Verfügung der Einzelrichterin am Obergericht Zürich vom 11. Oktober 1990 („Windows“)

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Nicht amtliche Leitsätze: Urheberrechtlicher Schutz des Computerprogramms (gemäss aURG) (E.II.2.b). Inverkehrbringen von durch die Beklagte selber erstellten Vervielfältigungen als Verletzung des Urheberrechts und als unlautere Handlung (E.III.2.c.aa). Inverkehrbringen von Kopien des Computerprogramms, die vom Schwarzmarkt stammen (E.III.2.c.bb). Nicht leicht zu ersetzender Nachteil bei Abgabe von Kopien der Beta-Version bzw. der Vollversion (E.III.3.a).

(ohne Unterstreichungen des Originals)

1.Mit Eingabe vom 27. Juli 1990 stellten die Klägerinnen gestützt auf Art. 42 Ziff. 1 lit. a, b und d sowie Art. 52 URG, Art. 3 lit. b, Art. 4 lit. c, Art. 5 lit. c, Art. 9 sowie Art. 14 UWG und § 222 ZPO die nachfolgenden Rechtsbegehren (Urk. …):

„1. Es sei der Beklagten zu verbieten, Computerprogramme der Klägerin 1, insbesondere WORD FOR WINDOWS 1.0, in englischer und deutscher Version zu kopieren bzw. von Dritten kopieren zu lassen und solche ohne Zustimmung der Klägerin 1 hergestellte Kopien feilzuhalten, zu verkaufen oder in anderer Weise in Verkehr zu bringen bzw. zu solchen Handlungen anzustiften, bei ihnen mitzuwirken, ihre Begehung zu begünstigen oder zu erleichtern, unter Androhung der Ueberweisung der Organe der Beklagten an den Strafrichter zur strafrechtlichen Ahndung mit Haft oder Busse gemäss StGB Art. 292 im Widerhandlungsfalle.

2. Es sei der Beklagten zu verbieten, sogenannte Beta-Versionen von Computerprogrammen der Klägerin 1, insbesondere von MICROSOFT WINDOWS 3.0, zu kopieren bzw. kopieren zu lassen und solche Beta-Versionen bzw. Kopien davon ohne Zustimmung der Klägerin 1 feilzuhalten, zu verkaufen oder in anderer Weise in Verkehr zu bringen, bei solchen Handlungen anzustiften, bei ihnen mitzuwirken, ihre Begehung zu begünstigen oder zu erleichtern, unter Androhung der Ueberweisung der Organe der Beklagten an den Strafrichter zur strafrechtlichen Ahndung mit Haft oder Busse gemäss StGB Art. 292 im Widerhandlungsfalle.

3. Es seien bei der Beklagten (unter Zuzug der zuständigen Vollstreckungsbehörde) an der …strasse .. in …. Zürich folgende Gegenstände zu beschlagnahmen:
– Kopien von Programmen gemäss Ziffern 1 und 2 dieses Begehrens auf Disketten oder anderen Datenträgern;
– Dokumente und Unterlagen über Lieferungen von Computerprogrammen und Kopien gemäss Ziffern 1 und 2 dieses Begehrens an die Beklagte und von der Beklagten an ihre Abnehmer;
– Werbematerial inkl. Rundschreiben an Kunden der Beklagten für den Vertrieb von Computerprogrammen und Kopien gemäss den Ziffern 1 und 2 dieses Begehrens;

4. Es sei der Beklagten nicht zu gestatten, sich durch Stellung einer Sicherheit dem vorsorglichen Verbot gemäss Ziffern 1 und 2 dieses Begehrens zu entziehen.

5. Es sei darauf zu verzichten, den Klägerinnen eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen; eventuell sei ihnen eine angemessene Frist zur Stellung einer Sicherheit anzusetzen, das Verbot jedoch unverzüglich zu erlassen und in Kraft zu setzen.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.“

Die Beklagte beantragte mit Eingabe vom 31. August 1990, es sei auf die klägerischen Begehren nicht einzutreten bzw. – sinngemäss – diese seien abzuweisen (Urk. …).
Bezüglich der von den Klägerinnen zusammen mit ihrer Eingabe vom 24. September 1990 (Urk. …) eingereichten Urk. … (vgl. hiezu Verfügung vom 17. September 1990, Urk. …) ist seitens der Beklagten innert Frist keine Stellungnahme eingegangen (Urk. …).

