurde während des Submissionsverfahrens unbestrittenermassen durch einen fachkundigen externen Berater, nämlich G._____, unterstützt. Die Klägerin versprach sich durch den Genannten „fachlichen und organisatorischen“ Beistand. Dieser Experte nahm auch am Beurteilungsprozess der beklagtischen Offerte teil. Die effektive Prüfung der Offerte erfolgte im Detail und bezogen auf mehrere sachlich definierte Kriterien und Bedingungen unter Zuhilfenahme einer Excel-Tabelle. Im Rahmen dieser Prüfung wurden teilweise die Selbstdeklarationen der Beklagten durch die Klägerin handschriftlich von „ausgezeichneter Erfüllung“, entsprechend 10 Punkten, auf „sehr gute Erfüllung“, entsprechend 8 Punkten, heruntergestuft. Überhaupt wurden die Schwellenwerte einzelner Zuschlagskriterien, wenngleich für alle Teilnehmerinnen des öffentlichen Vergabeverfahrens, durch die Klägerin gesenkt. Dieses Verhalten der fachkundig beratenen Klägerin verdeutlicht in bemerkenswerter Weise, wie intensiv sie sich mit der beklagtischen Softwarelösung „D._____“ auseinandersetzte. Zwar stützte sie sich auf die Unterlagen der Beklagten, doch unterzog sie diese im Rahmen einer Plausibilisierungsprüfung  einer kritischen Beurteilung. „D._____“ wurde der Klägerin zusätzlich zweimal durch die Beklagte präsentiert, was dieser zu gefallen schien, notierte sie auf dem Bewertungsprotokoll schlussendlich doch in aller Kürze: „Konzept ist für eine Stadt / Gemeinde sehr innovativ (…)“. Auch erkannte sie, dass die beklagtische Softwarelösung im Vergleich zu denjenigen von Mitbewerberinnen weniger „out-of-the-box“-Funktionen enthielt. Wenn die Klägerin sich jetzt auf absichtliche Täuschung beruft, vergisst oder verdrängt sie, wie gründlich und mit welchem fachlichen Know-How sie die beklagtischen Unterlagen und Auskünfte prüfte.
3.2.4. Zur entsprechenden Prüfung war die Klägerin ohnehin aufgrund des Vergaberechts gehalten. Nichts anderes ergibt sich aus den durch die Klägerin zitierten Bundesgerichtsentscheiden zum Submissionsrecht, auch wenn an dieser Stelle nicht abschliessend über das Verhältnis zwischen Vergabeund Vertragsrecht entschieden zu werden braucht. So hat das Bundesgericht in einem unpublizierten Entscheid festgehalten, dass die Vergabestelle die Angebote gestützt auf § 28 Abs. 1 VRöB prüfen müsse und dazu auch Sachverständige beiziehen könne. Es sei zumindest eine Plausibilitätsüberprüfung vorzunehmen, wenn auch vernünftigerweise nicht verlangt werden könne, dass die Selbstdeklarationen in jedem Detailpunkt durch aussenstehende Experten verifiziert werden müssten (Urteil BGer 2C_346/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.3.3). Die Vergabestelle dürfe sich daher im Grundsatz auf die eingereichten Unterlagen verlassen (BGE 139 III 489 E. 3.2; BGE 141 II 14 E. 8.4.4).
3.2.5. Die zitierte Rechtsprechung verdeutlicht damit noch einmal die gezogenen Schlüsse. Die Klägerin nahm ihre Prüfpflichten akribisch wahr, zog sie sogar – obschon überhaupt nicht verlangt – einen externen Sachverständigen bei. Sie durfte sich mit anderen Worten zwar auf die eingereichten Unterlagen verlassen, wollte dies aber im vorliegenden Fall offensichtlich gerade nicht, weshalb sie G._____ auch in den effektiven Bewertungsprozess einband. Damit übertraf die Klägerin die submissionsrechtlichen Mindestanforderungen einer Angebotsprüfung. Die Würdigung des klägerischen Verhaltens nach Treu und Glauben lässt im vorliegenden Fall daher nur den Schluss zu, dass eine absichtliche Täuschung der Klägerin durch die Beklagte von vornherein ausscheidet. Die Klägerin bewies mit ihrem gesamten Handeln nämlich, über welche beachtlichen Opferselbstschutzmöglichkeiten sie verfügte. Ihre Opfermitverantwortung, will man diesen Begriff des Strafrechts (vgl. jüngst: BGE 142 IV 153 E. 2.2.2) auch im Zivilrecht verwenden (in diesem Sinne: GALLI / VISCHER MAR., dRSK vom 9. September 2016, N 20; VISCHER MAR., a.a.O., S. 551), erscheint als derart gewichtig, dass selbst ein allfällig täuschendes Verhalten der Beklagten, würde ein solches vorliegen, völlig in den Hintergrund tritt.