2. Die Klägerin 1 hat die ihr mit Verfügung vom 3. August 1990 auferlegte Kaution fristgerecht geleistet (Urk. …).

II.
1. (…).
2.a. Die Klägerinnen stützten ihr Massnahmebegehren auf urheberrechtliche Ansprüche der Klägerin 1 in Kombination mit – beiden Klägerinnen zustehenden – wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen (Urk. …).
b. In der Literatur herrscht heute die Auffassung vor, Computer-Software geniesse – zumindest was einzelne Programmelemente betrifft – urheberrechtlichen Schutz, sofern die für den urheberrechtlichen Werkcharakter entscheidenden Kriterien der Originalität und Individualität erfüllt sind, und es sind in der Schweiz auch schon entsprechende Entscheidungen in vorsorglichen Massnahmeverfahren ergangen (Entscheid des Einzelrichters im summarischen Verfahren am Kantonsgericht Zug vom 30. August 1988, in: Schweizerische Mitteilungen über Immaterialgüterrecht [SM], 1989, Heft 1, S. 58 ff.; vgl. insbes. auch Troller/Troller, Kurzlehrbuch des Immaterialgüterrechts, 3. Aufl. 1989, S. 86, sowie Rauber G., Der urheberrechtliche Schutz von Computerprogrammen, Diss. Zürich 1988, insbes. S. 145 ff., 221 ff.). Der Werkbegriff umfasst nach Troller/ Troller das im materialisierten Programm Erscheinende und unmittelbar Wahrzunehmende (a.a.O.). Geschützt ist die individuelle Sprachform des Computerprogrammes und/oder die Art der Einteilung und mit letzterem zugleich auch der technische Gehalt in der im Programm enthaltenen Reihenfolge der Arbeitsschritte (Troller/ Troller, a.a.O., S. 86, 87; vgl. auch Rauber, a.a.O., S. 248). Die Befehlsfolge weist namentlich dann die schutzbegründende Individualität auf, wenn sie nicht aus bestehenden Programmen übernommen wurde und wenn sie nicht blosses Ergebnis einer Routineleistung ist (Rauber, a.a.O), wobei diese Voraussetzung in aller Regel – ganz triviale Programme ausgenommen – zu bejahen ist (Rauber, a.a.O., S. 179 und 24B; SMI 1989, Heft 1, S. 60).
Diese heute vorherrschende, die Schutzwürdigkeit von Computerprogrammen grundsätzlich befürwortende Auffassung ist vorliegend ohne weiteres zu übernehmen. Dass die von den Klägerinnen in den Ziffern 1 und 2 ihrer Rechtsbegehren aufgeführten Programme (WORD FOR WINDOWS 1.0; Beta-Version des Programmes MICROSOFT WINDOWS 3.0) auch die schutzbegründende Individualität und Originalität aufweisen, wird von der Beklagten nicht bestritten und ist nach dem Gesagten jedenfalls im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens ohne weiteres glaubhaft, wobei in diesem Zusammenhang namentlich auch auf die von den Klägerinnen eingereichten Urk. … und … (Auszüge aus „Update“ 1/90 und „Computer-Life“ 3/90) verwiesen werden kann.
c. Anzumerken ist weiter, dass die Aktivlegitimation der Klägerin 1 mit Bezug auf die geltend gemachten Urheberrechte von der Beklagten nicht bestritten wird, und sie darf denn auch aus den gesamten Umständen ohne weiteres vermutet werden und ist daher glaubhaft. Zwar kann – jedenfalls nach schweizerischem Recht – nur eine natürliche Person originär Urheberrechte erwerben (vgl. hiezu insbesondere Troller/Troller, a.a.O., S. 151; Rauber, a.a.O., S. 249), doch besteht vorliegend kein Anlass, daran zu zweifeln, dass die Verwertungsrechte an den fraglichen Computerprogrammen – und damit auch die Geltendmachung entsprechender Verletzungen durch Dritte – der Klägerin 1 zustehen (vgl. hiezu auch Rauber, a.a.O., S. 251 und Rehbinder, Skriptum Urheberrecht, 3. Aufl. S. 57).

III.
1. Gemäss Art. 42 Ziffer 1 URG ist u.a. zivil- und strafrechtlich verfolgbar, wer unter Verletzung des Urheberrechtes ein Werk durch irgendein Verfahren wiedergibt (lit. a), Exemplare eines Werkes verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt (lit. b) und/oder vor der öffentlichen Bekanntgabe eines Werkes Exemplare davon öffentlich ausstellt oder das Werk in anderer Weise an die Oeffentlichkeit bringt (lit. d). Wer eine Verletzung seiner Urheberrechte als eingetreten oder als bevorstehend erachtet, kann bei der zuständigen Behörde den Erlass vorsorglicher Massnahmen beantragen, sofern er glaubhaft macht, dass eine Verletzung seiner Rechte eingetreten ist oder bevorsteht (vgl. unten Erw. 2) und dass ihm infolgedessen ein nicht leicht ersetzbarer Nachteil droht, der nur durch die anbegehrte vorläufige Anordnung abgewendet werden kann (Art. 52 und 53 Ziff. 1 URG; vgl. auch § 222 Ziff. 3 ZPO sowie bezüglich der von den Klägerinnen zusätzlich geltend gemachten Verletzungen von wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen Art. 14 UWG i.V. mit Art. 28 lit. c ZGB; vgl. unten Erw. 3).

2.a. Die Klägerinnen bringen zum einen vor, die Beklagte sei im Februar dieses Jahres, als das von der Klägerin 1 entwickelte Computerprogramm WORD FOR WINDOWS 1.0 noch nicht auf dem Markt erhältlich gewesen sei, mit einem Bestellformular folgenden Inhalts an einen unbestimmten Kreis von Personen gelangt (Urk. …):
„Word for Windows JETZT BESTELLEN !!
– Sie erhalten Word for Windows ab Erst-Auslieferung in Europa
– Sie erhalten per sofort eine vollwertige Demo-Version des US-Produktes
– Sie erhalten Word for Windows inkl. Windows 286 oder 386
Aus Gründen der Lizenzbestimmungen können wir nur schriftliche Bestellungen akzeptieren …“
Auf eine entsprechende Bestellung hin soll indessen nach klägerischer Darstellung kein von der Klägerin 1 hergestelltes Produkt, sondern eine ohne deren Zustimmung erstellte Schwarzkopie der US-Vollversion von WORD FOR WINDOWS 1.0 geliefert worden sein (Urk…).
Weiter werfen die Klägerinnen der Beklagten vor, sie habe sich im April 1990 mit einem Rundschreiben folgenden Inhalts wiederum an eine unbestimmte Anzahl von Kunden gewandt (Urk. …):
„MS Windows 3.0
Ist es auf dem Markt oder nicht? Auf dem Schwarzmarkt jedenfalls. Beteiligen Sie sich legal am Beta-Test! Bitte entnehmen Sie die weiteren Details der Beilage.
Wenn Sie sich am Beta-Test beteiligen wollen, senden Sie bitte den rechtsgültig unterschriebenen Bestellschein innerhalb der nächsten 4 Wochen an uns zurück.“
Mit dem von den Klägerinnen hiezu eingereichten Bestellschein (Urk. …) konnte die Beta-Version von MICROSOFT WINDOWS 3.0 in englischer Sprache bestellt werden, wobei sich der Besteller verpflichtete, die Beta-Version, zusammen mit dem ausgefüllten Testbericht, innert vier Wochen ab Lieferdatum an die Beklagte zurückzusenden; zudem ist auf dem Bestellschein vermerkt, dass der Besteller bestätige, dass „von dieser Beta-Version keine Kopien angefertigt wurden“.