3.2.6. Ein solches ist denn auch a priori nicht ersichtlich, was aber definitiv nicht erstellt zu werden braucht. Vielmehr informierte die Beklagte die Klägerin in ihrem Management Summary über mögliche Umsetzungsprobleme der klägerischen Internetstrategie und warnte ausdrücklich vor einem IT-Fiasko. Entgegen der Ansicht der Klägerin (act. 29 N 40 ff.) ist für eine solche Warnung irrelevant, ob die vergaberechtlichen Vorgaben eingehalten wurden oder nicht. Im Übrigen erteilte die Klägerin gleichwohl der Beklagten den Zuschlag.
3.2.7. Schliesslich räumte die Klägerin in der Klageschrift ein, einen Betrag von CHF 40’000.– im Rahmen der Vereinbarung vom 11. November 2013 anerkannt zu haben. Dies, obschon die Vergütung „nicht nachvollziehbar“ gewesen sei. Sie sei aber trotzdem zu ihrer Bezahlung bereit gewesen, weil sie sich kooperativ habe verhalten und das Projekt nicht habe gefährden wollen. Die Klägerin gesteht mit diesen Ausführungen zumindest im Umfang von CHF 40’000.– selbst ein, dass sie nicht durch die Beklagte getäuscht wurde. Sie wollte unbedingt die Vereinbarung vom 11. November 2013 abschliessen.
3.2.8. Zusammenfassend vermag sich die Klägerin nach Treu und Glauben und in Anwendung von Art. 25 OR nicht mehr auf absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR zu stützen. Ihre Klage ist unter diesem Aspekt abzuweisen.
3.2.9. Selbst wenn man, entgegen dem soeben Ausgeführten, weiterhin im Sinne einer Eventualbegründung davon ausgehen möchte, die Beklagte habe die Klägerin getäuscht, so hätte letztere den Vertrag vom 9. August 2012 und die Vereinbarung vom 11. November 2013 nachträglich genehmigt. Denn die schon damals anwaltlich beratene Klägerin erklärte auf einer Stufe mit dem Rücktritt von den genannten Verträgen deren Anfechtung wegen absichtlicher Täuschung. Das Schreiben war entsprechend nur mit „Rücktritt“ betitelt. Wer aber vom Vertrag zurücktritt, der genehmigt gleichzeitig den willensmängelbehafteten Vertrag im Sinne von Art. 31 Abs. 1 OR (BK-SCHMIDLIN, Art. 31 OR N 120).
3.2.10. Ohnehin wären weitere Genehmigungshandlungen der Klägerin erstellt. Zum einen „modifizierte“ ja selbst in den Worten der Klägerin die Vereinbarung vom 11. November 2013 den Vertrag vom 9. August 2012 und zum anderen machte die Klägerin mit den zweimaligen Nachfristansetzungen Rechte aus den Verträgen geltend.
3.2.11. Die Genehmigung der Verträge bewirkt, dass die Klägerin unter dem Titel des Art. 28 OR ihre Leistungen nicht mehr bereicherungsrechtlich zurückfordern kann.
3.2.12. Gemäss Art. 31 Abs. 3 OR schliesst jedoch die Genehmigung eines wegen Täuschung unverbindlichen Vertrags den Anspruch auf Schadenersatz nicht ohne Weiteres aus. Er besteht dementsprechend nur ausnahmsweise, nämlich dann, wenn die Anfechtung dem Getäuschten weiteren Schaden oder Nachteile gebracht hätte, die ihm nicht zumutbar sind (BGE 109 Ia 5 E. 4b m.w.H.; Kantonsgericht St. Gallen vom 13. Mai 2008, BZ.2007.55, E. 3 a.; BSK OR I-SCHWENZER, Art. 31 OR N 22). Die Klägerin unterliess es vorliegend jedoch substantiiert aufzuzeigen, worin ihr Schaden im Falle einer Genehmigung noch bestünde. Vielmehr erfolgten sämtliche Darlegungen der einzelnen Schadenspositionen unter Vorbehalt der erklärten Anfechtung wegen Täuschung. Damit ist ein Schadenersatzanspruch im Falle der Genehmigung der Verträge nicht dargetan.