b. Die Beklagte bestreitet nicht, mit den obgenannten Bestellformularen bzw. Rundschreiben an das Publikum gelangt zu sein und in der Folge auch entsprechende Programme an Dritte abgegeben zu haben. Sie bestreitet jedoch bezüglich des ersten Falles (WORD FOR WINDOWS 1.0), dass – wie von den Klägerinnen geltend gemacht – eine Kopie der US-Vollversion abgegeben worden sei; vielmehr besteht sie darauf, dass es sich beim gelieferten Programm um eine Kopie der Demo-Version gehandelt habe. Weiter macht die Beklagte sinngemäss geltend, sie sei zur Vervielfältigung und Abgabe dieser Demo-Version berechtigt gewesen, indem sie anführt, es habe sich dabei nicht um eine Schwarzkopie gehandelt, da „durch den Kaufvertrag der Kunde recht auf eine gültige Lizenz hatte“ (Urk. …).
Bezüglich des zweiten Falles (Beta-Version von MICROSOFT WINDOWS 3.0) führt die Beklagte im wesentlichen aus, sie habe die Empfänger im Bestellschein zu besonderen Verhaltensnormen aufgefordert, nämlich die Test-Software zurückzusenden und keine Kopien anzufertigen (Urk. …). Hingegen macht sie in diesem Fall nicht geltend, sie sei zur Vervielfältigung und Weitergabe der fraglichen Beta-Versionen durch Lizenz befugt gewesen; vielmehr ist ihren Schilderungen in Urk. … zu entnehmen, dass sie nicht etwa von den Klägerinnen (oder einem autorisierten Vertreter) eine offizielle Beta-Version bezogen, sondern sich vielmehr anderweitig (offenbar Schwarz-) Kopien davon beschafft hatte, führt sie doch aus: „…, jeder der mit Software zu tun hat, weiss, dass Beta-Tests … an jeder Ecke in Zeitungen, Computer-Clubs, bei Kollegen und Bekannten in Kopien erhältlich sind. Aus welchen Gründen und auf welchen Wegen auch immer …. Die Beklagte hat sich die Kopien der Beta-Tests auch auf diesem Markt beschafft…“ (Urk. …). Im übrigen ist anzunehmen, dass die Beklagte auch anerkennt, entsprechende Kopien an Dritte weitergeleitet zu haben, bringt sie doch selbst vor, sie verfüge über entsprechende Testberichte (Urk. …).