3.2.13. Zusammenfassend lassen sich im Sinne einer Eventualbegründung auch mehrere Genehmigungshandlungen der Klägerin erstellen. Sie kann entsprechend ihre Leistungen nicht gestützt auf Art. 28 OR zurückfordern. Für den Fall einer Genehmigung der Verträge machte die Klägerin keine substantiierten Ausführungen zu ihrem Schaden. Die Klage ist daher auch aus dieser Sichtweise abzuweisen.
3.3. Fazit
Die Klägerin vermag sich nicht erfolgreich auf absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR zu stützen, was zur Klageabweisung unter diesem Teilaspekt führt.

4. Rücktritt von den Verträgen nach Verzug der Beklagten (Art. 102 ff. OR)
4.1. Streitpunkte
4.1.1. Die Klägerin führt aus, der am 22. September 2014 erklärte Rücktritt sei rechtskonform gewesen. Im Lichte des völlig unhaltbaren Verhaltens der Beklagten, welches unter Art. 108 Ziff. 1 OR zu subsumieren sei, wäre es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, sofort vom Vertrag zurückzutreten. Ohnehin würden die Entscheidungsprozesse bei der Klägerin als Gemeinwesen langsamer verlaufen als bei privatrechtlichen Organisationen (a.a.O.).
4.1.2. Die Beklagte wendet ein, der Rücktritt sei beinahe drei Monate nach Ablaufder letzten Nachfrist erfolgt. Es könne sicherlich nicht mehr von einer unverzüglichen Rücktrittserklärung gesprochen werden, selbst wenn tatsächlich ein Anwendungsfall von Art. 108 Ziff. 1 OR vorläge (act. 19 N 343). Der Vertragsrücktritt der Klägerin sei damit unwirksam

4.2. Rechtliches und Würdigung
4.2.1. Nach Art. 107 Abs. 2 OR muss die Gläubigerin bei Schuldnerverzug den Verzicht auf Leistung sofort („unverzüglich“) erklären. Die sofortige Verzichtserklärung soll verhindern, dass die Gläubigerin die Entscheidung über das weitere Schicksal des Vertrags aus Spekulationsgründen hinauszögert (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/EMMENEGGER, § 26 N 2760). Sie muss daher die Verzichtserklärung abgeben, sobald ihr dies nach dem gewöhnlichen Geschäftsgang und den besonderen Umständen zugemutet werden kann (BGE 96 II 47 E. 2). Uneinigkeit herrscht hinsichtlich der Frage, ob der Leistungsverzicht auch dann unverzüglich erklärt werden muss, wenn die Nachfristansetzung entbehrlich ist (Art. 108 OR).
4.2.2. Das Bundesgericht hat sich zuletzt für das Erfordernis der unverzüglichen Verzichtserklärung ausgesprochen (BGE 54 II 30 S. 33. f.; BGE 69 II 243 E. 5; Urteil BGer 4C.58/2004 vom 23. Juni 2004 E. 3.3; Urteil BGer 4A_232/2011 vom 20. September 2011 E. 5.3; anders: BGE 48 II 220 E. 2; BGE 76 II 300 E. 2; Urteil BGer 4A_603/2009 vom 9. Juni 2010 E. 2.4).
4.2.3. In der Lehre ergibt sich ein uneinheitliches Bild (für eine unverzügliche Verzichtserklärung auch in den Fällen von Art. 108 OR etwa: GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/EMMENEGGER, § 26 N 2761; BSK OR I-WIEGAND, Art. 108 OR N 8; KUKO-THIER, Art. 107 OR N 8; VON TUHR/ESCHER, S. 153; dagegen: CHK-FURRER/WEY, Art. 108 OR N 23; KOLLER, OR AT, § 55 N 126; BK-WEBER, Art. 108 OR N 51 ff.; VON BÜREN, OR AT, S. 375; hinsichtlich Art. 108 Ziff. 2 und Ziff. 3: EHRAT, Der Rücktritt vom Vertrag nach Art. 107 Abs. 2 OR in Verbindung mit Art. 109 OR, Diss., Zürich 1990, S. 97).
4.2.4. Das Handelsgericht des Kantons Zürich schliesst sich hiermit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichts und damit derjenigen Lehrmeinung an, welche auch in den Fällen von Art. 108 OR am Erfordernis der unverzüglichen Verzichtserklärung festhält. Diese Lehrmeinung überzeugt nicht nur deshalb, weil sie sich auf den ausdrücklichen Gesetzeswortlaut von Art. 107 Abs. 2 OR stützen kann, sondern auch, weil sie im Einzelfall zu sachgerechten Resultaten führt. Es erscheint in derartigen Fällen kaum praktikabel, der Gläubigerin die Entscheidung über das Schicksal des Vertrags alleine in der Hand zu belassen. Vielmehr ist für die Beurteilung der Unverzüglichkeit auf die konkreten Vertragsumstände, welche sowohl Gläubiger- als auch Schuldnerinteressen angemessen berücksichtigen, abzustellen (so auch: GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/EMMENEGGER, § 26 N 2761).
4.2.5. Gemäss unbestrittenem Sachverhalt hätte die Webseite der Klägerin schlussendlich nach Nachfristansetzungen per 1. Juli 2014 mängelfrei in Betrieb sein sollen. Der Rücktritt erfolgte erst mit Schreiben vom 22. September 2014 und damit beinahe drei Monate später. Die Klägerin übte damit ihr Wahlrecht offensichtlich nicht mehr unverzüglich im Sinne von Art. 107 Abs. 2 OR. Damit verwirkte sie ihr Rücktrittsrecht.
4.2.6. Zusammenfassend bewirkt die verspätete Rücktrittserklärung die Abweisung der Klage auch unter Berücksichtigung ihrer Eventualbegründung.
4.2.7. Selbst wenn man – entgegen dem soeben Dargelegten – in den Fällen von Art. 108 OR das Erfordernis der unverzüglichen Verzichtserklärung als obsolet erachten wollte, so wäre den klägerischen Vorbringen kein Erfolg beschieden. Erstens bot die Beklagte der Klägerin aktenkundig und unbestrittenermassen ihre Leistung mit E-Mail vom 20. August 2014 (act. 3/186) an, weshalb nicht von einer offensichtlichen Leistungsverweigerung im Sinne von Art. 108 Ziff. 1 OR gesprochen werden kann. Zweitens zeigen die zweimaligen Nachfristansetzungen der Klägerin ja gerade auf, dass auch sie nicht davon ausging, dass die Beklagte im Sinne von Art. 108 Ziff. 1 OR überhaupt nicht mehr leisten wollte. Jedenfalls unterlässt es die Klägerin substantiiert aufzuzeigen, warum sie plötzlich – nach Ablauf der letzten Nachfrist – von einem Fall von Art. 108 Ziff. 1 OR ausgehen durfte und musste. Die Klägerin scheint mit dieser Argumentation ihr zögerliches Verhalten im Nachhinein rechtfertigen zu wollen. Es kann aber nicht von Bedeutung sein, dass die Klägerin als Gemeinwesen allenfalls langsameren Entscheidungsprozessen ausgesetzt ist. Denn die Klägerin handelt – auch wenn wiederum nicht definitiv über das Verhältnis zwischen Vergabe- und Vertragsrecht entschieden zu werden braucht – im Rahmen des Vertragsverhältnisses nicht hoheitlich, sondern auf der gleichen Stufe, d.h. privatrechtlich, wie die Beklagte. Sie hat damit gleich schnell zu entscheiden wie jeder andere Privatrechtsträger auch. Offenbar war denn auch gemäss der vorzitierten E-Mail ursprünglich ein schnelleres Vorgehen geplant.
4.2.8. Zusammenfassend würde auch kein offensichtlicher Fall von Art. 108 OR vorliegen, zumal die Klägerin selbst zweimal Nachfristen angesetzt hatte.
4.3. Fazit
Die Klägerin trat unberechtigterweise vom Vertrag vom 9. August 2012 und der Vereinbarung vom 11. November 2013 im Sinne von Art. 102 ff. OR zurück, was zur Klageabweisung unter diesem Teilaspekt führt.

5. Zusammenfassung der Tat- und Rechtsfragen
Die Klägerin vermag sich weder unter Berufung auf absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR noch einen Vertragsrücktritt im Sinne von Art. 102 ff. OR von den vertraglichen Vereinbarungen mit der Beklagten zu lösen. Dies führt zur vollumfänglichen Klageabweisung. Bei diesem Resultat erübrigen sich sowohl das durch die Klägerin offerierte Gutachten als auch die offerierten Zeugeneinvernahmen bzw. Parteibefragungen.

6. Widerklage
6.1. Streitpunkte
6.1.1. Die Beklagte macht geltend, die Klägerin sei unrechtmässig von den Verträgen zurückgetreten (act. 19 N 376). Sie schulde ihr daher den noch nicht beglichenen Pauschalbetrag von CHF 10’000.– gemäss der Vereinbarung vom 11. November 2013 zuzüglich Verzugszins. Ausserdem sei ihr in Form von vorprozessualen Anwaltskosten ein Schaden in der Höhe von insgesamt CHF 24’931.95 sowie ein Schaden aus entgangenem Gewinn in der Höhe von insgesamt CHF 7’273.80 (act. 19 N 388) – jeweils zuzüglich Verzugszins – entstanden.