c. aa. Die Klägerinnen haben zur Glaubhaftmachung ihrer Behauptung, die Beklagte habe anstelle der angekündigten und auf dem Lieferschein vermerkten Demo-Version zu WORD FOR WINDOWS 1.0 eine Schwarzkopie der US-Vollversion geliefert, zwei – unbestrittenermassen aus einer Lieferung der Beklagten stammende – Disketten mit der handschriftlichen Bezeichnung „Word for Windows Demo Setup“ bzw. „Word for Windows Demo Utilities 1“ (Urk. …) eingereicht und sich die „Einreichung der übrigen 12 in der Sendung enthaltenen Disketten … vorbehalten“ (Urk. …). Weiter haben die Klägerinnen ihrem Begehren ein ausgedrucktes „Inhaltsverzeichnis der ‚Demo‘-Version WORD FOR WINDOWS gemäss Lieferung der Beklagten“ (Urk. …; seitens der Beklagten bezüglich seiner Richtigkeit nicht bestritten) sowie drei Disketten „MICROSOFT WORD FOR WINDOWS WORKING MODEL“ der Klägerin 1 (Program, Help und Setup; Urk. …) beigelegt. Da die Klägerinnen einerseits lediglich zwei der insgesamt offenbar zwölf von der Beklagten gelieferten – nach klägerischer Darstellung der US-Vollversion von WORD FOR WINDOWS 1.0 entsprechenden – Disketten eingereicht haben und zudem weder Originaldisketten der US-Vollversion noch einen Ausdruck des Inhaltsverzeichnisses dieser Vollversion beigelegt haben, können aufgrund der vorliegenden Akten die Original-US-Vollversion von WORD FOR WINDOWS 1.0 einerseits und die angebliche Schwarzkopie davon andrerseits keinem Vergleich unterzogen werden. Indessen lassen die Klägerinnen ausführen, bei den von ihnen eingereichten drei Disketten WORD FOR WINDOWS WORKING MODEL (Urk. …) handle es sich um die Demo-Version von WORD FOR WINDOWS (Urk. …), was von der Beklagten nicht bestritten wird. Ein Vergleich der Inhaltsverzeichnisse der von der Beklagten stammenden angeblichen „Demo-Disketten“ einerseits (Urk. …) und der drei Disketten WORD FOR WINDOWS WORKING MODEL der Klägerin 1 andrerseits (Urk. …) zeigt nun aber, dass diese nicht miteinander übereinstimmen; unter diesen Umständen erscheint die klägerische Darstellung, es handle sich bei den von der Beklagten stammenden Disketten um Schwarzkopien der US-Vollversion, als glaubhaft.
Den beklagtischen Ausführungen in Urk. … ist zu entnehmen, dass es sich bei den Disketten gemäss Urk. … um von der Beklagten selbst kopierte Stücke handelt. Damit erscheint bezüglich des Programmes WORD FOR WINDOWS 1.0 neben einer Verletzung im Sinne von Art. 42 Ziff. 1 lit. b URG (in Verkehr bringen eines Werkexemplares unter Verletzung des Urheberrechts) auch eine Verletzung im Sinne von Art. 42 Ziff. 1 lit. a URG (Wiedergabe eines Werkes unter Verletzung des Urheberrechts) als glaubhaft. An dieser Stelle sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass es sich – zumal davon auszugehen ist, dass die Beklagte entgegen ihrer Darstellung eine Schwarzkopie der US-Vollversion abgegeben hat – grundsätzlich erübrigt, auf die von ihr vorgebrachte Behauptung, sie sei aufgrund einer Lizenz zur Abgabe von Kopien der Demo-Version befugt gewesen, näher einzugehen. Immerhin ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass das Vorliegen einer derart weitgehenden Lizenz – sei es für Demo-Programme, sei es für Voll-Programme – mit der blossen Behauptung ohnehin nicht glaubhaft gemacht ist; die Beklagte hat aber keine Urkunden eingereicht, die geeignet wären, ihre diesbezügliche Darstellung in glaubhafter Weise zu untermauern. Ob zusätzlich auch noch eine Verletzung im Sinne von Art. 42 Ziff. 1 lit. d URG (vgl. oben Erw. III.1.) vorliegt – was die Beklagte bestreitet, indem sie behauptet, das Programm WORD FOR WINDOWS 1.0 sei schon im Januar 1990 auf dem Markt gewesen (Urk. …) – kann im Rahmen des Massnahmeverfahrens dahingestellt bleiben.
Was die von den Klägerinnen bezüglich des Programmes WORD FOR WINDOWS 1.0 zusätzlich geltend gemachten Verletzungen wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen angeht, so erscheint jedenfalls ein unlauteres Verhalten im Sinne von Art. 5 lit. c UWG („Unlauter handelt insbesondere, wer … das marktreife Arbeitsergebnis eines andern ohne angemessenen eigenen Aufwand durch technische Reproduktionsverfahrens als solches übernimmt und verwertet“) als glaubhaft. Angesichts der Falschdeklaration der angeblichen „Demo-Disketten“ fällt sodann auch ein Verhalten im Sinne von Art. 3 lit. b UWG („Unlauter handelt insbesondere, wer … über … seine Waren, Werke oder Leistungen … unrichtige oder irreführende Angaben macht …“) in Betracht.
bb. Bezüglich der von der Beklagten an Dritte abgegebenen Beta-Version von MICROSOFT WINDOWS 3.0 ist, wie gesagt, aufgrund der eigenen Ausführungen der Beklagten in Urk. … davon auszugehen, dass es sich dabei um Kopien handelte, die (oder zumindest deren Vorlagen) vom Schwarzmarkt stammten; damit liegt denn auch die Vermutung nahe, dass diese unter Verletzung der Verwertungsrechte der Klägerin 1 hergestellt worden sind. Angesichts des von den Parteien bis anhin Vorgebrachten ist zwar unklar, ob die Beklagte lediglich bereits bestehende Kopien der Beta-Version weitergeleitet oder ob sie selbst solche hergestellt hat, weshalb einstweilen zumindest fraglich – und damit nicht hinreichend glaubhaft – ist, ob eine Verletzung im Sinne von Art. 42 Ziffer 1 lit. a URG (und ein unlauteres Handeln im Sinne von Art. 5 lit. c UWG, vgl. oben Erw. c.aa.) vorliegt. Hingegen erscheint jedenfalls durch das in Verkehr bringen der betreffenden Kopien eine Verletzung im Sinne von Art. 42 Ziffer 1 lit. b URG als glaubhaft; die Tatsache, dass die Empfänger zur Rücksendung der Disketten aufgefordert wurden, sowie der Umstand, dass diese zu bestätigen hatten, dass „keine Kopien angefertigt wurden“ (dies im übrigen, wie die Klägerinnen zu Recht bemängeln, bereits auf dem Bestellformular), vermögen das Verhalten der Beklagten selbstverständlich in keiner Art und Weise zu rechtfertigen.
Was die von den Klägerinnen bezüglich der Beta-Versionen von WINDOWS 3.0 angeführten Verletzungen wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen betrifft, so fällt angesichts des beklagtischen Werbetextes gemäss Urk. … – der vermuten lässt, die Beklagte sei offiziell zur Durchführung der Beta-Tests ermächtigt – ein unlauteres Verhalten im Sinne von Art. 3 lit. b UWG („unlauter handelt, wer … über seine Waren, Werke oder Leistungen, … oder seine Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht …“) zweifellos in Betracht (vgl. hiezu Urk. …), während ein unlauteres Handeln im Sinne von Art. 4 lit. c UWG (Verleitung von Arbeitnehmern, Beauftragten oder anderer Hilfspersonen zum Verrat oder zur Auskundschaftung von Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnissen ihres Arbeitgebers oder Auftraggebers; vgl. hiezu Urk. …) jedenfalls aufgrund des bisher Vorgebrachten nicht glaubhaft gemacht ist, zumal einstweilen unklar ist, von wem die Beklagte die Kopien der Beta-Versionen bezogen hatte.
cc. Damit sind sowohl bezüglich des Computerprogrammes WORD FOR WINDOWS 1.0 wie auch des Beta-Programmes MOCROSOFT WINDOWS 3.0 Rechtsverletzungen glaubhaft dargetan.