6.1.2. Die Klägerin bestreitet die Ausführungen der Beklagten unter Hinweis auf ihren Standpunkt in der Hauptsache als unsubstantiiert und unbelegt.
6.2. Rechtliches und Würdigung
6.2.1. Nach dem zuvor Ausgeführten (siehe 5.) konnte sich die Klägerin nicht erfolgreich von den vertraglichen Verbindungen mit der Beklagten lösen. Sowohl der Vertrag vom 9. August 2012 als auch die Vereinbarung vom 11. November 2013 bestehen demgemäss unverändert fort (vgl. CHK-FURRER/WEY, Art. 107 OR N 27 m.w.H.). Die Klägerin bestritt nie, die letzte, pauschale Rate in der Höhe von CHF 10’000.– nicht beglichen zu haben. Dieser Betrag ist demnach gestützt auf die Vereinbarung vom 11. November 2013 durch sie geschuldet und der Beklagten im vorliegenden Verfahren widerklageweise zuzusprechen. Auch gegen die Höhe und den Lauf des Zinssatzes machte die Klägerin keine grundsätzlichen Einwände geltend. Mit dem unrechtmässigen Rücktrittsschreiben vom 22. September 2014 war die Klägerin somit ohne Weiteres per genanntem Datum in Verzug, weshalb seit dann Verzugszins in der Höhe von 5 Prozent durch sie geschuldet wird.
6.2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts können vorprozessuale Anwaltskosten haftpflichtrechtlich Bestandteil des Schadens bilden. Dies aber nur wenn sie gerechtfertigt, notwendig und angemessen waren, der Durchsetzung der Schadenersatzforderung dienten und nur soweit, als sie nicht durch die Parteientschädigung gedeckt sind (z.B. Urteil BGer 4A_264/2015 vom 10. August 2015 E. 3 m.w.H.).
6.2.3. Die Ausführungen der Beklagten zum Vorliegen diese gemäss Bundesgericht verlangten Voraussetzungen blieben äusserst pauschal und vage. Gleiches gilt hinsichtlich ihrer Darlegung des entgangenen Gewinns. Es ist so nicht möglich zu beurteilen, ob die einzelnen Kriterien erfüllt sind oder nicht. So wurde etwa festgehalten, es sei ein „Spezialisten-Stundensatz“ für die Rechtsvertretung vereinbart worden und es könne ein „durchschnittlicher Stundenansatz von CHF 185.– für Mitarbeiter/COO und CHF 280.– für CEO“ der Beklagten in Anschlag gebracht werden. Entsprechend fehlt in den Parteivorträgen der Beklagten jegliches Tatsachenfundament für die Schadensberechnung im Einzelnen. Es kann aber im Geltungsbereich des Verhandlungsgrundsatzes nicht Aufgabe des erkennenden Gerichts sein, die Sachdarstellung einer Partei aus den Beilagen zusammenzutragen (Urteil und Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich HG140077-O vom 6. April 2016 E. 2.2 unter Hinweis auf Urteil BGer 4C.304/2000 vom 9. Mai 2001 E. 2 und Urteil BGer 4C.351/2000 vom 20. Juli 2001 E. 5a). Mit ihren Ausführungen kommt die Beklagte ihrer Behauptungslast somit nicht nach, was zur Klageabweisung im Umfang von CHF 24’931.95 (vorprozessuale Anwaltskosten) und CHF 7’273.80 (entgangener Gewinn) führt.
6.3. Fazit
Die Beklagte hat aufgrund des unrechtmässigen Vorgehens der Klägerin Anspruch auf die letzte, ausstehende Pauschalrate in der Höhe von CHF 10’000.–.  Hinsichtlich der geltend gemachten Schadenspositionen genügen die Ausführungen der Beklagten den Anforderungen an die Behauptungslast nicht, was zur Klageabweisung im Umfang der widerklageweise eingeforderten vorprozessualen Anwaltskosten sowie des entgangenen Gewinns führt.

7. Zusammenfassung der Tat- und Rechtsfragen
Die Widerklage der Beklagten ist, da die Verträge mit der Klägerin weiterhin bestehen, im Umfang von CHF 10’000.– gutzuheissen. Im Mehrbetrag ist sie – mangels rechtsgenüglicher Behauptungen – abzuweisen.

[…]