3. a. Zu Recht gehen die Klägerinnen im weiteren davon aus, dass ihnen namentlich bezüglich ihrer urheber- und wettbewerbsrechtlichen – und damit auch wirtschaftlichen – Interessen grundsätzlich ein nicht leicht zu ersetzender Nachteil entsteht, wenn die Beklagte in der beschriebenen Art und Weise Kopien von Beta-Versionen wie auch von Vollprogrammen an eine unbestimmte Anzahl von Drittpersonen abgibt. So erscheinen durch die Abgabe von Vollprogrammen ohne Urheberrechtsvermerke bzw. ohne Beilage entsprechender Lizenzbestimmungen namentlich die Verwertungsrechte der Klägerin 1 als beeinträchtigt; eine entsprechende Beeinträchtigung muss aber auch hinsichtlich der Beta-Versionen gewärtigt werden, ist doch, wie die Klägerinnen zu Recht anführen, eine schon auf dem Bestellformular abzugebende Bestätigung, dass keine Kopien „angefertigt wurden“, zweifellos nicht geeignet, die Rechte der Klägerin 1 hinreichend zu wahren. Bezüglich der Beta-Versionen erscheint zudem auch die Gefahr einer gewissen Imageschädigung als glaubhaft, hat doch die Beklagte in diesem Zusammenhang den Anschein erweckt, sie biete jedem beliebigen Interessenten die Teilnahme an einem offiziellen Beta-Test der Klägerin 1 an. Hinsichtlich der Abgabe von Schwarzkopien von Vollversionen fällt zudem zweifellos auch die Gefahr einer Umsatzeinbusse in Betracht. Die Frage, ob zusätzlich auch eine Marktverunsicherung und -verwirrung im Spiel ist, kann – da schon aus anderen Gründen ein nicht leicht zu ersetzender Nachteil glaubhaft erscheint – vorliegend dahingestellt bleiben (Urk. …).
Die Beklagte führt nun hiezu aus, die von den Klägerinnen aufgeführten „Sachverhalte“ seien „heute nicht mehr aktuell“ und hätten „sich dadurch von selbst erledigt“ (Urk. …); damit will sie offenbar sinngemäss geltend machen, da inzwischen die offiziellen Vollversionen von WORD FOR WINDOWS 1.0 und MICROSOFT WINDOWS 3.0 auf dem Markt seien, bestehe keine Gefahr mehr und fehle es mithin am Rechtsschutzinteresse der Klägerinnen. Dieser beklagtischen Auffassung kann indessen nicht gefolgt werden. So ist zum einen anzunehmen, dass – namentlich bei Privaten – nach wie vor ein Interesse daran besteht, bei der Beklagten kostenfreie oder allenfalls kostengünstige Schwarzkopien von Vollversionen oder Kopien von Beta-Versionen zu beziehen. Da die Beklagte zudem klar den Standpunkt vertritt, sie habe sich rechtmässig verhalten (Urk. …), und da sie auch auf entsprechende Verwarnungen der Klägerinnen und deren Bemühungen um eine Unterlassungserklärung in keiner Art und Weise reagiert hat (Urk. …), erscheint es auch als glaubhaft, dass eine Wiederholungsgefahr bezüglich weiterer Beta-Versionen und Vollprogrammen, an denen die Klägerin 1 verwertungsberechtigt ist, besteht (vgl. Urk. …). Im weiteren ist davon auszugehen, dass ein rechtsmässiges Verhalten der Beklagten und damit die Abwendung der genannten Gefahren nur durch entsprechende umfassende Verbote im Sinne der klägerischen Massnahmebegehren Ziffern 1 und 2 zu erreichen sind, was zur Gutheissung dieser beiden Begehren führt.
b. Inwiefern ihnen ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil drohe, der nur durch die anbegehrten Beschlagnahmungen von Dokumenten und Unterlagen „über Lieferungen von Computerprogrammen und Kopien gemäss Ziffern 1 und 2“ der Massnahmebegehren „an die Beklagte und von der Beklagten an ihre Abnehmer“ bzw. von „Werbematerial inkl. Rundschreiben an Kunden der Beklagten für den Vertrieb von Computerprogrammen und Kopien gemäss Ziffern 1 und 2“ der beantragten Massnahmen abgewendet werden könne (Urk. …), legen die Klägerinnen nicht dar. Unklar bleibt namentlich auch, ob die Klägerinnen mit diesen Begehren allenfalls eine vorsorgliche Beweisabnahme beantragen wollen. Die Klägerinnen berufen sich jedenfalls nicht auf die §§ 231 ff. ZPO. In Urk. … oben führen sie zwar Art. 14 UWG an, der seinerseits pauschal die Art. 28 c-f ZGB für anwendbar erklärt (Urk….); gemäss Art. 28 c Abs. 2 Ziff. 2 ZGB kann der Richter „die notwendigen Massnahmen ergreifen, um Beweise zu sichern“. Indessen ist zu bezweifeln, ob dieser äusserst pauschale Verweis auch nur annähernd genügen kann. Als wesentlich fällt aber vorallem auch ins Gewicht, dass die Klägerinnen mit keinem Wort darlegen, aus welchen konkreten Gründen eine Beweisgefährdung zu befürchten sei, womit eine entsprechende Gefahr auch nicht glaubhaft gemacht ist. Hinzu kommt, dass die Ausführungen der Klägerinnen in Urk. … den Schluss nahe legen, dass es ihnen mit dem entsprechenden Antrag weniger um die Sicherung von Beweisen als vielmehr um Informationsbeschaffung im Hinblick auf weitere Prozesse gegen Dritte geht, führen sie doch aus: „Schliesslich besteht auch noch die Gefahr, dass … Beweise und Informationen über die Empfänger sowohl der Schwarzkopien von WORD FOR WINDOWS aber auch der Beta-Test-Versionen von WINDOWS 3.0 von der Beklagten beiseite geschafft werden und damit der Klägerin entgehen. Damit wäre sie aber auch noch der Möglichkeit beraubt, wenigstens ihre Rechte … gegenüber diesen Empfängern direkt geltend zu machen.“ Informationszwecken wäre aber wiederum mit einer blossen Edition Genüge getan (vgl. Sträuli/Messmer, N. 4 und 6 zu § 231 ZPO). Aus all diesen Gründen ist den entsprechenden Beschlagnahmebegehren nicht zu entsprechen.

c. Im Rahmen der vorsorglichen Massnahmen nicht zu entsprechen ist sodann auch dem klägerischen Begehren um Beschlagnahmung von Kopien von Programmen gemäss Ziffern 1 und 2 der gestellten Anträge (Urk. …). So wird seitens der Klägerinnen nicht geltend gemacht, geschweige denn glaubhaft dargelegt, es bestehe die Gefahr, dass sich die Beklagte über Verbote gemäss den Anträgen Ziffern 1 und 2 hinwegsetzen würde, und es ergeben sich diesbezüglich auch aufgrund der Akten keine Anhaltspunkte. Es ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich, weshalb sich im Massnahmeverfahren zusätzlich zu den Verboten auch noch entsprechende Beschlagnahmungen aufdrängen sollten. Dass entsprechende Beschlagnahmungen zur Beweissicherung erforderlich seien, machen die Klägerinnen in ihrer Rechtsschrift mit keinem Wort geltend.

IV.
(…)
V.

(…)

Quelle: Urteil
www.softwarevertraege.ch